Telefonbetrüger scheitert an Oderwitzer Rentnerin

Es gibt einen Ort, an dem besonders Senioren mit das höchste Risiko haben, Opfer einer Straftat zu werden: am Telefon. Mit allerhand Maschen versuchen Gauner Geld abzuzocken. Seit Jahren erfolgreich ist der sogenannte "Enkeltrick". In jüngster Zeit hat eine abgewandelte Form dieses Tricks Konjunktur, die sogenannten "Schockanrufe". Dabei gaukelt ein vorgeblicher Polizist dem Angerufenen am Telefon vor, ein Kind oder Enkel habe einen schweren Unfall verursacht und brauche nun dringend eine hohe Summe Geld. In den letzten Tagen waren solche Betrüger auch im Südkreis aktiv - und teilweise erfolgreich. Doch bei Barbara Grunewald (79) aus Oderwitz blitzen sie ab. Und die Rentnerin hat sich vorgenommen: "Beim nächsten Anruf dieser Art sorge ich dafür, dass der Betrüger dingfest gemacht wird."
- Mehr Nachrichten aus Löbau und Umland sowie Zittau und Umland
Barbara Grunewald kann sich noch genau an den Nachmittag des 21. Januar erinnern, einen Freitag. "Ich stand in der Küche und habe gerade einen Kassler-Braten für das Familienessen am Sonnabend vorbereitet", erzählt sie. Gegen 16.30 Uhr klingelte das Telefon. "Da hat sich ein ,Hauptkommissar Ebermann' gemeldet", erzählt sie. Und der habe behauptet, dass ihre Enkeltochter einen schweren Unfall verursacht habe. "Er hat gesagt, es müsse eine Kaution gestellt werden und dass es damit ganz eilig sei", schildert die Seniorin. Doch sie hatte längst den Braten gerochen - und legte einfach auf.
Gauner erbeuten bundesweit etliche Millionen
Damit hat sie im Grunde alles richtig gemacht. Die Höhe der Beute, die solche Betrüger ergaunern, nimmt dabei immense Dimensionen an. Allein mit dem sogenannten "Falscher-Polizist-Trick" wurden 2021 bundesweit 100 Millionen Euro erbeutet. Bei diesem Trick behauptet der Anrufer, der Angerufene sei im Fokus einer Einbrecherbande. Zur Sicherheit solle man Bargeld und Wertsachen einem Polizisten übergeben, den man vorbeischicke. Barbara Grunewald kann nicht verstehen, wie man auf solche Tricks hereinfallen kann. "Es wird ja so oft auf diese Betrüger hingewiesen, in der Zeitung oder auch im Fernsehen. Und auch in der Familie sprechen wir darüber", sagt sie. Dennoch: Nur wenige Tage später las sie in der SZ von einer Frau aus Oderwitz, die den Betrügern nach so einem Schockanruf 15.000 Euro ausgehändigt hatte.
Mittlerweile reut es die Seniorin, dass sie sofort aufgelegt hat. "Ich hätte den ausreden lassen sollen, zum Schein einen Abholtermin vereinbaren und in der Zwischenzeit die Polizei anrufen", sagt sie. Dann wäre wahrscheinlich wenigstens einer aus der Bande gefasst worden. Dass sie mit ihrer Einschätzung völlig richtig lag, zeigte sich wenige Minuten nach dem Anruf. "Da ist nämlich meine Enkeltochter zu Besuch gekommen. Wir haben dann die Nummer zurückgerufen. Aber es kam eine Ansage, dass die Nummer nicht vergeben sei", sagt sie. Es handelte sich dabei um die französische Rufnummer "0033-951595914". Mittlerweile fälschen Betrüger aber auch Telefonnummern und erwecken so den Eindruck, tatsächlich etwa von der Polizei anzurufen.
Wie die Betrüger an Informationen kommen
Was Barbara Grunewald indes wundert: Der vorgebliche Polizist habe gezielt von ihrer Enkelin gesprochen und könne ja nicht wissen, ob sie überhaupt eine Enkelin habe. Auch die Oderwitzerin, bei der die Betrüger Erfolg gehabt hätten, sei gezielt auf ihren Sohn angesprochen worden. Haben die Betrüger sie etwa ausgekundschaftet? Auch wie die Betrüger überhaupt an ihre Nummer kamen, weiß sie nicht - auch wenn diese im Telefonbuch stehe, allerdings noch unter dem Namen ihres verstorbenen Mannes. Und genau so finden Täter die Nummern. Sie durchforsten Telefonbücher oder Datenbanken nach Vornamen, die darauf schließen lassen, dass es sich dabei um eine ältere Person handelt. Und das machen die Betrüger bundesweit Region für Region. "Meine Kinder und Enkel haben mir inzwischen auch geraten, meinen Telefonbucheintrag zu entfernen", sagt sie.
Die Polizei teilt auf SZ-Anfrage mit, in den letzten Tagen etwa von 30 Anrufen von Telefonbetrügern erfahren zu haben - darunter auch eben den einen erfolgreichen Fall in Oderwitz. Sie glaubt aber nicht, dass die anvisierten Opfer vorher ausbaldowert wurden. "Die Ermittlungen ergaben, dass die unbekannten Täter die Namen der Angehörigen im Vorfeld nicht kannten. Durch geschickte Gesprächsführung werden die Geschädigten „ausgefragt“ und es wird sofort auf die Nennung von irgendwelchen Namen reagiert", heißt es weiter. Die Täter seien rhetorisch so geschult, dass sie innerhalb von wenigen Sekunden auf die Antworten ihrer Opfer reagieren und diese für sich ausnutzen. "Auch uns ist aufgefallen, dass die Geschädigten der Meinung sind, dass sich die Täter im Vorfeld über die Familie informiert haben. Dies konnte jedoch nicht bestätigt werden. Auch andere Dienststellen haben davon nicht berichtet", informiert die Polizei weiter. Es bestehe jedoch die Möglichkeit, Angaben von Angehörigen aus vorhandenen Telefonbucheintragungen oder aus dem Internet zu recherchieren.