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Zu Besuch im olympischen Dorf

Wer den Sport und seine Protagonisten mag, ist hier genau richtig. Willkommen im Zuhause von über 10 000 Olympioniken.

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© Tino Meyer

Tino Meyer

Jetzt habe ich’s doch noch ins Olympische Dorf geschafft, wenn auch nicht als Athlet. Können schließlich nicht alle Träume in Erfüllung gehen. Dabei würde ich mir den Marathon doch zutrauen, also die ersten Kilometer an diesem Sonntag als Hase für die Hahners. Stattdessen bin ich als Journalist da - und mit den Zwillingen vorher im Dorf verabredet.

Das ist auch nicht schlecht. Ach was, das ist super spannend, aufregend - selbst wenn man keinen Namen mehr, sondern nur noch eine Zahl trägt. Anstelle der Akkreditierung gibt es nach der Sicherheitsschleuse eine Registriernummer. Ich bin 006 - und könnte mich ewig aufhalten auf dem riesigen Platz zwischen Medien-Eingang und den 31 Hochhäusern, die mit den Landesflaggen geschmückt sind. Einfach nur gucken, entspannen, beobachten, quatschen, staunen in der sogenannten International Zone, dem Aufenthaltsbereich für Gäste. Das norwegische Fernsehen ist auch da, mehrere chinesische Stationen, zwei Fotografen aus Taiwan und natürlich Sportler, viele Sportler. Über 10 000 wohnen, leben, essen hier.

Apropos. Die Kantine neben Internetcafé und Souvenirshop hat 24 Stunden lang geöffnet, und rund um die Uhr gibt es alles, was man sich so vorstellen kann. Sogar Kokosmilchreis, auf den Anna Hahner schwört, und vermutlich auch viele andere Leckereien. Doch das ist offenbar trotzdem nicht genug - oder schmeckt nicht!? Die Schlange am goldenen M, das als Sponsor der Spiele natürlich auch in der Athletenunterkunft eine Filiale betreibt, ist jedenfalls mehr als hundert Meter lang.

Noch etwas länger ist der Weg für Anna und Lisa Hahner, exakt 42,195 Kilometer. Wobei sie die größte Strecke schon hinter sich gebracht haben. Von Rimmels nach Rio - das muss man auch erst einmal schaffen. Rund 10 000 Flugkilometer sind es von hier bis in die hessische Provinz, wo die beiden aufgewachsen sind und vor sechs, sieben Jahren das Laufen für sich entdeckten. Noch viel mehr Kilometer sind die Zwillinge bis heute in Training und Wettkampf gerannt, unter anderem auch zweimal in der (heimlichen) deutschen Laufhauptstadt. Erst im März waren die 26-Jährigen wieder in Dresden und beim Citylauf sozusagen offiziell ins Olympia-Jahr gestartet. Seitdem bestehen gute Kontakte zur Laufszene, und deshalb wird der olympische Marathon auch bei einem Public Viewing auf großer Leinwand gezeigt. Kleine Werbung am Rande: Los geht´s ab 13.30 Uhr im XXL-Sportcenter.

In Rio ist es dann 8.30 Uhr und die Wettkampfvorbereitung längst abgeschlossen. Das ist übrigens der Vorteil eines Marathons. Während viele andere Sportler bis zuletzt für ihren absoluten Saisonhöhepunkt trainieren müssen, legen die Hahners die Beine hoch je näher das Rennen rückt. Regenerieren, Kraft tanken und Speicher auffüllen heißt es für sie und die anderen 158 Teilnehmerinnen, nachdem am Dienstag die letzten Intervalle auf dem Programm standen. 5x1 000 Meter in 3:35 bis 3:25 Minuten auf einem neu asphaltierten Radweg abseits des Dorfes. Mensch Mädels, warum habt Ihr denn nicht Bescheid gesagt? Das hätte sich doch einrichten lassen…

Na gut, sehen wir uns also im legendären Sambodromo, wo im Februar der Karnevalsumzug von Rio seinen Höhepunkt erlebt. Start ist 9.30 Uhr, und ich werde dabei sein - am Streckenrand.