Die Tage der Ampelanlage beim Übergang der Zittauer Nordspange zur Neubaustrecke der B178 sind gezählt. Das noch fehlende Stück wurde vor einigen Tagen asphaltiert, die Seitenbegrenzungen sind ebenfalls montiert. Im Moment ist die Endkontrolle im Gange. Parallel dazu wird in Kürze die Straßenmarkierung aufgetragen. Ist alles erledigt, gibt es hier kein Halten mehr. Wann das genau passiert, kann Projektleiter Martin Richter vom Landesamt für Straßenbau und Verkehr (Lasuv) noch nicht sagen.
In großen Teilen schon fertig sind dagegen die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, die das Lasuv wegen des Eingriffs in Natur und Landschaft vornehmen musste. Dafür wurden insgesamt mehrere Millionen Euro eingesetzt. "Gut investiertes Geld", finden Simone Mroß und Simone Kloth vom Referat Umweltplanung und Landschaftsgestaltung der Landesbehörde. Denn wer Veränderungen im Naturraum verursache, müsse auch dafür sorgen, dass die Auswirkungen für hier lebende Tiere und Pflanzen so gering wie möglich sind oder an anderer Stelle Ausgleich geschaffen wird.
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Der Lückenschluss der neuen B178 zwischen Zittauer Nordspange und Abzweig Oderwitz/Großhennersdorf geschieht nach Angaben der beiden Expertinnen in einem weitgehend "konfliktarmem Gebiet", wenn man ihn mit der Naturschutzbrille betrachtet. Bei der Planung mussten weder Flora-Fauna-Habitat-Gebiete, andere Schutzgebiete noch Flussquerungen beachtet werden. Die Betroffenheit der hier lebenden Arten war gut ersichtlich. Deshalb habe man ziemlich unkompliziert reagieren können, so Simone Kloth.
Trotz allem waren und sind die Arbeiten zur landschaftspflegerischen Begleitung der rund sechs Kilometer langen Neubaustrecke sehr umfangreich. So mussten für Feldlerche, Neuntöter, Kiebitz, Braunkehlchen und Uhu Artenschutzgutachten angefertigt werden. Das gleiche Prozedere für alle hier vorkommenden Fledermausarten - zum Beispiel Großes Mausohr und Mopsfledermaus. Das Ziel der Untersuchungen: Auch unter den veränderten Bedingungen durch die neue B178 sollen die Arten hier weiter bestehen und sich fortpflanzen können.
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Die Kenntnis der intensiven Wildwechsel zwischen Königsholz und Kohlige führten zum Bau der mit 63 Meter Breite größten Wildbrücke im Verlauf der gesamten B178n, der insgesamt dritten ihrer Art. "Das Monitoring bei den beiden Vorgängern hat gezeigt, dass solche Bauwerke sehr gut angenommen werden. Rehe, Wildschweine, auch der Wolf, nutzen sie ganz regelmäßig", erklärt Simone Kloth. Nach der baulichen Fertigstellung werde die Brücke mit einem der natürlichen Vegetation nachempfundenen Sicht- und Blendschutz versehen. Bis auf einen kleineren Durchlass ist sie dann für das Wild die einzige Chance, sicher von einer Seite der neuen B178 auf die andere zu kommen, denn die Piste bekommt beidseitig einen Wildschutzzaun.
Ebenfalls dem Wildwechsel dient die sogenannte Fledermausbrücke. Der hier entlang verlaufende Wirtschaftsweg war bis zum Beginn des Straßenbaus mit alten Obstbäumen begrenzt. Die wurden von den kleinen Flugkünstlern dazu genutzt, um mit ihrem Echolot die Richtung zu finden. Diese Orientierungshilfen erleben nun eine Renaissance: Auf der Brücke werden rechts und links Hecken gepflanzt, außerdem die Lücken in der Obstbaumreihe ergänzt.
Begonnen wurde mit dem Landschaftsschutz jedoch schon lange, bevor die ersten Bagger anrollten. Der Neuntöter bekam neue Hecken am Geiersberg und am Grenzweg im Königsholz, um sich an die veränderten Gegebenheiten zu gewöhnen. Zudem wurde die Bewirtschaftung von bisher intensiv genutztem Grünland an mehreren Stellen zurückgefahren und mit kleinen Mulden ergänzt. Hier sollen Kiebitze brüten. Und auch Uhus und Braunkehlchen fühlen sich laut Simone Mroß in der so veränderten Landschaft wohl. Feldlerchen können sich als Bodenbrüter in sogenannten Lerchenfenstern vermehren. "Das sind bewusst hergestellte Fehlstellen im Acker. Dort ziehen die Vögel ungestört ihren Nachwuchs groß", weiß die Expertin. Die betreffenden Landwirte werden für den Einnahmeausfall finanziell entschädigt.
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Auch die beiden teuersten Ausgleichsmaßnahmen haben die Fachleute aus dem Referat Umweltplanung und Landschaftsgestaltung des Lasuv bereits abgeschlossen, begleiten die Projekte aber weiter. Rund 1,4 Millionen Euro wurden für Abbruch und Entsiegelung von Objekten auf dem Gelände der früheren Offiziershochschule in Löbau eingesetzt. Der Grund dafür: "Im Zuge des Straßenbaus wurden etwa 91.000 Quadratmeter Fläche mit Beton und Asphalt versiegelt. Weitere knapp 47.000 Quadratmeter haben sich durch Böschungen, Wirtschaftswege und Straßenbankette verändert und sind teilversiegelt", berichtet Simone Kloth. Der notwendige Ausgleich dafür habe schon 2022 und 2023 im früheren Armeegelände stattgefunden. Etwa 75.000 Quadratmeter wurden entsiegelt, außerdem auf 7.400 Quadratmetern 27 Gebäude und Anlagen abgebrochen. Zusätzlich wurden auf rund 35.000 Quadratmetern Beton- und Asphaltbefestigungen entfernt.
Der Löbauer Forst im Bereich Kottmarsdorf profitiert ebenfalls vom B178-Neubau. Zwischen Herbst 2023 und Frühjahr 2024 haben Mitarbeiter einer auf Aufforstung spezialisierten Firma auf 5,2 Hektar exakt 25.428 Mini-Bäumchen in den Boden gesetzt - darunter Winterlinde, Hainbuche, Stiel- und Traubeneiche. In der sogenannten Waldmantelzone des insgesamt 6,7 Hektar großen Areals wachsen jetzt zehn heimische Straucharten. Zu ihnen gehören Haselnuss, Weißdorn, Schlehe und Wildapfel. Kostenpunkt für die gesamte Aktion: etwa 500.000 Euro.
Im Vergleich dazu gering fällt die Investition für die Renaturierung des Krebsbaches bei Oberseifersdorf aus, die als eine der ersten bereits 2023 abgeschlossen wurde. Die Offenlegung eines 100 Meter langen Bachabschnittes und die Ufergestaltung kosteten etwa 87.000 Euro. Nach Abschluss der Bauarbeiten an der neuen B178 steht zwischen Knoten Zittau und Abzweig Oderwitz/Großhennersdorf noch die Trassenbegrünung an. Dazu werden vor allem Bäume und andere Gehölze gepflanzt. 2025 soll das im ersten, etwa ein Kilometer langen Abschnitt geschehen, den der Auftragnehmer Eiffage zuerst fertigstellt. Im Jahr darauf sind dann die restlichen fünf Kilometer dran, die von der Strabag gebaut werden.