Von Elke Schmidt
Die Fleischerbastei ist eines der markantesten Gebäude am Zittauer Stadtring. Sie war wahrscheinlich der Teil der Stadtbefestigung, den die in der Nähe ansässige Zunft der Fleischer bei einem feindlichen Angriff zu verteidigen hatte. Zittau hatte damals eine geschlossene Befestigungsanlage. Deren Umfang hatte König Ottokar II. im Jahr 1255 durch einen Umritt bestimmt. Kaum ist der König wieder weg, beginnen die Zittauer mit dem Bau einer Stadtmauer. Zunächst eine zehn Meter hohe mit mehreren Türmen und Gräben davor. Knapp 300 Jahre später wird diese Anlage durch eine kleinere innere Mauer ergänzt.
Zittau früher und heute
Das ist nur ein Detail aus dem Vortrag „Der Zittauer Ring als städtisches Ensemble im Wandel der Zeit“ von Hochschulprofessor Jos Tomlow im Dormitorium des Franziskanerklosters am Mittwoch. Eingeladen hatten die Städtischen Museen Zittau und es sind so viele Gäste gekommen, dass etliche zusätzliche Stühle geholt werden mussten. Sie hören einen interessanten Vortrag, der Spannendes zutage brachte.
Ab 1800 wird die doppelte Befestigungsmauer zugunsten der Anlage einer Ringstraße abgerissen, weil sie gegen die modernen Angreifer nicht mehr viel ausrichten konnte. Der damalige Bürgermeister Ernst Friedrich Haupt ist ein Fan von Goethe und will unbedingt eine Gartenanlage nach dessen Ideen. Der große Dichter war auch als Gartengestalter aktiv und gestaltete seine Entwürfe seinerseits nach einem neuen englischen Gartenstil: dem Landschaftsgarten. So kommt es, dass 1827 mit Joachim Friedrich Zieschling ein ehemaliger Geselle von Goethe nach Zittau geholt wurde, der die Anlagen um den Ring maßgeblich beeinflusst.
Eine Besonderheit von Zittau ist auch, dass die Ringanlagen nicht in einem Stück geplant und umgesetzt wurden, sondern über eine lange Zeit Stück für Stück von insgesamt 14 Baumeistern. Sie alle wurden übrigens an der königlich-sächsischen Baugewerke- und Gewerbeschule, die ebenfalls am Ring steht, ausgebildet. Dabei sei es faszinierend, dass sich die Planer nicht gegenseitig bekämpfen, sondern jeweils die Arbeiten von ihren Vorgängern übernehmen und in deren Sinn fortführen, sagt Jos Tomlow. Es gibt auch schon damals erste denkmalschützerische Überlegungen. Die Stadtplaner wollen die torlosen Stadtmauertürme gerne erhalten und überlegen, was man daraus machen könnte. Als Ergebnis wird zum Beispiel der Speyvielturm ins Stadtbad integriert.
Planer Carl-August Schramm will ebenso das innere Frauentor erhalten. Aber Bürgermeister Ludwig Haberkorn ist dagegen. Das Tor ist kompliziert gebaut und verwinkelt, damit der Feind nicht durchstoßen kann. Es gibt also zahllose Klagen der Bürger, die den für den Verkehr lästigen Bau weghaben wollen. Zudem gab es dadurch Staus. Schließlich inszenierte man einen fingierten Unfall. Ein übervoll geladener Karren fuhr durch das Tor und blieb prompt stecken. Das wurde zum Anlass genommen, das Tor doch abzureißen.
Jos Towlow erzählt noch viele solcher Geschichten, unter anderem auch die vom ersten Zittauer Theaterstreit von 1934. Dessen Architekt Alfred Hopp wurde ausgetrickst. Er machte zwar die Entwürfe, wurde dafür aber nicht bezahlt. Erich Hempel aus Dresden hatte ihn beauftragt mitzuwirken. Er bittet darauf sein Chef, dass man ihn als Mitarchitekten nennen soll und dass er auch ein Teil der Einnahmen extra verdiene. Der lehnt das aber ab. Letztendlich landet die Sache im Bauamt Zittau, wo man eine Lösung findet. Hempel bekommt eine Abfindung, muss aber mit den Zeichnungen gehen. Hopp bekommt den Auftrag, einen neuen Entwurf zu liefern.