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Stadt'l contra Edeka und Aldi

Die Neugersdorfer haben am Dienstag über den Abriss ihres beliebten Tanzsaales diskutiert. Gibt es noch Alternativen?

Von Holger Gutte
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Hier will Edeka zwei Einkaufsmärkte und einen Parkplatz bauen.
Hier will Edeka zwei Einkaufsmärkte und einen Parkplatz bauen. © Matthias Weber

Die Neugersdorfer hängen an ihrem Stadt'l. Ein Abriss des Tanzsaales ist für viele nicht vorstellbar. Aber genau darum geht es jetzt. Edeka und Aldi wollen in Neugersdorf zwei größere Einkaufsmärkte bauen. Dafür müsste der große Saal von "Stadt Zittau" geopfert werden.

Um dieses Thema ging es am Dienstagabend in einer virtuellen Einwohnerversammlung, zu der die Bürgermeisterin von Ebersbach-Neugersdorf, Verena Hergenröder (parteilos), eingeladen hatte. Das Thema wird breit in der Stadt diskutiert. 38 Bürger, Stadträte, Fachleute und zuständige Mitarbeiter der Verwaltung nahmen an der Videokonferenz teil.

Die Stadt informierte erst einmal über den aktuellen Stand. Berichtete, dass für das Gebiet Rudolf-Breitscheid-Straße/Hauptstraße ein Bebauungsplan erarbeitet worden ist. Nach dem soll auf dem ehemaligen Sportplatz hinter "Stadt Zittau" (Stadt'l) ein Einkaufszentrum entstehen. Dafür müsste auch der Tanzsaal vom Stadt'l abgerissen werden.

Ausgangspunkt dafür ist das Anliegen von Edeka und Aldi, ihre bestehenden Märkte zu vergrößern. Und an den bisherigen Standorten sei das nicht möglich, hieß es. Edeka Nordbayern/Sachsen/Thüringen ergriff deshalb die Initiative und ist Bauherr des neuen Centers.

"Es geht nicht um zwei zusätzliche Einkaufsmärkte, sondern um eine Standortverlagerung der vorhandenen Edeka und Aldi in Neugersdorf", sagte Verena Hergenröder. Eine Umsiedlung in Gewerbegebiete ist nicht gewollt. "Das wäre nicht zielführend, wenn wir eine wohnortnahe Nahversorgung aufrechterhalten wollen", so die Bürgermeisterin. Zudem würde es keine anderen Alternativflächen in der gewünschten Größe in zentraler Lage geben.

Sie befürchtet, dass beide Märkte sonst womöglich sich aus dem Ortsteil Neugersdorf zurückziehen würden. Die Stadt besitzt den Status als "Grundzentrum", dass bedeutet für sie, dass sie neben der Nahversorgung der Einwohner auch die Umlandversorgung mit absichern muss, erklärte sie.

Bürgerinitiative zählt Nachteile auf

Für Thomas Richter von der Bürgerinitiative, die sich extra für den Erhalt des Tanzsaales gegründet hatte, klingen die Aussagen der Stadt so, als ob schon alles entschieden wäre. Er appelliert trotzdem weiter, gemeinsam nach einem anderen Lösungsweg zu suchen. Und er zählt gleich mehrere Nachteile auf. So ist es für die Stadt ein Verlust eines ortsbildprägenden Saales. Er spricht die große Flächenversiegelung, Verkehrsprobleme, Umweltschädigung durch Lärm und Licht und eine mögliche Schädigung des lokalen Einzelhandels an.

Die Bürgerinitiative regt eine weitere Nutzung des Stadt'l-Saales an und könnte sich das Gelände des ehemaligen Sportplatzes gut als einen Ort der Begegnung vorstellen. Aber hier macht die Stadt deutlich, dass sie sich das nicht leisten kann. Das würde auf Kosten von Schulen, Kitas, Straßenbau und anderes gehen, hieß es.

Charlotte Deerberg, Teilhaberin vom Kaufhaus an der Spreequelle in Neugersdorf, berichtete, dass Aldi von ihnen allerdings schon mehr Platz zum Ausbauen am jetzigen Standort neben ihrem Kaufhaus angeboten worden war. "Sie haben sich aber anders entschieden", schilderte sie.

Was kostet es die Stadt?

Zu Wort meldete sich auch Brigitte Pätzold, die ganz in der Nähe in der Blumenstraße wohnt. Sie befürchtet eine größere Schadstoffbelastung durch steigenden Lkw- und Pkw-Verkehr. "Im Umfeld wohnen allerhand Einwohner", erzählte sie.

Auch Peter Troll hat ähnliche Bedenken. Und er wollte wissen, was das Projekt die Stadt selber kostet. Die Antwort musste ihm die Stadt noch schuldig bleiben.

Mehrere Anwohner, wie etwa Kati Markert, bemängelten, dass die Bürger erst spät über das Anliegen informiert wurden. Hierzu bemerkten aber auch Stadträte, dass ihre Sitzungen öffentlich sind und leider zu wenig von Bürgern besucht werden.

Große Bedenken hat auch Brigitte Kumpf. Als direkte Anwohnerin fühlt sie sich von den Plänen sehr in ihrer Lebensqualität eingeschränkt. Sie wünscht sich deshalb eine Vorortbegehung, die ihr die Bürgermeisterin zusagte.

Viele Gutachten notwendig

Das Projekt steht im Einklang mit dem Einzelhandelskonzept der Stadt, so Verena Hergenröder. Eigentümer des Areals ist Ernst Lieb. Er will das Gelände an die Edeka-Gruppe verkaufen, wenn die Neubaupläne genehmigt werden. Er sieht keine Chance mehr, das große Veranstaltungshaus wirtschaftlich zu betreiben.

Wird der Bebauungsplan für das Gebiet hinter Stadt Zittau umgesetzt, muss ein Verkehrs- und Erschließungskonzept erstellt werden. Aus Sicht der Stadt besteht dann zudem Handlungsbedarf, die Schulwegplanung zu überarbeiten. Es müsste geprüft werden, ob es auf sie Auswirkungen gibt. Notwendig ist ebenso ein Schallschutzgutachten für den neuen Geltungsbereich sowie die Entwässerung des Gebietes. Zur Sicherheit, sind für starke Regenfälle wahrscheinlich Retentionsflächen zu schaffen.

Am 29. März soll der Bebauungsplan Thema in der Sitzung des Stadtrates sein.

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