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Zschille hat Buchstaben zurück

Die Grabstelle eines der bekanntesten Großenhainer war zugewachsen und kaputt. Jetzt kann man hier wieder was lernen.

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© Anne Hübschmann

Von Kathrin Krüger-Mlaouhia

Großenhain. Kunstsammler Louis Richard Zschille war zugewachsen. Der Rhododendron links und rechts von seinem Grabmal hatte so gewuchert, dass der Name des berühmten Großenhainer Kunstsammlers fast nicht mehr zu sehen war. „Außerdem“, so erzählt Friedhofsleiter Stefan Ullmann, „war seine Grabtafel geplatzt, die ersten beiden Buchstaben Z und S fehlten.“ Und das in der so genannten „guten Stube“ des Friedhofs! Man weiß zwar, dass der berühmte Tuchfabrikant sich 1903 aus finanziellen Gründen das Leben nahm und damals noch außerhalb der Friedhofsmauer beerdigt wurde. Doch nun liegt er in dem Teil am Mülbitzer Eingangstor, der manches berühmte Familiegrab beherbergt – so auch die Druckereibesitzer Plasnik/Starke.

Die Friedhofsverwaltung entschloss sich deshalb, das Zschille-Grab wieder auf Vordermann zu bringen. Der Rhododendron wurde zurückgeschnitten, das Grab im Sommer neu bepflanzt. Für die fehlenden Buchstaben fand sich ein Spender: Steinsetzmeister Andreas Witschel von der Meißner Straße. „Denn solche alten Grabbuchstaben werden nicht mehr hergestellt und sind schwer zu beschaffen“, sagt Friedhofsleiter Ullmann.

Auf eigene Kosten restauriert

Andreas Witschel aber hat sie auf Bitten Ullmanns besorgt, und auch die gebrochene Platte auf seine Kosten ersetzt. Dafür ist nicht nur die Friedhofsverwaltung dankbar, sondern auch patriotisch eingestellte Großenhainer wie Friedrich Saalbach, die die Erinnerung besonders an die bekannten Toten hochhalten. Denn schließlich wird die Begräbnisstätte gern auch von ehemaligen Einwohnern und interessierten Gästen besucht. Und die sollen den berühmten Zschille doch finden können. Steinmetz- und Bildhauermeister Andreas Witschel erklärt, dass die beiden Buchstaben neu gegossen werden mussten. Mit der Arbeitsleistung zusammen wären etwa 200 Euro zusammengekommen. „Die wollten wir dem Friedhof aber nicht in Rechnung stellen, sondern haben sie für eine gute Sache gesponsort“, so Witschel.

Richard Zschille, verheiratet mit der Industriellentochter Ida Hartmann, die 1933 verstarb, war als Tuchfabrikant und Teilhaber der Firma Gebrüder Zschille ein superreicher Mann. Den Zschilles gehörte eine der größten Tuchfabriken der Stadt, die am Katharinenplatz. Louis Richard Zschille war darüber hinaus be0kannt geworden durch eine bedeutende Sammlung von Kunstschätzen. Die bewahrte er in der Zschille-Villa an der Mozartallee auf. Die kunsthistorischen Gegenstände erwarb er im In- und Ausland, zeigte sie auch dort. Doch durch Finanzmanipulationen seiner Verwandten verlor Zschille sein Vermögen, Sammlung und Bibliothek kamen unter den Hammer. Sein Haus wurde verkauft.

Es gibt noch einen Großneffen

Es gibt noch Zschille-Nachfahren, so Dr. Rainer von Oheimb aus Darmstadt. Doch um das Zschille-Grab kümmert sich – wie um andere historische Grabanlagen auch – der Friedhof. „Ja, der Großneffe von Richard Zschille hat sich mal bei uns nach seinem Urahnen erkundigt“, sagt Steffen Ullmann. Mehr aber nicht. Die Stadt kann dennoch glücklich sein, Zschilles Grabmal mit der großen steinernen Vase zu beherbergen. Denn gestorben ist der Kunstsammler eigentlich in Dresden-Klotzsche.