SZ + Zittau
Merken

Vor der OP halten sie oft als Letzte die Hand des Patienten

SZ stellt Menschen vor, die das Krankenhaus am Laufen halten. Heute: Die Operationstechnischen Assistenten. Sie reichen Arzt und Ärztin das Skalpell, müssen schnell und flexibel auf Unvorhersehbares reagieren.

Von Holger Gutte
 5 Min.
Teilen
Folgen
Die Operationstechnischen Assistentinnen Mara Bachmann (links) und Patricia Hohlfeld.
Die Operationstechnischen Assistentinnen Mara Bachmann (links) und Patricia Hohlfeld. © SZ/Holger Gutte

Was geht in einem Patienten vor, wenn er schon auf der Liege liegt und darauf zum OP-Saal gefahren wird? Ungewissheit, Angst, Sorgen. Mara Bachmann und Patricia Hohlfeld sind erst 22 beziehungsweise 21Jahre alt und kennen den Blick des Patienten, wenn er das gerade durchmacht und versuchen, ihm die Angst zu nehmen - zu beruhigen. Im Oktober werden die beiden ihre dreijährige Ausbildung beenden und sind dann Operationstechnische Assistentinnen.

Beide haben sich nach ihrem Abitur bewusst dafür entschieden und wollten nicht Krankenschwester werden. "Die manchmal schwere Arbeit in der Pflege ist nicht so mein Ding", gesteht Patricia Hohlfeld. Dennoch bekommen sie von Anatomie bis Pathologie eine umfangreiche grundmedizinische Ausbildung, schnuppern in ihrer Lehre auch mal in die Arbeit auf einigen Stationen und in der Notfallaufnahme rein. Und das alles brauchen sie. Denn im OP-Saal müssen sie mitdenken, vorausschauend arbeiten und flexibel sein, wenn plötzlich Unvorhersehbares eintritt und die OP anders als geplant verläuft. "Wenn man im OP einmal drin ist, will man dort weitermachen", sagt Mara Bachmann.

Die Operationstechnischen Assistentinnen Mara Bachmann (links) und Patricia Hohlfeld (rechts) im Gespräch mit Pflegedienstleiterin Martina Helle.
Die Operationstechnischen Assistentinnen Mara Bachmann (links) und Patricia Hohlfeld (rechts) im Gespräch mit Pflegedienstleiterin Martina Helle. © SZ/Holger Gutte

Die 22-Jährige und Patricia Hohlfeld bereiten aber nicht nur den OP-Saal vor, sie reichen dem Arzt bei der Operation dann auch die Instrumente, die er verlangt. In den Arztfilmen im Fernsehen sind sie zudem diejenigen, die dem Arzt oder der Ärztin die Stirn abtupfen, wenn er oder sie "Schweiß" sagt. Aber darüber kann Martina Helle nur schmunzeln. "Das kommt bei unseren gut klimatisierten Sälen heutzutage kaum noch vor", sagt die Pflegedienstleiterin.

Hautnah bei den OP's dabei zu sein, macht Mara Bachmann und Patricia Hohlfeld nichts aus. "Es wird irgendwie zur Routine", schildert Mara Bachmann. Ganz ohne Emotionen geht es manchmal aber auch nicht an ihnen vorüber. "Bei meinem ersten Kaiserschnitt standen mir schon ein paar Tränen in den Augen, als das Baby da war", sagt Patricia Hohlfeld. Und es gibt Fälle, wo das Schicksal des Patienten ihnen nahe geht - beispielsweise wenn eine gleichaltrige junge Frau mit Brustkrebs vor ihnen liegt. Dann lassen sie sich das zwar nicht anmerken, aber es beschäftigt die beiden im Nachhinein schon.

