Hat das Kloster St. Marienthal eine Zukunft?

Die Münchner "Tatort"-Kommissare Batic und Leitmayr ermittelten bei ihrem jüngsten Fall im Kloster, wo der Tod einer Schwester vertuscht wurde, damit deren Anzahl nicht unter die kritische Zahl von sieben rutscht. Für dieses Geheimnis starb ein Wirtschaftsprüfer - ermordet von einer Nonne.
Hanebüchen sei die Geschichte, findet die Marienthaler Äbtissin Elisabeth Vaterodt. Die Mutter Oberin gehört zu den über neun Millionen Zuschauern, die den TV-Krimi sahen. "Das gibt es in der Realität nicht", meint die Klostervorsteherin. Auch sie musste in ihrer fast sechsjährigen Amtszeit fünf Mitschwestern zu Grabe tragen. Zuletzt starb Schwester Immaculata am 8. Dezember mit 98 Jahren.
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Anders als die Nonnen im TV-Krimi berichtet die Marienthaler Äbtissin offen über den Verlust ihrer Mitschwestern. Waren die Verstorbenen doch auch außerhalb des Klosters bekannt. Dabei nähert sich der Marienthaler Konvent ebenfalls einer kritischen Grenze. Die legte der Vatikan vor zwei Jahren auf fünf Ordensfrauen fest. Wird diese Anzahl unterschritten, verliert ein Kloster das Recht, eine eigene Äbtissin zu wählen.
Als Automatismus versteht Äbtissin Elisabeth Vaterodt das aber nicht. Der Vatikan müsse in jedem Einzelfall über die Zukunft der jeweiligen Gemeinschaft entscheiden.
Ein solcher Beschluss zum Kloster St. Marienthal steht momentan nicht an - der Konvent zählt ohne die beiden im Vorjahr verstorbenen Schwestern nun acht Zisterzienserinnen, darunter zwei Ordensfrauen, die über 80 sind.
In Resignation verfällt die Mutter Oberin deshalb aber nicht. Gott werde dafür sorgen, dass das Kloster an der Neiße erhalten bleibe, ist sie fest überzeugt.
Junge Frauen interessieren sich für Ordensleben
Und die jüngste Entwicklung gibt diesem Glauben Hoffnung: Anfang August begann eine junge Frau ein Freiwilliges Ordensjahr (FOJ) in Marienthal. Das FOJ bietet die Möglichkeit, drei bis zwölf Monate in einer Ordensgemeinschaft mitzuleben, mitzuarbeiten und mitzulernen. Eine solche Zeit kann der Berufungsfindung dienen.
Die 35-Jährige war vor dem Beginn des FOJ im Juni einige Wochen zur Probe bei den Zisterzienserinnen. "Sie hat sich sehr gut eingelebt, Aufgaben übernommen und ist mit Eifer beim Chorgebet dabei", berichtet Äbtissin Elisabeth Vaterodt. Deshalb hat die Mutter Oberin keine Sorge, dass die junge Frau, die aus Offenbach stammt, ihren Aufenthalt womöglich vorzeitig abbricht.
Eine 51-jährige Frau, die im Februar 2021 das Freiwillige Ordensjahr begonnen hatte, verließ das Kloster dagegen wieder. Einige Zeit vorher hatte sie um Aufnahme in den Orden gebeten, weil sie sich berufen fühlte. So war sie ab Juni Kandidatin - die erste in der Zeit von Äbtissin Elisabeth Vaterodt.
Sich an die Struktur und die Regeln im Konvent zu gewöhnen, fiel ihr aber doch zu schwer. Und so kehrte sie dem Kloster den Rücken. "Wenn man länger bei uns lebt, ist das was anderes als wenn man mal zwei Wochen da ist", weiß die Mutter Oberin.
Erst Kandidatin, dann Novizin
Ob die 35-Jährige, die derzeit im Kloster lebt, auch in den Orden eintritt, muss sie für sich noch entscheiden. Die Marienthaler Nonnen sind zumindest offen für eine Aufnahme. Entscheidet sie sich für ein Klosterleben, ist sie zuerst ein Jahr Kandidatin. Äbtissin Elisabeth Vaterodt hält es für wichtig, wenn beide Seiten - angehende Nonne und Kloster - prüfen, ob sie zusammenpassen. Der Phase als Kandidatin folgt ein zweijähriges Noviziat, sie erhält ihren Schwesternnamen und wird eingekleidet.
Anschließend legt die Novizin das Ordensgelübde ab, kann aber in den folgenden drei Jahren immer noch das Kloster verlassen. Erst danach gehört sie fest dem Konvent an, ein Austritt ist dann kaum noch möglich.
Diesen Prozess ändern die Zisterzienser nicht - auch wenn es in vielen Klöstern Nachwuchssorgen gibt. Sich für ein Ordensleben zu entscheiden, sei ein radikaler Entschluss, meint Äbtissin Elisabeth Vaterodt, die 1985 in die Marienthaler Abtei eingetreten ist. Seit ihrem Eintritt vor über 35 Jahren änderte sich einiges. Frauen entscheiden sich heutzutage oft auch erst im gesetzteren Alter für ein Klosterleben. Die Marienthaler Nonnen haben das in den vergangenen Jahren selbst erfahren.
Wird der Konvent wieder größer?
Unabhängig davon könnte sich der Konvent in den nächsten Monaten vergrößern, wie die Mutter Oberin andeutet. 2022 entscheidet sich, ob Schwester Mechtild im Kloster St. Marienthal bleibt. Sie gehört derzeit noch dem Kloster Helfta an, lebt aber seit 2019 in der Abtei an der Neiße. Sie beantragte die Übertragung der Stabilitas, der dauerhaften Bindung an ein bestimmtes Kloster.
Schwester Mechtild hat auch die Kurse „Ora et labora“ und „Beten mit den Psalmen“ vorbereitet und geleitet, die sehr gut angenommen wurden - von jüngeren und älteren Menschen.
Nach drei Jahren kehrt Schwester Ursula, die von Generalabt Maurus Lepori nach Helfta geschickt wurde, nach Marienthal zurück. Sie gehörte auch während ihrer Abwesenheit dem hiesigen Konvent an.
Zudem rechnet die Äbtissin in diesem Jahr mit einer "Rückkehrerin", will darüber aber jetzt noch nicht mehr verraten.