Landkreis. Probleme wälzen statt entspannen. So ist es jüngst am Geierswalder See passiert. Inmitten entspannter Urlaubsfrühstücker im Leuchtturm-Komplex sitzt die Bundestagsabgeordnete Caren Lay (Die Linke) dort auf ihrer Wahlkreis-Sommertour. Sie macht Station im Lausitzer Seenland. Bei Vertretern der Kommunalpolitik, des kommunalen Seenland-Zweckverbands, der Lausitzer und Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungsgesellschaft, kurz LMBV, sowie lokalen Unternehmern will sich die 43-jährige Politikerin darüber informieren, wie weit das Lausitzer Seenland mittlerweile entwickelt ist. Und so herausfinden, wo es möglicherweise klemmt.
Am Ende hat sie mehrere vollgeschriebene Notizzettel in der Hand. Zum Mitnehmen – zum Nachhaken in Berlin. Gewürdigt worden ist bei dem Treffen, dass in der Region schon vieles entstanden ist. Ein voller Campingplatz am Geierswalder See oder auch der Leuchtturm selbst sind Beispiele gleich vor Ort. Auch am Bärwalder See in Boxberg gibt es mit dem Sternencamp seit vorigem Jahr einen ausgezeichneten Campingplatz. Das Tourismusinformationszentrum ist ebenfalls fertig. Ein weiterer Teil für Gastronomie und Übernachtung soll folgen. Zudem entwickelt sich der Bärwalder See immer mehr zum Veranstaltungsort, wie jüngst beim Cherry Beach Festival oder beim Holi Lausitz zwei Monate zuvor.
Es klemmt dafür aber an anderen Stellen. Und wie Caren Lay am Ende des Treffens feststellen muss, sind das zum Teil Dinge, die schon bei ihrem Besuch vor vier Jahren angesprochen worden sind. Sie sieht auch den Bund in der Pflicht, den Wandel in der Lausitz mitzufinanzieren. Nächstes Jahr will die Politikerin wiederkommen. Im Folgenden einige der angesprochenen Probleme.
Diese Probleme nimmt Caren Lay mit nach Berlin
Problem1: Unklare Zeiträume bei der Sanierung erschweren die Planung
Geschätzte 30000Euro jährlich büße er an Umsatz ein, skizziert Gastwirt Jürgen Ittmann. Er betreibt den Gasthof „Zum Anker“ in Klein Partwitz. Sein Geschäft ist regelmäßig vom Radwegenetz abgekoppelt, wenn die Wege wieder wegen Rutschungen gesperrt sind. Anders als früher werde in diesem Fall nicht mehr einfach am Anker vorbeigeradelt. Wer heute zu ihm komme, tue das gezielt. Andere Gastronomiebetriebe im Ort hätten bereits aufgegeben, erzählt Jürgen Ittmann: „Klein Partwitz fühlt sich abgehängt.“
Henriette Schindler, Mitarbeiterin in der Hoyerswerdaer Geschäftsstelle des Zweckverbandes Lausitzer Seenland, berichtet von zunächst interessierten Investoren. Die winken rasch ab, weil unklar ist, wann eine bestimmte Fläche wieder genutzt werden kann. Der Elsterheider Bürgermeister Dietmar Koark bekräftigt, was er bereits vor einiger Zeit festgestellt hat: Die Sanierung kommt offenbar nicht voran. Er nennt den Koschendamm, den Barbarakanal oder die seiner Ansicht nach verspätete Bekalkung des Partwitzer Sees als Beispiele. Man verliere dadurch seine Glaubwürdigkeit gegenüber der Bevölkerung, sagt er.
Caren Lay erkundigt sich daraufhin, ob die Sanierung schneller vorankäme, gäbe es mehr Geld dafür. Das wäre nicht zwingend der Fall, erklärt Gerd Richter. Er ist Projektmanager bei der Lausitzer und Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungsgesellschaft. In der Lausitz gebe es 35000Hektar gesperrte Innenkippe. Alle verfügbaren geotechnischen Gutachter – und so viele gebe es nicht – seien eingebunden worden, um Sanierungstechnologien für die einzelnen Bereiche auszuarbeiten. Das hat mehrere Jahre gedauert.