Beide Auszubildenden lieben ihren Beruf, den es in Deutschland erst seit 2012 gibt. Bis dato arbeiteten ausschließlich examinierte Pflegekräfte im OP. Die Arbeit ist abwechslungsreich. Die gesamte OP-Vorbereitung gehört dazu. Und das beinhaltet nicht nur das Zurechtlegen der benötigten OP-Instrumente. Es muss die Einsatzbereitschaft der Technik überprüft werden, ob alle Instrumente korrekt vorbereitet sind und all das, was das Ärzte-Team über die Instrumente hinaus braucht, auch bereitliegt.

Vier OP-Säle gibt es am Standort Zittau und drei in Ebersbach, die täglich vorbereitet werden müssen. Nach der OP ist für die Operationstechnischen Assistentinnen schon wieder vor der OP. Während eines Dienstes können schon mal bis zu sieben OP's anstehen. Je nachdem, ob sie für den sterilen oder unsterilen Dienst eingeteilt sind, gehört dazu immer auch das Abarbeiten von Checklisten. Tupfer zählen im OP ist genauso wichtig wie das nochmalige Gespräch mit dem Patienten unmittelbar vor der Operation.

"Wir fragen den Patienten sicherheitshalber zu 100 Prozent noch einmal alles ab, was er am Vortag eigentlich schon auf einer Liste ausgefüllt hat", erzählen die beiden Frauen. Ob er Allergien oder Implantate hat, zu Vorerkrankungen bis hin zu seinen Personalien. Und dazu gehört oft auch Mut zusprechen und Handhalten. Beide haben schon bei guten Bekannten erlebt, dass sie froh waren, vor dem Eingriff noch ein bekanntes Gesicht zu sehen.

Eine Operationstechnische Assistentin ist während der Ausbildung im OP aber nicht mit dem Ärzte-Team allein. Immer ist auch eine erfahrene Krankenschwester dabei. Mara Bachmann und Patricia Hohlfeld haben einen Ausbildungskatalog, auf dem alle Operationen stehen, die sie absolvieren müssen. Einige fehlen ihnen noch. Für die Operationen, die in Zittau oder Ebersbach nicht durchgeführt werden, wechseln sie auch mal in ein anderes Krankenhaus.

"Wir können diesen Beruf nur weiterempfehlen", sagen Mara Bachmann und Patricia Hohlfeld. Um Operationstechnische Assistentin zu werden, braucht man auch nicht unbedingt Abitur, obwohl die meisten in ihrer Ausbildungsklasse es schon haben. Und es ist nicht nur ein Beruf für Frauen. In den vier bisherigen Ausbildungsjahrgängen, die es im Klinikum Oberlausitzer Bergland gab, wechselten sich jedes Jahr kurioserweise immer zwei junge Damen mit zwei jungen Herren ab.

Theorie und praktische Ausbildung hält sich in etwa die Waage, wobei der praktische Teil im Laufe der Zeit überwiegt. Mara Bachmann und Patricia Hohlfeld finden das gut. Denn die Berufsschule ist im südbrandenburgischen Klettwitz bei Senftenberg. Die beiden würden nach ihrer Ausbildung gern im Zittauer oder Ebersbacher Krankenhaus arbeiten.

Die Chancen dafür stehen sehr gut. "Wir bilden den Beruf deswegen bei uns aus", sagt Pflegedienstleiterin Martina Helle.

Bisher sind in der Serie folgende Beiträge erschienen: "Die Frau von der Pforte" am 5. Januar, "Lakenwechsel mit digitaler Hightech" am 7. Januar, "Sie ist mehr als der grüne Daumen vom Krankenhaus" am 12. Januar sowie "Von der Glühbirne bis zum Stromausfall ist alles drin" am 20. Januar, "Begleitung auf dem letzten Weg" am 25. Januar, "Niemand sieht sie - obwohl sie so wichtig sind" am 27. Januar und "Pfleger, Seelsorger, Bürokraft - und manchmal Übersetzer" am 1. Februar, "Ich habe den schönsten Job der Welt" am 4. Februar, "Mit ganz viel Herz bei der Arbeit" am 8. Februar und "Der nette Typ hinter dem Tresen" am 11. Februar.

In der nächsten Folge werden die Mitarbeiter der Funktionsdiagnostik vorgestellt.