Neue Entlassungen bei MS Powertec

Die Mitarbeiter wollen dann lieber doch nichts sagen. Die meisten haben Familie, erklären sie. Sie brauchen den Job und klammern sich an den letzten Zipfel Hoffnung. Glücklich die, zu denen zu gehören, die in Zittau bleiben und weiter arbeiten können.
Beim Autozulieferer MS Powertec im Gewerbegebiet in der Weinau sitzt die Angst um die Arbeitsplätze tief, selbst bei denen, die ihre Kündigung schon in der Tasche haben. Auch Betriebsleiter Andreas Beckmann schweigt: "Kein Kommentar", antwortet er auf die Frage, was denn dran sei am Gerücht, dass der Firmenstandort in Zittau geschlossen werden soll.
Es wisse doch jeder, was los ist in der Automobilbranche, sagt Beckmann. Die Krise nach dem Dieselskandal, der politische Ruf nach Elektroantrieben und dann auch noch die Coronakrise - das werde in der Branche noch viele Arbeitsplätze kosten.
Uwe Garbe, Gewerkschaftssekretär bei der IG Metall in Ostsachsen, macht das Schweigen zornig. Schon als die Kündigungen im Herbst bekannt geworden seien, habe er am Standort in Zittau einen Betriebsrat gründen wollen. "Aber keiner der Kollegen wollte mitmachen", erzählt er. "Sie hatten einfach Angst."
Dabei hätten sie mit einem Betriebsrat viel mehr Stand zu verhandeln, ist Garbe überzeugt. Es könne doch nicht sein, dass die Mitarbeiter hier jahrelang weit unter Tarif und gerade so knapp überm Mindestlohn arbeiten, sagt er. "Und beim ersten Husten setzt man sie dann einfach auf die Straße." Uwe Garbe macht das sprachlos: "Es ist ja auch ein harter Schlag für die Region, wenn ein so ausgezeichneter Betrieb jetzt so einen Abgang hinlegt", sagt er.
"Zur Anpassung der Kapazitäten gezwungen"
Wie viele Arbeitsplätze dieser Abgang in Zittau jetzt kostet, das will auch die Sprecherin des Mutterkonzerns, der MS Powertrain-Gruppe mit Sitz im baden-württembergischen Trollingen, nicht sagen: Nur so viel lässt Jasmin Mey auf Anfrage der SZ wissen: Verursacht durch die "leidige Diesel-Diskussion" habe das Unternehmen bereits im letzten Jahr massive Umsatzeinbrüche zu verzeichnen gehabt.
Das habe das Unternehmen "zur Anpassung der Kapazitäten" gezwungen. Am Standort in Zittau hatte es bereits im vergangenen Herbst Kündigungen gegeben. Nach Informationen der SZ sollen rund 50 Mitarbeiter betroffen gewesen sein. Erste Maschinen waren in Zittau abgebaut und an den Stammsitz nach Trollingen gebracht worden.
Jetzt werden offenbar weitere Maschinen nach Baden-Württemberg geholt. Bereits zu Beginn der ersten Verlagerung sei das den Mitarbeitern bekannt gewesen, erklärt die Unternehmenssprecherin: "Die betroffenen Produkte wurden von uns kommuniziert." Jetzt handele es sich um den letzten Schritt, diese Pläne vollständig umzusetzen. Die zum Abbau vorgesehenen Anlagen, seien "länger als geplant und als Entgegenkommen in der Corona-Zeit am Standort Zittau verblieben".
Nach SZ-Informationen soll es sich um den Fertigungsbereich handeln, in dem Bauteile für Dieselmotoren hergestellt werden. Der Bereich, in dem Achsen gefertigt werden, soll demnach erhalten bleiben. Jasmin Mey bestätigt das. "Wir halten weiterhin daran fest, unseren Standort in Zittau auf rotationssymmetrische Teile zu fokussieren", teilt sie schriftlich mit.
Der Autozulieferer MS Powertec gehörte zu den Vorzeigeunternehmen in der Region. 2015 wurde der Betrieb zu "Zittaus Unternehmen des Jahres" gewählt. Bis zu 300 Arbeitsplätze sollten entstehen. Jetzt ist die Rede von einer kleinen Restmannschaft mit vielleicht 20 Mitarbeitern.