Zittau: Gibt es im Bahnhof bald wieder eine Gaststätte?

Früher wimmelte es nur so am Zittauer Bahnhof. Hunderte Fahrgäste bevölkerten die Bahnsteige, Dutzende Bahnangestellte versahen ihren Dienst, die Mitropa-Tische waren voll besetzt, an Gepäckaufbewahrung und Fahrkartenschalter bildeten sich Schlangen, in der Bahnpost wurden Pakete aufgegeben ... Heute ist das anders: Die Bahnpost ist schon lange abgerissen, Infrastruktur und Mitarbeiterstamm für den Güterverkehr sind abgewickelt, viele Gleise zurückgebaut. Wenn nicht zu Stoßzeiten Schüler, Studenten und Pendler durch die Bahnhofshalle strömen und vor dem Kiosk ein paar Männer ihr Bierchen trinken, ist der Bahnhof oft menschenleer. Zwar ist das Bahnhofsgebäude zum Tag der Sachsen vor reichlich 20 Jahren aufgehübscht worden und hat die Deutsche Bahn inzwischen viele Millionen Euro in neue Technik wie zum Beispiel in Aufzüge zu den Bahnsteigen investiert - aber unter dem Strich hat der Bahnhof als ein Tor zur Stadt schon bessere Zeiten erlebt.
Das wollen die Stadt Zittau, der Verkehrsverbund Zvon und die Deutsche Bahn ändern. Schon seit Längerem arbeiten sie an einem Projekt zur Belebung. Nun haben die drei Partner erstmals erklärt, was sie vorhaben. Allerdings sagen alle Seiten auch, dass das Projekt nicht in einem Jahr umgesetzt sein wird. Außerdem betont die Deutsche Bahn als Eigentümerin des Gebäudes, dass "die Maßnahmen kostenintensiv werden" und sie auf die Unterstützung des Landes Sachsen, des Zvon und der Stadt angewiesen ist.
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Ist-Stand: Der Bahnhof ist nicht leer
Auch wenn der Zittauer Bahnhof außerhalb der Stoßzeiten oft wie ausgestorben wirkt: Leer ist er nicht. Nach Angaben der Deutschen Bahn lastet sie das Gebäude selbst zu 75 Prozent aus. "Ein Großteil davon wird als Archiv für die bundesweite Dokumentation/Archivierung von Bauakten genutzt", teilte eine Sprecherin auf SZ-Anfrage mit. "Etwa fünf Prozent der Gesamtflächen sind an externe Mieter, wie die Reiseagentur, die DEVK, die Länderbahn und den Imbiss vermietet." Weitere zehn Prozent sind Verkehrs- und Allgemeinflächen. Nur zehn Prozent stehen leer.
Pläne für das Bahnhofsgebäude: Backshop oder Gaststätte und mehr
Auf der linken Seite vom Lichthof im Empfangsgebäude soll sich nicht viel ändern: Die Sozialräume für die Mitarbeiter der Länderbahn und das DEVK-Büro bleiben demnach an Ort und Stelle. In den Räumen der jetzigen Reiseagentur soll allerdings eine neue öffentliche Toilette errichtet werden.
Die Reiseagentur würde auf die andere Seite des Lichthofes ziehen. Auf ganzer Breite soll ein "zentraler Bahnhofsservice" mit Fahrkartenverkauf, Warteraum und Gepäckablage entstehen. Dazu gehören auch eine Packstation für Pakete, eventuell eine Tourist-Information, vor allem aber ein gastronomisches Angebot. Ob es sich dabei laut Zittaus Oberbürgermeister Thomas Zenker (Zkm) um einen Backshop oder eine Gaststätte handelt, ist noch nicht klar. Vorgesehen ist aber schon jetzt die Verbindung zu einem Freisitz an der rechten Seite des Bahnhofsgebäudes, vor der zurückgesetzten Front. Zielgruppe sind unter anderem Pendler, Schmalspurbahn-Gäste und sogenannte Trainspotter - Bahnfans, die stundenlang vor allem das Boahnl fotografieren. Laut Christoph Mehnert von Zvon gibt es bereits Interessenten, die gastronomisches Angebot betreiben wollen.
Um die Außen-Terrasse für Kaffeetrinker oder Mittagesser errichten zu können, müsste der barrierefreie Zugang zum Bahnhof verlegt werden. Stadtverwaltung und Zvon wünschen sich, dass er an den Haupteingang umzieht. "Um das baulich zu ermöglichen, müssen unter anderem Gewerbeflächen verändert und verlegt werden", teilte die Bahnsprecherin dazu mit. "Aktuell gibt es hierzu Machbarkeitsuntersuchungen, deren Ergebnis noch offen ist."
Auch soll das Bahnhofsgebäude innen verschönert werden. So ist ein sieben Quadratmeter großes Bild in Auftrag gegeben worden, dass Zittauer Sehenswürdigkeiten und regionale Geschichte wie die über Räuberhauptmann Karasek zeigt. "Der eng mit der Stadt verbundene Künstler Nils Noack entwarf das bunte Wimmelbild", teilten Zvon und Rathaus mit.
Bereits 2020 und 2021 wurde das Gebäude innen aufgehübscht, bekamen Wände und Decken, der Lichthof sowie die Fensterrahmen neue Farben. Auch wurden neue Bänke aufgestellt. Der Zvon ließ auf eigene Rechnung die kaputte Automatik der Türen reparieren. "Außerdem wurden an den Bahnsteigen die digitalen Anzeiger durch neue Zuginformationsmonitore ersetzt", teilte Zittaus Wirtschaftsförderin Gloria Heymann mit.

Nebengebäude: Verleih von E-Bikes
Das marode Gebäude rechts neben dem Bahnhof könnte durch einen Neubau ersetzt oder saniert werden. Oberbürgermeister Thomas Zenker kann sich vorstellen, dass darin ein E-Bike-Verleih angesiedelt wird. Ihm schwebt auch noch eine weitere Ansiedlung vor, über die er aber erst informieren will, wenn sie spruchreif ist.
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Plätze vor und neben dem Bahnhof: Mehr Parkplätze und Bushaltestellen
Auch der Bahnhofsvorplatz und das Gelände der ehemaligen Post links neben dem Empfangsgebäude sind Teil der Veränderungen. Mit dem jüngsten Fahrplanwechsel halten viel mehr Busse am Bahnhof als früher. Da die meisten gleichzeitig ankommen, reicht die Zahl der Busbahnsteige nicht mehr. Deshalb sind zusätzliche im Gespräch.
Der Bahn missfallen die Fahrradabstellplätze so dicht am Gebäude. Auch die Radler-Freunde vom ADFC sind damit unzufrieden und fordern mehr sowie sichere Abstellplätze. Deshalb ist laut Wirtschaftsförderin Gloria Heymann eine sogenannte "Bike and Ride"-Anlage geplant.
Auf dem Gelände der ehemaligen Bahnpost soll ein "Park + Ride"-Platz für 50 bis 120 Autos entstehen. Die Idee ist schon in der Ära von Zenkers Amtsvorgänger Arnd Voigt geboren worden. Inzwischen plant ein Ingenieurbüro den Parkplatz. Nach Aussagen des OB laufen die Kaufverhandlungen mit der Bahn über das Areal.
Nicht zuletzt sollen Reisende durch Hinweisschilder und Infotafeln in die Stadt gelockt werden. Die ersten sind bereits aufgestellt worden.