Corona: Lage im Klinikum spitzt sich wieder zu

Henrik Schulze hat gerade die Liste mit den aktuellen Belegungszahlen bekommen. Der Internist aus dem Ebersbacher Krankenhaus sieht sofort, was los ist. Sein Gesicht wird ernst: "Vorige Woche hätte ich noch gewettet, wir haben diesmal Glück, es kommt für uns nicht ganz so schlimm", sagt er. "Aber wenn ich das heute sehe...", er macht eine kurze Pause: "Dann haben wir wohl doch kein Glück."
Im Klinikum Oberlausitzer Bergland sind an diesem Donnerstag sieben von acht Corona-Intensivbetten belegt. Auf der Intensivstation in Ebersbach sind es zwei Frauen, 65 und 77 Jahre alt, und zwei Männer, 70 und 72. Auf der ITS in Zittau sind es drei Männer zwischen 62 und 77 Jahren. Auf den internistischen Corona-Stationen der beiden Standorte stehen an diesem Donnerstag 37 Patientinnen und Patienten auf der Belegungsliste. Nur 13 von ihnen sind älter als 80, der jüngste ist erst 34. Er hat keine Vorerkrankungen.
"Seit zwei Tagen steigen die Zahlen wieder deutlich", sagt Henrik Schulze. Der 55-Jährige ist Oberarzt der internistischen Station 6 im Ebersbacher Krankenhaus, die jetzt eine Corona-Isolierstation ist, und er ist der Krankenhaushygieniker für das gesamte Klinikum, zuständig für den Umgang mit den Covid-Patienten und den Infektionsschutz im Haus. "Wir haben es gut im Griff", sagt er. "Jeder weiß, was zu tun ist, die Abläufe und Handgriffe sind Routine geworden." Und trotzdem sei nie auszuschließen, dass sich jemand infiziert. "Deshalb ist das Impfen so wichtig", sagt der Oberarzt.
Längst keine Routine aber ist das, was die Ärzte und Pflegekräfte mit dieser Corona-Viruserkrankung erleben. "Die Covid-Patienten sind deutlich jünger geworden", weiß Henrik Schulze. Nur noch knapp ein Drittel der derzeitigen Patienten auf den Stationen ist älter als 80. Mit dem sinkenden Durchschnittsalter aber steigt auch die Aufenthaltsdauer im Krankenhaus, vor allem auch auf den Intensivstationen, erklärt der Oberarzt. "Die jüngeren Patienten haben länger die Kraft, gegen den Tod zu kämpfen.",
"Die Todesursache ist ganz klar das Virus"
Viele Corona-Patienten verlieren diesen Kampf mit dem Tod aber immer noch. In der zweiten Welle ist im Klinikum Oberlausitzer Bergland jeder vierte Covid-Patient, der eingeliefert wurde, gestorben. Eine so hohe Zahl an Sterbefällen hat es bei uns noch nie gegeben, sagt Henrik Schulze. Auf dem Laptop zeigt der Oberarzt Aufnahmen aus dem Computertomografen, die zeigen sollen, was das Problem ist: Auf den Röntgenbildern sieht eine gesunde Lunge normalerweise durchweg dunkel aus. Die Lungen von schwerkranken Covid-Patienten sind auf den CT-Bildern zu großen Teilen weiß. Wo es auf dem CT-Bild weiß ist, wird kein Sauerstoff mehr transportiert. "Die Patienten sterben an Lungenversagen", erklärt der Internist. "Und die Ursache dafür ist ganz klar das Virus. Die allermeisten würden ohne das Virus nicht sterben. Das ist definitiv so."
Die Ärzte haben auch festgestellt, dass sich mit den Mutationen die Symptome der Krankheit verändert haben. In der zweiten Welle seien es noch die typischen Symptome wie Fieber, Husten, Atemnot und körperliche Schwäche gewesen, sagt Henrik Schulze. Inzwischen aber kommen auch vermehrt Patienten mit Durchfall. Oder sie kommen in die Rettungsstelle, weil sie sich bei einem Sturz verletzt haben. "Und wir stellen dann fest, dass der Sturz die Folge einer Schwäche war - und die Schwäche die Folge einer Corona-Erkrankung", erklärt Schulze.
Inzwischen geht der Mediziner davon aus, dass die beiden internistischen Covid-Stationen in Zittau und Ebersbach in den nächsten Tagen an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen und möglicherweise schon in der kommenden Wochen wieder jeweils eine weitere Isolierstation eröffnet werden muss - so wie in den dramatischen Wochen über den Jahreswechsel.
"Das bedeutet für das Klinikum weiter die Reduzierung anderer Leistungen", sagt Henrik Schulze. "Wir dachten eigentlich, dass wir nach Ostern wieder im Normalbetrieb arbeiten können, aber diese Entscheidung müssen wir weiter verschieben." Weiterhin werden alle Operationen aufgeschoben, bei denen das medizinisch vertretbar ist.
Henrik Schulze geht auch nicht davon aus, dass Patienten in andere Kliniken verlegt werden können, wenn die Kapazitätsgrenzen erreicht sind. Die Krankenhäuser geraten gerade in ganz Deutschland an ihre Grenzen. Das war in den dramatischen Wochen über den Jahreswechsel noch nicht so.
"Unsere Hoffnung liegt jetzt auf dem Impfen", sagt der Oberarzt. "Wir brauchen eine Durchimmunisierung, dann werden wir auch wieder zur Normalität zurückkehren können." Dass die Zahl der über 80-jährigen Patienten gesunken ist, könnte auch mit dem Erfolg der Impfungen zusammenhängen.
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