Bei Sehmus Ceylan kostet das gefüllte Fladenbrot mit Fleisch, Salat und Soße noch 4,50 Euro. Aber der Betreiber der "Picknick Döner Stube" in Zittau muss den Preis nun anziehen. "Um zu überleben", wie der 42-Jährige sagt.
Schon die Corona-Krise hat das Geschäft belastet. Zwischenzeitlich war nur der Fenster-Verkauf gestattet, danach die Öffnungszeit eingeschränkt - jede Verschärfung und Lockerung der staatlichen Maßnahmen machte sich sofort beim Umsatz bemerkbar. Familie Ceylan griff auf Rücklagen zurück, musste zwischenzeitlich die Raten für den Kredit aussetzen. Den nahm sie für die Neuausstattung des Geschäfts auf, das nach 25 Jahren an der Ludwigstraße im Januar 2020 auf die Neustadt zog. "Wir haben teilweise für Nichts gearbeitet, um alles am Leben zu erhalten", sagt sein Bruder Erkan, der ebenfalls mithilft.
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Und seit diesem Jahr haben sich die Einkaufspreise für Lebensmittel erhöht, vor allem mit Beginn des Ukraine-Krieges. Ceylans nennen Beispiele: Für einen 10-Liter-Kanister Sonnenblumen-Öl haben sie zuletzt 29 Euro gezahlt, der noch zwei Wochen zuvor für 17 Euro zu bekommen war. Für einen Eisberg-Salat musste die Familie auch schon mal knapp 3 Euro zahlen, der zu anderen Zeiten 50 Cent kostete. Und für den 25-Kilo-Sack Mehl sind jüngst 18 statt 12 Euro fällig gewesen. Auch der Preis fürs Kalb- und Hähnchenfleisch ist gestiegen - und von dem werden allein in der Picknick Döner Stube täglich 40 Kilo verbraucht.
Von den Lieferanten bekommt Sehmus Ceylan immer nur zu hören: "Es tut uns leid, aber es geht nicht anders". Abgesehen davon sind die Energiepreise gestiegen. Die Kosten muss er nun weitergeben. Das heißt, spätestens Ende des Monats kostet der Döner bei ihm 5,50 Euro. Auch fast alle anderen Speisen auf der Karte werden entsprechend teurer. "Die Kunden haben Verständnis, sogar teilweise schon die 5,50 Euro gezahlt", berichtet der Betreiber. Er wartet derzeit noch auf die neuen Preistafeln. Gestiegene Kosten waren auch der Grund für die jüngste Erhöhung um 50 Cent voriges Jahr. Davor war der Preis zuletzt 2013 gestiegen. Damals ebenfalls um 50 Cent. Wie Ceylans wollen auch andere Betreiber bald mehr verlangen.
Beispielsweise Müslüm Tiram vom "Kerwan Döner" in Zittau, der bei der im März gelaufenen SZ-Befragung nach dem besten Döner die meisten Stimmen erhielt - und das entsprechend feierte. Er erhöht bis Monatsende den Preis von 4,50 auf 5 Euro und macht alle anderen Speisen 50 Cent teurer. "Wir verdienen momentan fast gar nichts", sagt der Inhaber. Bei Ezgin Yildiz vom "Newroz-Bistro" wird der Döner demnächst genauso viel Euro kosten, andere Gerichte überwiegend aber nur 20 bis 30 Cent mehr. Einen noch höheren Preis für die gefüllte Brottasche hält er für schwierig, auch wenn der aus seiner Sicht gerechtfertigt wäre. "Die Lage in Zittau macht mir Sorgen", sagt Ezgin Yildiz mit Blick auf die Kaufkraft. "Ich kann nicht alles weitergeben." Stattdessen hat er schon vor zwei Jahren die Öffnungszeiten gekürzt, Montag seither ganz geschlossen. Die Energieersparnis sei höher als der Umsatz in den Stunden, erklärt der Inhaber. "Und die Kunden sind lernfähig." Sollten die Einkaufs- und Energiepreise weiter steigen, will der Betreiber lieber eine Sommer- und Winterzeit einführen - also in der kälteren Jahreshälfte kürzer öffnen - als den Döner teurer zu machen.
Aziz Tiram vom "Kerwan Saray" an der B96 in Oderwitz und "Kerwan Kebab" in Herrnhut hingegen plant vorerst keine Änderung. Bei ihm kostet der Döner weiter 4,50 Euro. Den Preis kann der Betreiber nur halten, weil er in Oderwitz keine Miete zahlt und das Geschäft mit seiner Frau führt. "Wenn aber alle mitmachen, mache ich auch mit", sagt Aziz Tiram mit Blick auf umliegende Konkurrenten. Schließlich will er seine Kunden durch eine Preiserhöhung nicht an diese verlieren. Es sei schwierig, sie dann zurückzugewinnen, so der Inhaber.
In anderen Orten müssen diese hingegen schon mehr für den Döner zahlen. So kostet die gefüllte Brottasche im "Antep Döner" in Großschönau ebenfalls seit wenigen Tagen 5 Euro. In den "Beste Kebab"-Häusern in Neugersdorf, Seifhennersdorf und Wilthen verlangt Inhaber Mahmoud Al Rashid bereits seit April 5,50 Euro für den Döner, einen Euro mehr als bisher. Das gilt auch für seine anderen Speisen. Eigentlich wären 6 Euro nötig. Aber es gebe viele Arbeitslose und Senioren, die mit dem Geld nicht auskämen, sagt der Betreiber. Auch, wenn die meisten Kunden Verständnis für die höheren Preise hätten: Er spürt bereits, dass die weniger geworden sind. Früher hätte Mahmoud Al Rashid öfter Trinkgeld bekommen, das gebe jetzt fast keiner mehr. Sollten die Einkaufs- und Energiepreise sinken, würde er den Döner und andere Speisen wieder günstiger machen.
Eine Preiserhöhung hat auch Hamdullah Beyaz vom "Bone'Ma" in Löbau im April vollzogen. Er erhöhte den Döner-Preis um 50 Cent auf 5 Euro, jede Pizza kostet seither einen Euro mehr. Neben den gestiegenen Einkaufspreisen traf ihn eine Nachzahlung für Strom und Gas von fast 3.000 Euro. "Viele haben schon vorher gesagt, dass man mit den niedrigen Preisen nicht wirtschaften könne und oft ein Extra-Trinkgeld gegeben", erzählt er. Doch noch weiter an der Preisschraube drehen will der 37-Jährige nicht. "Besonders hier leben viele Menschen vom Mindestlohn", sagt Hamdullah Beyaz. Menschen, die er genauso als Kunden begrüßen möchte.
Ceylans von der "Picknick Döner Stube" in Zittau wie auch andere Betreiber sehen die nächste Erhöhung aber schon dieses Jahr kommen, mit Einführung des Mindestlohns von 12 Euro. Zudem hat die Familie eine Strom-Nachzahlung über 2.600 Euro für 2021 erhalten - trotz weniger Verbrauch. Der Preis pro Kilowattstunde ist aber erst dieses Jahr enorm gestiegen. Und Sehmus Ceylan muss nicht nur mit den steigenden Lebensmittel- und Energiepreisen umgehen, teilweise sind Waren nur noch teilweise oder gar nicht mehr verfügbar. Aktuell kann er in dem Bereich improvisieren, auf Alternativen zurückgreifen. Aber: "Ich habe Angst." Aufgeben ist bei all den Sorgen hingegen keine Option. "Kämpfen liegt in unserer Natur", sagt sein Bruder Erkan.