Wenn ein Kommunalpolitiker acht, neun Stunden Fahrt auf sich nimmt, um ins Fernsehen zu kommen, dann muss es schon einen besonderen Grund dafür geben. Die in Köln vom WDR produzierte Ausgabe des Morgenmagazins hatte bei Thomas Zenker (Zkm) angefragt, ob er sich vor der Landtagswahl am 1. September zur Lage im Freistaat Sachsen äußern würde - natürlich speziell im Hinblick auf die Stadt, in der er Oberbürgermeister ist.
Restlos begeistert war der Rathauschef offenbar darüber nicht. "Sehr unpassende Zeit und lange Fahrt", monierte er. Trotzdem setzte er sich ins Auto. Den Grund dafür ließ er bei Facebook wissen: "Weil ich es satthabe, in den Chor der Jammerer mit einzustimmen und weil die große ZDF-Reportage 'Hart an der Grenze' unser Zittau und seine Menschen gut in den Fokus gerückt hat," habe er die Fahrt "gerne in Kauf genommen".
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Woher die Unzufriedenheit der Menschen komme, wollte Moderator Sven Lorig wissen. Laut Zenker müsse man erkennen, woher man komme und welche Erwartungen bedient werden sollten. Die Kritik der Bürger sei richtig, dass mehr in den Gemeinden passieren müsse, es also wichtig sei, sie finanziell auskömmlicher auszustatten. "Das ist ein Streit, den auch Zittau mit dem Freistaat führt", so der OB. Der Landkreis Görlitz habe Finanzprobleme, vielen anderen Kreisen in Sachsen stünden diese Schwierigkeiten noch bevor. "Davor haben die Leute Angst", bestätigte Zenker. "Zu Recht." Denn so seien wichtige Infrastrukturen in den Städten und Gemeinden in ihrem Bestand gefährdet.
Allerdings machte er auch die Gegenrechnung auf. Zittau verfüge über eine Infrastruktur für 50.000 bis 60.000 Einwohner, die es - die jetzigen Ortsteile eingerechnet - vor der Wende in etwa gab. Ein Missverhältnis, das man auflösen müsse. Eine Verbesserung - und damit der Erhalt gefährdeter Einrichtungen - sei aber nur durch mehr Einwohner zu erreichen.
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Dies führte Moderator Lorig zu der Frage, warum die Menschen im Freistaat so skeptisch gegenüber Zuwanderern aus dem Ausland seien. Das Thema, so Zenker, werde "von bestimmten Parteien" geschürt. Aus - seiner Meinung nach - kulturellen und religiösen Gründen. Er könne die negative Einstellung nicht verstehen. "Hier in Zittau haben sich die Menschen für die Ukrainehilfe stark engagiert, jetzt ist die Sache leider in eine Diskussion um den Krieg abgerutscht." Auch in der Flüchtlingswelle 2015/16 habe vieles sehr gut funktioniert. "Die Ängste der Leute kann ich bei uns deshalb nicht nachvollziehen."
Wenn dies aber dazu führe, dass Kräfte wie die AfD nach der Wahl das Sagen hätten, dann könne das durchaus zu Veränderungen führen. Und Zenker machte dies an einem Beispiel deutlich - dem Kulturraumgesetz. Wegen höherer Löhne und Tarifsteigerungen in den verschiedenen Einrichtungen reiche der Zuschuss des Freistaates nicht mehr aus. Schon jetzt müssten Kommunen wie Zittau erheblich mitfinanzieren.
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"Wenn in kommunalen Ämtern, bis hin zu den Landkreisen, entsprechende Leute nach der Landtagswahl Verantwortung übernähmen und vom Land die Mittel nicht mehr kämen, dann hat das sehr wohl Einfluss auf die Kultur." Die Menschen sollten deshalb genau hinsehen, wem sie ihre Stimme geben. "Ich hoffe, dass die Bürger das bedenken."