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Zaubertrank aus Blüten und Beeren

Dass in dem Ort kreative Leute leben, hat sich herumgesprochen. Kein Wunder also, dass dort sogar aus übrig gebliebener Suppe eine Geschäftsidee wird.

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© Arvid Müller

Von Sven Görner

Bärnsdorf. Die Sonne scheint am Mittwochmittag sommerlich heiß auf den von einem Wildzaun umgebenen Grashang. Während sich in Sichtweite die Fahrzeuge im Schritttempo über die Autobahn in Richtung Dresden quälen. Kreisen mehrere Milane über der Wiese. Fast sieht es so aus, als halten sie Ausschau, was sich unter ihnen Seltsames tut. Zwischen den dort in Reih und Glied stehenden Sträuchern herrscht rege Geschäftigkeit. Neben drei mittelalterlich gewandeten Menschen sind dort auch zwei Herren in lila karierten Hemden zugange.

Als bezahltes Hobby bezeichnen Frank Schellmann (li.) und Holger Reinicke – zwei der Bärnsdorfer Holunderlikör-Produzenten – ihre professionell betriebene Nebenbeschäftigung. Vor drei Jahren wurde dafür sogar eine kleine Plantage angelegt.
Als bezahltes Hobby bezeichnen Frank Schellmann (li.) und Holger Reinicke – zwei der Bärnsdorfer Holunderlikör-Produzenten – ihre professionell betriebene Nebenbeschäftigung. Vor drei Jahren wurde dafür sogar eine kleine Plantage angelegt. © Arvid Müller

Es sind Frank Schellmann und Holger Reinicke von der Bärnsdorfer Holunderwelt. In Bärnsdorf selbst und den umliegenden Ort weiß man längst, dass dieser Begriff für schmackhaften Likör steht. Denn schon seit Längerem wird dieser besondere Holundertrank auf dem kleinen Weihnachtsmarkt des Ortes ausgeschenkt.

Die kostümierte Dame mit ihren zwei Begleitern gehöre dagegen zum mittelalterlichen Erlebnisgasthaus Prinzenkeller in Niederwartha. Das Lokal ist seit rund anderthalb Jahren Großabnehmer des aromatischen Getränks. Wobei auch diese Menge überschaubar ist. Schließlich produziert der Nebenerwerbs-Betrieb im Jahr gerade mal rund 1 000 Liter Holunderlikör, wie Holger Reinicke sagt.

Für den Prinzenkeller mischen die Bärnsdorfer in ihrer kleinen Manufaktur übrigens einen besonderen Trank. Der besteht wie beim Original neben Holundersaft und Holunderblütensirup – das genaue Mischverhältnis ist Betriebsgeheimnis – natürlich auch aus Alkohol. „Diesen kaufen wir, denn destillieren dürfen wir nicht“, sagt Frank Schellmann. Dazu kommen dann noch etwas Chili und ein paar Gewürze. „Das schmeckt kalt und heiß“, ergänzt der Bärnsdorfer. Während den traditionellen Likör ein selbst gestaltetes Etikett ziert, das sich farblich angepasst auch auf den in der Manufaktur abgefüllten Sirup- und Saftflaschen wiederfindet, gibt es für den Prinzenkeller ebenfalls ein Besonderes. In derzeit sieben Varianten. Jedes zeigt einen der dort auftretenden Künstler.

Angefangen hat die Bärnsdorf-Holunderlikör-Story vor etwa 15 Jahren eher zufällig. Weil sie zu viel Holundersuppe zubereitet hatten, die sie nie alle bekommen hätten, kamen Falk Herrmann und Michael Kunath mit ein paar Freunden auf die Idee, den Rest zu Likör zu veredeln. „Die ersten drei Saftflaschen waren schnell alle“, sagt Holger Reinicke. Und so wurde neuer gemacht. Einige gruben noch Rezepte von der Oma aus und so wurde schließlich so lange probiert, bis die Likörmacher vom Geschmack überzeugt waren. Und weil das Interesse an dem Getränk nicht nur im engen Freundeskreis groß war, musste schließlich eine Firma gegründet werden, um keinen Ärger zu bekommen. „Was da alles dranhängt, war uns damals nicht klar gewesen. Finanzamt, Gesundheitsamt, Gewerbeamt – doch schließlich waren alle Hürden genommen.“

Vor drei Jahren wurde schließlich die kleine Plantage angelegt, auf der am Mittwoch der Termin stattfindet. „Denn immer wenn wir durch die Flur gestreift sind und ein paar schöne Pflanzen entdeckt hatten, waren diese bis zur nächsten Ernte meist verschwunden“, sagt Frank Schellmann. „Die 500 Sträucher hier bringen uns etwa einen Ertrag von einer Tonne Beeren. Das reicht für uns.“ Beim Sammeln der für die Sirup-Herstellung benötigten Blüten bedienen sich die Bärnsdorfer aber auch gern an wildwachsendem Holunder.

Dass es seit dem vergangenem Jahr nun sogar ein hochprozentiges Produkt gibt, ist der Zusammenarbeit mit der Sächsischen Spirituosenmanufaktur zu verdanken. „Wir entsaften die Beeren ausschließlich durch Dampf“, sagt Holger Reinicke. „Martin Wagner veredelt die Maische dann zu einem Brand.“ Zu kaufen gibt es die Produkte der Holunderwelt in der Bäckerei Mensch in Radeburg und im Blumengeschäft Kunath in Volkersdorf.