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ZiFru: Das vierte Leben

Ob es in Zittau bald wieder nach Zwiebeln riecht? Die Zerschlagung des Trockenfrüchte-Produzenten ist verhindert worden. Er legt als ZiFood GmbH wieder los.

Von Thomas Mielke
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German und Sven Völpel (rechts) sind die Eigentümer der ZiFood GmbH.
German und Sven Völpel (rechts) sind die Eigentümer der ZiFood GmbH. © Matthias Weber/photoweber.de

German und Sven Völpel haben erst am Dienstag wieder Einstellungsgespräche geführt. Die beiden Besitzer der Völpel GmbH & Co. KG aus Königsmoos bei Ingolstadt haben schon fast die ganze zum Schluss bei der ZiFru Trockenprodukte GmbH an der Herwigsdorfer Straße in Zittau beschäftigte Mannschaft zurückgeholt.

Die Brüder haben die Zerschlagung des einstigen wirtschaftlichen Hoffnungsträgers, der mit innovativer Technik 1998 gestartet war und sich eine Mitarbeiterzahl von 150 vorgenommen hatte, verhindert. Ihre vom Großvater gegründete Firma in Bayern trocknet dutzende verschiedener Pflanzen mit Schwerpunkt Kräuter und veredelt sie. Vor allem für namhafte Großkunden quer durch das gesamte Lebensmittelangebot. Endprodukte für Kunden stellt sie nicht her, deshalb ist der Firmenname kaum bekannt. Über 70 Jahre ist das Familienunternehmen in dem Bereich bereits aktiv. Schon vorher war die Familie laut Sven Völpel, eigenen Angaben zufolge ehemals jüngster Professor der Welt mit Lehrauftrag in Hamburg und erfolgreicher Buch-Autor, weit über Königsmoos hinaus für ihre Kräuterkunde bekannt.

ZiFru kannte die Familie Völpel von gegenseitigen Firmenbesuchen vor vielen Jahren. Das erste Mal hatte sie Ende der 90er Jahre einen Abstecher von einem Ausflug nach Jelenia Góra (Hirschberg/Polen) im Riesengebirge, in dem Vater Völpel geboren wurde, nach Zittau gemacht. Später verlor sich der Kontakt wieder. Von der Insolvenz vor rund 15 Jahren, dem Neustart 2009, der Übernahme durch ein Schweizer Unternehmen 2017 und der Stilllegung im Mai vergangenen Jahres haben sie nichts mitbekommen. Erst ein Hinweis des Auktionshauses, das ZiFru-Maschinen versteigern sollte, machte sie auf das Schicksal des Zittauer Konkurrenten aufmerksam. Im Dezember ist German Völpel, Geschäftsführer der Firma in Königsmoos und ihrer neuen 100-prozentigen Tochter in Zittau, wieder ans andere Ende der Republik gefahren, um sich vor Ort zu informieren.

Das war mitten in der zweiten Welle der Corona-Krise - die dem Familienunternehmen mit reichlich 60 Mitarbeitern und mehr als acht Millionen Euro Jahresumsatz zusätzliche Aufträge bescherte. Weil mehr Menschen zu Hause waren und gekocht haben, vermutet German Völpel. "Wir waren am Limit". Deshalb haben er und sein Bruder zu diesem Zeitpunkt über eine Erweiterung des Unternehmens nachgedacht. Die Zittauer Maschinen passen gut zu diesen Plänen. Als er dann an der Herwigsdorfer Straße stand, ist German Völpel klar geworden, dass es nicht nur um Maschinen, sondern um eine ganze Firma geht. Da die beiden Unternehmer sehr auf ökologische Nachhaltigkeit achten, hat er sich gefragt, ob das Umsetzen einer ganzen Firma nach Königsmoos sinnvoll ist. "Nein, es ist Irrsinn", bilanziert er gegenüber der SZ. Zumal es in Zittau Facharbeiter gibt, die gern wieder in der Firma arbeiten würden. Und die Region strukturschwach sei und jeder Betrieb, der schließt oder abgezogen wird, fehle, sagt Sven Völpel.

Also haben die Brüder versucht, das Verfahren zu stoppen, haben mitgeboten, zurückgekauft, was zurückzukaufen ging. Zum Teil hochwertige Maschinen vom Schrotthändler, wie sie sagen. Nicht alles bekamen sie. Über den Rest inklusive der Immobilie an der Herwigsdorfer Straße verständigten sie sich mit dem Liquidator, gaben ein Gesamtangebot ab und setzten sich gegen plötzlich aufgetauchten Mitbieter durch. Wahrscheinlich wegen ihres Konzepts, dass nahtlos an die ZiFru-Tradition anknüpfte, und weil die anderen Bieter nicht aus der Branche kamen, so die Brüder. Über die Höhe der Investition wollen sie nicht sprechen.

Ein erster Test des Maschinenparks im März mit Mitarbeitern aus Bayern verlief vielversprechend. Seit dem werden die Produktionsanlagen an der Herwigsdorfer Straße wieder aufgebaut, ergänzt und vorbereitet. "Am 1. September wollen wir starten", sagt German Völpel. Die Grundmannschaft aus 15 Mitarbeitern ist an Bord. Der ehemalige Betriebsleiter hat sich breitschlagen lassen, noch mal ein Jahr die Verantwortung zu übernehmen. Dann geht er endgültig in den Ruhestand. Für ihn wird ein Nachfolger gebraucht. Auch Elektroniker, Mechatroniker und Kesselwärter werden gesucht.

Ab September soll ZiFood im Drei-Schicht-System loslegen. Zum Start werden zwei Monate lang Äpfel getrocknet. Danach sind voraussichtlich Karotten dran. Und Zwiebeln? ZiFru war dafür berüchtigt, dass die halbe Stadt nach Zwiebeln stank, wenn diese getrocknet wurden. "In diesem Umfang wie damals werden wir keine Zwiebeln mehr trocken", sagt German Völpel.

Ab September wird es also erstmal nach Äpfeln riechen. Und immer mal wieder, weil die Apfeltrocknung komplett von Bayern nach Sachsen umgezogen ist. Mittelfristig wollen Völpels wie in Königsmoos verschiedene Pflanzen mit Schwerpunkt Kräuter trocknen und veredeln. Wie in Bayern würden sie dafür gern Früchte regionaler Bauern, die sie von der Auswahl des Saatgutes bis zur Anlieferung begleiten, verwenden.