Alleine 19Bearbeitungsgebiete gibt es in der rund 2000Hektar großen Spreetaler Innenkippe. Man spreche hier über „mittelfristige Zeiträume“ – zehn Jahre und mehr. Das Augenmerk liege zunächst auf „Hotspots“, wie Gerd Richter sagt. Also Kippenbereiche, auf denen sich beispielsweise Windparks befinden. Dass der Partwitzer See erst jetzt im Herbst bekalkt wird, liege unter anderem auch an den notwendigen behördlichen Genehmigungen aus Sachsen und Brandenburg. Die Ländergrenze behindere vieles, heißt es bei dem Treffen mit der Bundestagsabgeordneten Caren Lay mehrfach.
Der Elsterheider Bürgermeister Dietmar Koark meint dennoch, dass man greifbarere Ergebnisse vorfinden müsse, um zielführender planen zu können. „Sicherheitsfragen und eine begrenzte Fachkräftekapazität sind für Außenstehende K.-o.-Kriterien“, sagt er. Was wolle man da entgegnen? Die Seen seien zwar sicher, nachdem sie saniert sind. Aber die Sanierung der Kippen müsse man trotzdem in dem Zusammenhang sehen. „Wenn wir im Tourismus wettbewerbsfähig sein wollen, brauchen wir den Gewässerverbund“, erklärt er. Der Koschendamm, so informiert die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft auf ihrer Internetseite, soll teilweise in diesem Jahr freigegeben werden. Bei dem Koschendamm handelt es sich um eine geschüttete schmale Landbrücke zwischen dem Geierswalder und dem Partwitzer See.
Problem2: Mängel in der Infrastruktur schmälern touristische Qualität
Ein Blick aufs Handy am Geierswalder See zeigt: Mit dem Mobilfunknetz ist es dort nicht weit her. „Das ist ein großer Schwachpunkt hier“, sagt Martin Tinko. Er ist Inhaber des Ferien- und Freizeitparks am Geierswalder See. Man könne sich eigentlich freuen über die Besucherströme am See, führt er weiter aus. Jedoch: Sie alle unterzubringen und zu verköstigen, ihnen Versorgungsmöglichkeiten zu geben, da stoße Geierswalde gerade an die Grenze. Dietmar Koark erklärt, dass seine Gemeinde für das Herstellen entsprechender Infrastruktur am See gemäß der aufgestellten Bebauungspläne mehrere Millionen Euro in die Hand nehmen müsse. Schwer für eine einwohnerschwache und nicht eben finanzstarke Gemeinde.
Jedoch erkennen auch die wiederholt anreisenden Touristen, dass sich scheinbar nichts tut, erzählt Martin Tinko. Er spielt damit auf Schilder, Parkplätze und Ähnliches an. Bewertungsportale im Internet spiegelten das wider. „Sachsen muss dem Seenland eine stärkere Priorität zuweisen, sonst können wir die notwendige Entwicklung nicht stemmen“, sagt der Elsterheider Bürgermeister.
In der Runde mit der Bundestagsabgeordneten Caren Lay ist man sich einig gewesen, dass es einen „Lausitz-Topf“ brauche, um die Kommunen dort finanziell zu unterstützen. Brandenburg weist das Lausitzer Seenland zum Beispiel als Reisegebiet aus – Sachsen nicht. Fördermittel für den Bereich Reisegebiet gibt es im Freistaat erst, wenn jährlich anderthalb Millionen Gäste gezählt werden. Dabei wäre Geld nötig, um zu investieren und damit überhaupt erst einmal auf diese Zahl an Besuchern zu kommen.
Problem3: Personalmangel wegen fehlender Verkehrsanbindung
Gastwirt Jürgen Ittmann vom „Anker“ in Klein Partwitz bemüht sich seit acht Jahren um Lehrlinge. Dass er keine findet, liege nach seiner Erfahrung zum Teil daran, dass die 16- oder 17-Jährigen keine Chance haben, Klein Partwitz zu erreichen – außer mit dem Fahrrad. Es fehlt eine Busverbindung. Ein Problem, das seit Jahren existiert. Und das nicht nur in Klein Partwitz, sondern auch in vielen anderen Orten der Lausitz. (mit ksl)
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Zum Strukturwandel in der Lausitz gibt es am 20. September, um 18 Uhr, eine Diskussionsrunde im Bürgerzentrum, Braugasse 1, in Hoyerswerda.