Radeberg
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Weichen für junge Leute stellen

Der Verein Stellwerk betreut Familien und Jugendliche in Dresden, Meißen und Radeberg. Die Arbeit wird immer wichtiger.

Von Thomas Drendel
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Lucas Förster, Michael Herforth und Katharina Nitschke (v.li.) arbeiten in der Holz und Metallwerkstatt bei „Stellwerk“ in Radeberg. Bei dem Verein durchlaufen sie mehrere Stationen, um so ihre beruflichen Vorlieben zu entdecken.
Lucas Förster, Michael Herforth und Katharina Nitschke (v.li.) arbeiten in der Holz und Metallwerkstatt bei „Stellwerk“ in Radeberg. Bei dem Verein durchlaufen sie mehrere Stationen, um so ihre beruflichen Vorlieben zu entdecken. © Steffen Unger

Radeberg. Wie wichtig der Verein Stellwerk für Radeberg, das Rödertal, ja sogar Dresden ist, ist auf den ersten Blick nicht erkennbar. Geschäftsstelle und Werkstätten liegen versteckt auf dem ehemaligen Robotron-Gelände in Radeberg. 

Nur die vielen roten Kleinwagen vor der Tür überraschen. „Damit sind unsere Mitarbeiter zu den Jugendlichen und Familien unterwegs“, sagt Anna-Katharina Czermak von der Stellwerk Jugendhilfe gGmbH, einer hundertprozentigen Tochter des Vereins Stellwerk. 160 junge Leute werden im Auftrag der Jugendämter betreut, in Radeberg, Dresden, Meißen oder Neustadt/Sachsen. „Wir unterstützen bei Problemen mit Drogen, bei Psychischen- oder Erziehungsproblemen. Auch bei ADHS, also Aufmerksamkeitsstörungen, helfen wir“, sagt sie. 30 Sozialpädagogen sind in der Stellwerk-Jugendhilfe angestellt. Und die Mitarbeiter haben immer mehr zu tun. „Begonnen haben wir 2001 mit acht Angestellten. Jetzt sind wir 30 und könnten noch weitere Kollegen einstellen. Teilweise müssen wir Fälle der Jugendämter ablehnen, weil wir es nicht schaffen.“ Psychische Probleme, Eltern, die mit der Erziehung ihrer Kinder überfordert sind, Suchtprobleme darunter auch mit synthetischen Drogen haben nach ihren Worten zugenommen. Insgesamt arbeiten bei Stellwerk 50 Menschen. Entstanden ist der Verein vor 20 Jahren. Damals sagten sich Studenten der Evangelischen Hochschule Dresden, wir müssen etwas tun. „Dann wurden die Aufgaben immer umfangreicher. So entstand schließlich Stellwerk.“ Das ist aber nicht das einzige Projekt des Vereins Stellwerk. „Bei ,Tender‘ ist es unser Ziel, Jugendliche wieder in einen Beruf oder in eine Ausbildung zu bringen.“ Maximal 16 junge Frauen oder Männer können sich in Bereichen wie Holz- und Metallbearbeitung, Küche und Hauswirtschaft, Bürokommunikation, Druck und Malern sowie Garten-Landschaftsbau ausprobieren und dann entscheiden in welche Richtung sie gehen wollen. Dabei werden sie von Sozialpädagogen sowie Fachanleitern in den Werkstätten unterstützt. „Die jungen Leute werden uns von der Arbeitsagentur vermittelt. Finanziert wird das Projekt von der Europäischen Union und vom Landratsamt.“

Spiele und Bastelmöglichkeiten

Im Station-Projekt kümmern sich die Mitarbeiter wiederum um Mädchen und Jungen im Alter zwischen sechs und 14 Jahren. Sie haben Lernschwierigkeiten oder Probleme in der Familie. „Wir holen sie mit einem Fahrdienst von der Schule ab. Bei uns bekommen sie dann ein Mittagessen, wir machen mit ihnen Hausaufgaben und fördern sie in Fächern, wo es notwendig ist. Am frühen Abend werden sie wieder zu ihren Familien gebracht.“ Die Kinder kommen bis aus Dresden oder Pulsnitz.

Darüber hinaus bietet der Verein das Lock-o-motive-Projekt an. „Darin haben wir unsere Kreativwerkstätten zusammengefasst, darunter sind eine Modelleisenbahnwerkstatt, eine Musik-, eine Fahrrad- und eine Holzwerkstatt. Kinder und Jugendliche können sie kostenlos nutzen.“ Außerdem fahren die Mitarbeiter zu Spielplätzen oder auf Feste in der Region und bieten dort Spiele und Bastelmöglichkeiten an. „Für die Fahrradwerkstatt suchen wir übrigens einen Ehrenamtlichen, der sie betreut“, sagt Anna-Katharina Czermak.

Stellwerk, Tender, Lock-o-motive: Sind die Vereinsmitglieder Eisenbahnfans? „Nein, diese Bezeichnungen haben einen anderen Grund. Einmal wollten wir auf unseren Autos nicht ,Jugendhilfe‘ stehen haben, um die von uns betreuten Menschen nicht zu stigmatisieren. Außerdem bieten sich diese Bezeichnungen als Wortspiele an. Wir wollen ja im übertragenen Sinn Weichen stellen oder Signale setzen.“

Wie wichtig die Arbeit des Vereins eingeschätzt wird, zeigt eine Auszeichnung in der vergangenen Woche. Stellwerk wurde von der Ostsächsischen Sparkasse Dresden als Verein des Jahres im Bereich Soziales ausgezeichnet. „Darüber freuen wir uns sehr, ganz besonders deswegen, da es in unserem Jubiläumsjahr passiert.