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Trauer um Leipziger Minifant

Nach acht Monaten ohne Unterstützung der Mutter starb Elefantenjunge Bên Lòng – er musste wegen akuter Schwäche eingeschläfert werden.

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Im April war der kleine Elefantenbulle noch wohlauf.
Im April war der kleine Elefantenbulle noch wohlauf. © Hendrik Schmidt/dpa

Von Sven Heitkamp

Leipzig. Er hat es nicht geschafft: Der Elefantenjunge Bên Lòng, der den Leipziger Zoo seit mehr als einem halben Jahr in Atem hielt, ist am Montagvormittag eingeschläfert worden. Sein Gesundheitszustand hatte sich in den vergangenen Tagen immer weiter verschlechtert. Das kleine Kalb wurde zunehmend schwächer und konnte Montagfrüh trotz medizinischer Unterstützung sowie der Hilfe seiner Ziehmutter Don Chung und die Pfleger nicht mehr aufstehen.

„Wir haben alles Erdenkliche getan, um ihn zu stabilisieren und noch bis zum Schluss gehofft, dass er es schafft“, sagte Zoodirektor Jörg Junhold am Mittag. „Aber unsere Mittel waren angesichts der Laborwerte begrenzt.“ Am Vormittag habe der Zoo die „unsagbar schwere Entscheidung treffen müssen und Bên Lòng erlöst. Die neu formierte Herde mit den Elefanten-Tanten Don Chung und Rani, die die Betreuung des Jungtieres übernommen hatte, konnte anschließend noch Abschied von Bên Lòng nehmen. Es herrsche große Trauer im Zoo.

Der Minifant war Ende Januar im Leipziger Zoo auf die Welt gekommen. Er wurde aber von seiner Mutter Hoa nicht angenommen und bekam von der 33 Jahre alten Elefantenkuh kaum Muttermilch und keinerlei Zuwendung. Stattdessen hatten sich ein ganzer Stab von Pflegern und Experten sowie die beiden Elefanten-Kühe Don Chung und Rani mit Ersatznahrung und viel Pflege rund um die Uhr um das Jungtier gekümmert. Die zunächst gute Entwicklung des kleinen Bullen wurde stets medizinisch begleitet. Wegen der besonderen Ernährung ohne Muttermilch wurden auch die klinischen Werte kontinuierlich überwacht. Daher fielen auch die jüngsten medizinischen Veränderungen sofort auf.

Ersatzmutter Don Chung hat sich um den von seiner leiblichen Mutter verstoßenen Bullen gekümmert.
Ersatzmutter Don Chung hat sich um den von seiner leiblichen Mutter verstoßenen Bullen gekümmert. © Jan Woitas/dpa

Im Juni erhielt der Minifant bei seiner Taufe mit Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) den Namen Bên Lòng, was für „Durchhalten trotz Widrigkeiten“ steht. An der Namensabstimmung für den Publikumsliebling mit den braunen Knopfaugen und dem strubbeligen Haar hatten sich mehr als 13.000 Elefanten-Fans beteiligt. Auch seine ersten Gänge ins Freigehege des Zoos bei strahlendem Sonnenschein wurden mit einem großen Medienandrang verfolgt.

Schon seit einer Woche musste das Jungtier jedoch intensiv medizinisch betreut werden. Seine Leberwerte waren kritisch geworden, außerdem nahm er zu wenig Nahrung auf. Die Mediziner des Zoos zogen sogar Unterstützung von der Uni-Kinderklinik und vom Zentrallabor der Universität Leipzig hinzu, um die Laborwerte zu verbessern. „Wir sind wissenschaftlich neue Wege gegangen und haben auch mit externer Unterstützung die Möglichkeiten ausgeschöpft“, sagte Zootierarzt Andreas Bernhard. „Am Ende blieb der intensive Kampf leider ohne den erhofften Erfolg.“ Das Zoo-Team bat zugleich die Besucher um Verständnis, dass das Elefantenhaus am Montag geschlossen blieb.

Mutter-Kuh Hoa, die seit 1987 in Leipzig lebt, hatte zuvor schon zwei Nachkommen verstoßen, beide waren ebenfalls gestorben. Mittlerweile ist indes die neunjährige Elefanten-Tante Rani selbst schwanger. Im Frühjahr 2020 wird mit der Geburt ihres ersten Babys gerechnet. Dass sie sich lange Zeit um den einsamen Minifanten gekümmert hatte, wird von den Fachleuten als gute Schule für den künftigen Umgang mit dem eigenen Kind gewertet.

Der Oberbürgermeister von Leipzig und der Zoodirektor taufen den kleinen Elefantenbullen im Leipziger Zoo am 3. Juni mit Kokosmilch auf den Namen Bên Lòng.
Der Oberbürgermeister von Leipzig und der Zoodirektor taufen den kleinen Elefantenbullen im Leipziger Zoo am 3. Juni mit Kokosmilch auf den Namen Bên Lòng. © Jan Woitas/dpa