Oberbergamt: Zittau sinkt wirklich

Es sind alarmierende Zahlen, die eine neue wissenschaftliche Studie vor Kurzem öffentlich gemacht hat: Darin hat der bekannte deutsche Hydrogeologe Ralf Krupp im Auftrag der tschechischen Frank Bold Stiftung und der Umweltorganisation Greenpeace untersucht, wie sich eine Erweiterung des polnischen Tagebaus Turow auf die Nachbarländer auswirken könnten.
In seiner Studie kommt der Wissenschaftler zu dem Schluss, dass die Auswirkungen der Tagebau-Erweiterung auf die deutsche Seite - und vor allem auch auf die Stadt Zittau - wesentlich größer sind als bisher bekannt.
Demnach würden die weiter andauernden Bergbauarbeiten erhebliche Risiken für die Stadt Zittau und die umliegenden Ortschaften mit sich bringen. Neben einer prognostizierten Grundwasserabsenkung um bis zu 20 Meter seien das vor allem langwierige Belastungen mit sauren Grubenwässern und Bodensenkungen im Zittauer Stadtgebiet - im schlimmsten Fall könnte es sogar einen Durchbruch der Neiße in das Tagebaugebiet geben.
Nach Krupps Annahmen könnte sich der Boden in Zittaus Innenstadt um 36 bis sogar 72 Zentimeter senken, wenn der polnische Tagebau wie bisher vom Betreiber geplant bis zum Jahr 2044 weiterbetrieben wird und dann eine Tiefe erreicht hätte, die unter dem Niveau des Meeresspiegels läge. Schwere Schäden an Gebäuden seien dann nicht auszuschließen.
Boden senkt sich jährlich um bis zu zehn Millimeter
Zittaus Oberbürgermeister Thomas Zenker (Zkm) hatte nach der Veröffentlichung der Studie die Fachleute auf deutscher Seite dringend zum Handeln aufgefordert: Entweder die Ergebnisse könnten widerlegt, oder die polnischen Pläne müssten gestoppt werden.
Beim Sächsischen Oberbergamt in Freiberg aber, der Fachbehörde, die im Auftrag der Landesregierung an dem Anhörungsverfahren zu den polnischen Plänen beteiligt ist, will man die Studie nicht kommentieren. "Eigene Abschätzungen zu den Auswirkungen weiterer Setzungen im Zuge einer Tagebauerweiterung sind nicht Aufgabe einer beteiligten Behörde", so erklärt es Oberbergamts-Leiter Bernhard Cramer.
Aber die Experten aus Freiberg sehen zumindest die bisherigen Auswirkungen des nahen Tagebaus: Das Oberbergamt führt seit dem Jahr 2000 aller vier Jahre Höhenmessungen im Stadtgebiet von Zittau durch. Dabei ist festgestellt worden, dass sich der Boden südlich des Stadtzentrum jedes Jahr um bis zu zehn Millimeter senkt. So beträgt die Bodensenkung am Zittauer Külzufer inzwischen 13 Zentimeter, am nördlichen Stadtring ist der Boden seit 2000 um vier Zentimeter gesunken, in der Sachsenstraße um fünf Zentimeter.
"Charakteristisch für Bodenbewegungen bei Grundwasserentzug ist der flache Senkungstrog", sagt der Oberberghauptmann und erklärt, dass das "im allgemeinen nicht zu Schäden an Gebäuden führt". Ungeachtet dessen könnten aber "Gebäudeschäden im Einzelfall nicht gänzlich ausgeschlossen werden". In der Vergangenheit seien dem Oberbergamt aber keine derartigen Schäden in Zittau bekannt geworden, die sich "eindeutig auf die Einwirkungen des Grundwasserentzugs zurückführen" ließen.
Eine abschließende Bewertung und Stellungnahme zu den polnischen Tagebau-Erweiterungsplänen hat das Oberbergamt noch nicht abgegeben. Dafür würden noch wichtige Unterlagen aus Polen fehlen. „Auf Grundlage der bisher vorgelegten Unterlagen ist uns das nicht möglich", so der Amtsleiter. Die polnische Seite habe bis jetzt nicht sichergestellt, "dass gemeinschädliche Einwirkungen durch das Vorhaben auf das Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland ausgeschlossen sind", heißt es in der Begründung.
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