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Wohnen in Badeanstalt und Maschinenhalle

In Tolkewitz werden die letzten Überreste vom Straßenbahnhof saniert. In den Häusern wurde früher gebadet und geschuftet.

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© Christian Juppe

Von Sophie Arlet

Erst Kraftwerk, dann Volksbad, später Maschinenhalle und nun Wohnhaus – das imposante Gebäude an der Schlömilchstraße steuert auf seine vierte Nutzung zu. Gebaut worden ist es Ende des 19. Jahrhunderts als Teil des Straßenbahnhofs Tolkewitz. Dort entsteht zurzeit nicht nur ein Schulcampus mit Gymnasium und Oberschule. Während auf dem neuen Schulgelände die großen Hallen vollständig verschwunden sind, befinden sich entlang der Schlömilchstraße noch drei komplett erhaltene Gebäude. Die Immobilienfirma Ventar aus Böblingen hat sich der denkmalgeschützten Häuser auf dem ehemaligen Gelände der Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) angenommen, saniert sie und baut sie zu Wohnhäusern um. Neben dem Volksbad gehören auch eine Jugendstilvilla und eine Maschinenhalle zu dem Komplex.

Die Villa an der Ecke zur Wehlener Straße ist bereits fertig saniert. Das Haus mit Fachwerkelementen und Steinsockel stand seit 2004 leer. Mittlerweile haben die neuen Mieter die zwölf Wohnungen bezogen. Direkt nebenan sind die Bauarbeiter mit den letzten Arbeiten am alten Volksbad beschäftigt. Mitte Dezember werden die 18 Wohnungen an die Eigentümer übergeben, die Vermietung habe bereits begonnen, sagt Ventar-Chef Uwe Herrmann.

Das Haus hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Ursprünglich wurde es als Kraftwerk gebaut, das den Straßenbahnhof bis zum Ersten Weltkrieg mit Strom belieferte. Ende der 1920er-Jahre wurde die Versorgung anders geregelt. Und das Kraftwerk wurde in ein Bad für die verschmutzten Mitarbeiter des Straßenbahnhofs umfunktioniert.

Den Namen „Städtisches Volksbad“ erhielt die Anstalt schließlich, als auch die Tolkewitzer in der Schlömilchstraße in die Wanne steigen durften. Außerdem befand sich in dem Gebäude eine Montagehalle mit einer Krananlage, die für 15 Tonnen ausgelegt war. Der Kran wurde im Zuge der Sanierung ausgebaut und steht jetzt auf dem Außengelände. Den Zweiten Weltkrieg überstand das Haus unbeschadet und wurde bis 2003 von den Verkehrsbetrieben genutzt. In einem Teil befanden sich Büros. Seitdem ist das denkmalgeschützte Haus aber immer mehr verfallen. Als es die Firma Ventar 2014 übernahm, hatte sich in den Räumen schon Schimmel gebildet, die Tapete hing in Fetzen von den Wänden und der Putz bröckelte von der Decke. Um in der Maschinenhalle Wohnungen bauen zu können, mussten erst Decken eingezogen werden, sagt Uwe Herrmann. In diesem Bereich sind vor allem Maisonettewohnungen entstanden. Zu ihnen gehören riesige Fenster, die sich über die gesamte Höhe des Gebäudes erstrecken.

An der Ecke zur Kipsdorfer Straße wird nun das alte Werkstattgebäude der DVB saniert. Dort sind die Arbeiter noch ganz am Anfang. Bis Ende 2018 sollen in dem Gebäudekomplex 45 Wohnungen entstehen. Die Werkstatthalle wurde 1928 gebaut, später kamen Anbauten dazu. Charakteristisch sind die runden Erker und das Zwischengeschoss, das nun das Haus um ein Stockwerk höher erscheinen lässt. Anders als das Volksbad wurden sowohl die Halle als auch der Straßenbahnhof bei der Bombardierung Dresdens im Zweiten Weltkrieg stark zerstört, in den 1950er-Jahren aber wieder aufgebaut. Im Haus befinden sich auch ein Festsaal mit Bühne und ein Lichthof mit Glasdach.

Ein Blick in die Werkshalle lässt erahnen, wie viele Umbauarbeiten nötig sind, bevor dort gewohnt werden kann. So muss zwischen Erdgeschoss und erster Etage eine Stahlbetondecke eingezogen werden. Geplant sind Zwei- bis Vierraumwohnungen mit 50 bis 120 Quadratmetern Größe. Sie werden um den Lichthof herum angeordnet. Die Wohnungen entstehen in der ersten und zweiten Etage sowie im Dachgeschoss. Das Erdgeschoss, wo früher die Straßenbahnen repariert wurden, wird als Parkdeck genutzt. Zudem gibt es ein Zwischengeschoss, in das Abstellräume kommen. Während das denkmalgeschützte Gebäude ein komplett neues Innenleben erhält, wird sich von außen nicht viel ändern. Die großen Fensterfronten an der Schlömilchstraße bleiben erhalten, dahinter entstehen ebenfalls Maisonettewohnungen.

Sobald die Maschinenhalle saniert ist, wird auch die umfassende Umgestaltung des alten Betriebshofsgeländes abgeschlossen sein. An die frühere Nutzung des Areals erinnert dann nur noch die Gleisschleife an der Schlömilchstraße. Die wird im kommenden Jahr gebaut und um die Häuser herumgeführt. So können Bahnen bei Verkehrsstörungen Richtung Laubegast von der Strecke genommen werden.