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Zwei für die Goschwitzstraße

Wo einst Teppiche verkauft wurden, wollen junge Frauen ein Nähcafé eröffnen. Nicht nur sie beleben das Areal in Bautzen.

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© Uwe Soeder

Von Marleen Hollenbach

Bautzen. Sie haben vieles gemeinsam. Katharina Pfeifer und Anja Schmidt sind Mitte 30 und Mutter. Beide arbeiteten sie in der Gastronomie, lieben die Nähmaschine und ihre Heimatstadt Bautzen. Vor allem aber sind die Freundinnen mutig und mittlerweile nicht mehr zu bremsen. In wenigen Wochen wollen sie gemeinsam ein Nähcafé auf der Goschwitzstraße eröffnen. Zum ersten Mal im Leben wagen sie den Schritt in die Selbstständigkeit. Dabei hatte alles mit einem Spaß angefangen.

Im Herbst saßen die beiden bei Kaffee und Kuchen zusammen. Plötzlich erzählte Katharina Pfeifer von ihrem Traum, in Bautzen ein Nähcafé zu eröffnen. Anja Schmidt war von der Idee sofort begeistert. Noch am selben Abend liefen sie durch die Innenstadt, schauten sich die leeren Läden an. Auf der Goschwitzstraße, am ehemaligen Teppichladen, blieben sie stehen, holten das Handy aus der Tasche und fotografierten sich vor dem Schaufenster. „Eigentlich hatten wir an diesem Abend nur ein bisschen rumgesponnen. Später haben wir gemerkt, dass eigentlich kein anderes Geschäft infrage kommt“, erzählt Pfeifer.

Dass es der ehemalige Teppichladen an der Goschwitzstraße geworden ist, hat vor allem etwas mit dem Mietpreis zu tun. Aber auch mit der Größe des Ladens. Immerhin 120 Quadratmeter stehen den beiden zur Verfügung. Für das, was sie vorhaben, reicht es geradeso. Auch von der Lage sind sie begeistert. „Das Café ist zentral und trotzdem ruhig gelegen und Parkplätze gibt es auch“, sagt Pfeifer.

Mit dem Nähcafé wird sich ein weiteres leeres Schaufenster mit Leben füllen. Bautzens Citymanagerin ist schon jetzt begeistert. „Das wird gut laufen“, sagt Gunhild Mimuß, die mit der gesamten Entwicklung der Goschwitzstraße sehr zufrieden ist. Immerhin hört sie von dort eine gute Nachricht nach der anderen. Denn nicht nur im Nähcafé haben jetzt die Handwerker zu tun. Seit Monaten wird auch auf der anderen Straßenseite gebaut. Aus der ehemaligen Goethe-Apotheke wird ein neues Hotel, das schon im Herbst in Betrieb gehen soll. Vor allem Familien werden in den Zimmern Urlaub machen.

Gunhild Mimuß ist überzeugt davon, dass sich das Hotel positiv auf die benachbarten Geschäfte auswirkt. Dabei denkt sie nicht nur an die Goschwitzstraße, sondern auch an den Postplatz und die Karl-Marx-Straße. „Dem gesamten Quartier schreiben Bautzens Baubürgermeisterin und ich sehr großes Potenzial zu“, erklärt sie. Zwar dürfe man nicht erwarten, dass mit einem Mal alle leeren Schaufenster in diesem Areal verschwinden. Doch ein Anfang sei gemacht. Optimistisch stimmt Bautzens Citymanagerin auch der kleine Feinkostladen „Finissimo“, der vor einem Jahr direkt am Postplatz eröffnete. Karla Gappisch, die zuletzt bei Karstadt in Dresden verschiedene Leckereien verkaufte, bietet dort mediterrane Spezialitäten an. Mit ihrem eigenen Laden hat sich die gelernte Schneiderin einen großen Traum erfüllt.

Wie in einem Traum fühlen sich auch die beiden Frauen vom Nähcafé. Obwohl seit dem Treffen bei Kaffee und Kuchen stressige Monate vergangenen sind. Erst mussten sie den Vermieter überzeugen, dann die Gewerbeaufsicht. Brandschutz, Hygiene – all das war plötzlich wichtig. Die Frauen sprachen mit Bäckern und Landwirten der Region, stellten eine Mitarbeiterin ein. Nun sind sie auf der Zielgeraden. Einen Eröffnungstermin gibt es zwar noch nicht, doch Anfang September, soll es losgehen.

Das Konzept ist schnell erklärt. Die jungen Frauen bietet Kuchen an, aber auch einen Mittagssnack. Für Kinder gibt es eine Spielecke. Die Kleidungsstücke, die sie nähen, wollen sie neben Stoffen und allerlei Zubehör in ihrem Geschäft verkaufen. Wer selbst kreativ werden möchte, kann sich an einen der Nähplätze setzen. Zudem planen die beiden Nähkurse. „Wir haben uns einfach gefragt, was wir gern hätten. Und dann hat das Konzept so langsam Form angenommen“, sagt Katharina Pfeifer. Die 34 Jährige aus Göda sitzt heute täglich an der Nähmaschine. Dabei hatte sie zunächst mit dem Stricken begonnen. Doch das dauerte ihr zu lange. Als sie bei Facebook sah, dass andere Frauen die Kleidung für ihre Kinder nähen, fing auch sie damit an. „Ich hatte auch frustrierende Momente, aber die haben mich noch mehr angestachelt“, sagt sie. Pfeifer wurde immer besser. Und erzählte schließlich ihrer Freundin Anja Schmidt von ihrem Hobby. Sie schwärmte so überzeugend, dass die Freundin irgendwann auch zu Nadel und Faden griff. Die 33-jährige Bautzenerin hatte zuletzt als Flugbegleiterin gearbeitet und pendelte deshalb zwischen Berlin und ihrer Heimatstadt. Doch als sie Mutter wurde, war klar: Beruflich kann es so nicht weitergehen. Mit dem Nähcafé wird ihr Arbeitsweg nun deutlich kürzer.