Update Sachsen
Merken

Fraunhofer-Präsident aus Sachsen tritt vorzeitig zurück

Wegen ausufernder Spesen war Fraunhofer-Chef Reimund Neugebauer in die Kritik geraten. Nun legt der Radebeuler sein Amt nieder. Ein Nachfolger steht bereit.

Von Ulrich Wolf
 3 Min.
Teilen
Folgen
Der Radebeuler Reimund Neugebauer war bis Donnerstagabend Präsident von Europas größter Forschungsgesellschaft Fraunhofer.
Der Radebeuler Reimund Neugebauer war bis Donnerstagabend Präsident von Europas größter Forschungsgesellschaft Fraunhofer. © SZ-Archiv: Wolfgang Wittchen

Dresden/Karlsruhe. Nach einer elf Jahre währenden Amtszeit tritt der Präsident von Europas größter Forschungsgesellschaft Fraunhofer, Professor Reimund Neugebauer, zurück. Das gab die Fraunhofer-Gesellschaft am Donnerstagabend bekannt. Neuer Präsident soll der Leiter des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), Professor Holger Hanselka, werden.

Neugebauer wollte ursprünglich noch bis September amtieren, war zuletzt aber zunehmend in die Kritik geraten. Der Bundesrechnungshof hatte ihm sowie dem Fraunhofer-Management insgesamt unangemessen hohe Spesenrechnungen und weitere Verfehlungen vorgeworfen. In einem Bericht vom Februar hieß es: "Insgesamt zeigte sich ein unangemessener Umgang mit Steuermitteln durch überhöhte Reise-, Dienstfahrzeug- und Repräsentationskosten." Erforderlich seien "deutlich mehr Kontrolle, insbesondere durch Prüfungen des Bundesforschungsministeriums". So seien die erlaubten Kosten für Übernachtungen deutlich überschritten worden, etwa in Dresden bei 341 Euro pro Nacht um 355 Prozent oder in Österreich um 477 Prozent.

Nach einem Bericht der Bild-Zeitung soll Neugebauer innerhalb von sechs Jahren Restaurantbesuche in Höhe von 312.676 Euro abgerechnet haben. Die Fraunhofer-Gesellschaft selbst teilte mit, der bisherige Präsident habe seine Geschäfte "einvernehmlich" niedergelegt. Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur sagte ein Sprecher, man habe der Pressemitteilung nichts hinzuzufügen.

Fraunhofer hat 14 Standorte in Sachsen

Die Fraunhofer-Gesellschaft hat mehr als 30.000 Mitarbeiter. Als Neugebauer 2012 ihr Präsident wurde, betrug der Jahresetat etwa 1,9 Milliarden Euro. Zuletzt lag er bei zirka drei Milliarden Euro. Die Zahl der Institute stieg in der Neugebauer-Ära von 64 auf 76. In Sachsen hat sich die Zahl der Fraunhofer-Institute und -Einrichtungen von zehn im Jahr 2003 auf derzeit 14 erhöht. Allein in Dresden sind es neun, in keiner anderen deutschen Stadt gibt es mehr. Weitere sächsische Fraunhofer-Standorte sind Chemnitz, Freiberg und Leipzig.

Neugebauer, der in Radebeul lebt, hat an der Technischen Universität Dresden Maschinenbau studiert und habilitierte 1989. Als Fraunhofer 1992 in Chemnitz die Einrichtung für Umformtechnik und Werkzeugmaschinen gründete, übernahm er als einer der Institutsleiter den Bereich Werkzeugmaschinen und Automatisierungstechnik. Von dort aus stieg er bis zum Präsidenten auf. Zur CDU-Sachsen hat er beste Verbindungen. Erste Vorwürfe wegen einer möglichen Verquickung von privaten und dienstlichen Angelegenheiten tauchten 2021 in der Tageszeitung Die Welt auf. Das Magazin Wirtschaftswoche bezeichnete ihn als "Professor Autokrat".

Der Leiter des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), Prof. Holger Hanselka, ist vom Fraunhofer-Senat am Donnerstagabend in Dresden als neuer Präsident gewählt worden.
Der Leiter des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), Prof. Holger Hanselka, ist vom Fraunhofer-Senat am Donnerstagabend in Dresden als neuer Präsident gewählt worden. © Karlsruher Institut für Technologie

Neugebauers Nachfolger soll nun Hanselka werden, der ebenfalls habilitierter Maschinenbauer ist. Der Fraunhofer-Senat habe den Karlsruher am Donnerstagabend in Dresden einstimmig zum elften Präsidenten gewählt und Neugebauer für "sein Engagement an der Spitze der Gesellschaft" gedankt, hieß es. Der 61-Jährige ist beim KIT bereits seit 2013 Präsident. Hanselka soll sein neues Amt schnellstmöglich antreten, Interims-Chefin wird Finanzvorstand Sandra Krey.

Informationen des Berliner Digitalmedienhauses Table Media zufolge war für die Nachfolge ursprünglich der frühere Wissenschaftsminister in Nordrhein-Westfalen, Andreas Pinkwart (FDP), favorisiert. Dass statt seiner Hanselka gewählt worden ist, sei wohl als "Ohrfeige" Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (ebenfalls FDP) zu interpretieren, heißt es in dem Artikel. (mit dpa)