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Zeitreise im roten und blauen Salon

Die Sonderausstellung Muskauer Steinzeug hält ihre Pforten noch bis zum Sonntag im Neuen Schloss in Bad Muskau geöffnet.

Von Rolf Ullmann
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Helga Heinze und Holger Klein führten die Besucher am Sonntagnachmittag letztmalig durch die Sonderausstellung im Neuen Schloss in Bad Muskau.
Helga Heinze und Holger Klein führten die Besucher am Sonntagnachmittag letztmalig durch die Sonderausstellung im Neuen Schloss in Bad Muskau. © Rolf Ullmann

Mit einer solch großen Zahl an Besuchern hatten Helga Heinze und Holger Klein als die Kuratoren der Sonderausstellung „Muskauer Steinzeug vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart“ wahrlich nicht gerechnet. Holger Klein trug 20 rote Nelken im Arm, die er den Frauen anlässlich des Internationalen Frauentages vor Beginn der Führung überreichte. Die dabei leer ausgingen, verschmerzten die Tatsache sehr schnell angesichts der Fülle von Fakten und Informationen, die sie im Verlauf der rund einstündigen Führung bekamen. Passend zur Thematik der Sonderausstellung führte Töpfermeister Gordon Gran seine Künste beim Formen des Tons an der rotierenden Töpferscheibe vor. Einige Neugierige nahmen die Gelegenheit wahr, um zu erfahren, ob der kleine Klumpen Ton auch unter ihren Händen, die gewünschte Form annimmt.

Helga Heinze entführte die Besucher zunächst auf eine Zeitreise in die Geschichte der Gebrauchskeramik bis in das 16. Jahrhundert. In dieser Zeit drehten sich die ersten Töpferscheiben auch in Muskau sowie einigen Orten jenseits der Neiße. Töpferwaren waren zu Recht sehr begehrt, denn durch ihre Eigenschaften eigneten sie sich hervorragend zur Zubereitung sowie zur Aufbewahrung von Getränken und Speisen.

Helga Heinze, Holger Klein und Gunter Oettel begleiten seit 30 Jahren die Baumaßnahmen in der Stadt Bad Muskau auf der steten Suche nach Sachzeugen der Geschichte des Muskauer Steinzeuges. An über 30 Stellen im Stadtgebiet der Neißestadt wurden sie dabei fündig. Als besonders ergiebig erwies sich ein Fundort in der Kirchstraße 3. Hier kam den Suchenden die Tatsache entgegen, dass die Töpfer die Keramiken, die während des Brandes oder danach beschädigt wurden, in einer großen Grube den Blicken scheinbar für immer entzogen. Diese Verfahrensweise kam auch in der Schmelzstraße, die zur Ausübung des Töpferhandwerkes bestimmt wurde, zum Einsatz. Die gefundenen Stücke dienten sehr häufig dazu, um durch Vergleiche in Museen und Sammlungen nachzuweisen, ob die Keramik tatsächlich aus Muskau oder einem anderen Ort in der Nähe stammt. 20 Töpfermeister zählte die Innung Anfang des 19. Jahrhunderts in Bad Muskau. In Trzebiel (Triebel) und Schäpeln (Czaple) war jeweils nur vier Töpfermeistern die Ausübung ihres Handwerks erlaubt. Im sogenannten blauen Salon erhielten die Besucher einen Einblick in die Töpferkunst auf dem westlichen Ufer der Neiße. Der rote Salon war der Vorstellung der Produkte aus Orten vorbehalten, die sich heute auf polnischem Gebiet befinden. Die Töpferwaren aus Muskau und seiner Umgebung waren einst auf vielen Märkten sowie Messen sehr begehrt. So fand der sogenannte Wiener Krug viel Anerkennung und reißenden Absatz in der damaligen Kaiserstadt.

Auch auf dem Gebiet des technischen Steinzeugs wurden vor allem in Krausch-witz wahre Pionierleistungen vollbracht. Isolatoren aus Steinzeug und bis zu 6.000 Liter fassende riesige Tontöpfe wurden von den Arbeitern in schwerster Handarbeit gefertigt. Holger Klein verdeutlichte dieses Kapitel der Industriegeschichte anhand von Fotos und Sachzeugen sehr anschaulich. Die drei Töpfereien von Kathrin Najorka, Gordon Gran sowie Kurt und Udo Hirche führen dieses Handwerk fort. Am Wochenende öffnen sie ihre Türen.

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