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Gab Zittauer Arzt erste Pocken-Impfung?

Hr. D. Karl August Richter hat bereits 1771 ein Experiment gegen die lebensgefährliche Krankheit unternommen. Das blieb nicht harmlos.

Von Dietmar Rößler
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Symbolbild
Symbolbild © René Plaul

Im Februar 1771 berichtete das „Lausitzische Magazin“, dass „der gelehrte und erfahrene Arzt in Zittau Hr. D. Karl August Richter die allerersten Versuche, die Blattern einzupfropfen, angefangen und mit bestem Erfolg geendigt“ hat. Das war vermutlich die erste Impfung gegen die Pocken (damals Blattern genannt) in der Oberlausitz, vielleicht sogar in ganz Deutschland! Die Impf-Prozedur dürfte bereits ähnlich vonstattengegangen sein, wie sie auch die meisten heutigen Oberlausitzer erlebt haben.

Geimpft wurden vier Kinder eines Elternpaares („einerley Aeltern“) im Alter von 1, 4, 8 und 12 Jahren. In der alten Schrift ist zu lesen: „So ließ man ihnen durch den Wundarzt Döring, die Blattermaterie durch eine kleine Öffnung der Haut am Arm, wobey auch nicht ein Tropfen vergossen ward, einlegen.“ Danach waren „alle miteinander munter und aufgeräumet“. Doch so harmlos blieb es nicht, denn bei den Kindern entwickelten sich zahlreiche Pocken. Das „Lausitzische Magazin“ berichtete: „Den 10., 11. und 12. Tag nach der Einpfropfung kamen die Blattern“, jedoch „ohne alles Phantasieren, ohne Rasen, ohne allen gefährlichen Zufälle. Von dem Blatterfieber das, Eiterungsfieber genannt, welches bey den natürlichen Blattern um diese Zeit so gefährlich ist, und die Kinder hinrafft, war hier gar nichts zu spüren.“

Vom 15. bis 20. Tag nach der Impfung seien die Blattern abgetrocknet. „Die Mägdchens, wovon die Aelteste nur 30, die Mittelste 60 und die Kleinste nur 15 Blattern hatte, liefen in der Stube herum. Nur der Knabe dem das Blatterlos reichlicher zugefallen war, konnte nicht aufstehn, war aber dabey nicht entkräftet, sondern außer aller Gefahr, und ob er gleich eine ziemliche Menge Blattern im Gesichte hatte, so lag er doch keinen Tag blind, konnte gut sehen, und hat auch keine Narben bekommen“, so der Zeitzeugenbericht weiter.

Vermutlich ging das Experiment gut aus, wobei die Einführung dieser auch „Variolation“ genannten Methode in Deutschland erst im Jahr 1781 offiziell bekannt und meist dem Weimarer Arzt Hufeland zugeschrieben wurde. Und dieser löste nach seiner Impfung eine große Pockenepidemie mit vielen Todesfällen aus. Nach einigen Fehlschlägen wurde die Immunisierung erst Anfang des 19. Jahrhunderts wirklich sicher. Das Zittauer Experiment dürfte also ein früher Einzelfall gewesen sein, der offenbar gut ausging.

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