Bautzen
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Zwei Generationen Kunst

Isa Brützke und Ingerose Jänichen-Kucharska stellen in der Galerie Budissin aus. Zu sehen sind farbenfrohe Aquarelle und keramische Arbeiten.

Von Miriam Schönbach
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Zwei Frauen - eine Leidenschaft: Isa Brützke (r.) und Ingerose Jänichen-Kucharska stellen gemeinsam in Bautzen aus.
Zwei Frauen - eine Leidenschaft: Isa Brützke (r.) und Ingerose Jänichen-Kucharska stellen gemeinsam in Bautzen aus. © Steffen Unger

Bautzen. Der Schnee glitzert weiß, an manchen Stellen lässt das Licht ihn sogar hellblau schimmern. Der Himmel schimmert in einem hellen Rot. Schon der Blick auf das Bild „Schloss Wurschen im Winter“ bringt eine Portion Abkühlung. Das Aquarell hat Isa Brützke gemalt. Gemeinsam mit ihren farbenfrohen Werken sind derzeit in der Galerie Budissin keramische Arbeiten der Malerin und Gartengestalterin Ingerose Jänichen-Kucharska, kurz Ino genannt, zu sehen.

Zum ersten Mal stellen die Oberlausitzer Künstlerinnen gemeinsam aus. In der Galerie des Bautzener Kunstvereins kommen auf diese Weise zwei Künstlergenerationen wie zwei künstlerische Wege zusammen. Ingerose Jänichen-Kucharska wird 1941 in Bautzen geboren, ihr Vater ist Lehrer an der Spree und begeistert vor allem die Jugend für das Wandern und die Natur. „Die Liebe zur Natur und auch Gärten wurde mir schon in die Wiege gelegt“, sagt sie. Früh beginnt die Bautzenerin mit dem Zeichnen, schmuggelt sich heimlich an der Volkshochschule in Kurs des Bildhauers Rudolf Enderlein hinein und erhält unter anderem ihre zeichnerische Ausbildung beim Bautzener Kunstmaler Berthold Hunger.

Über einen Umweg zum Ziel

Besonders viel Inspiration erhält Ingerose Jänichen-Kucharska durch Marianne Britze (1883 – 1980), die bis heute als eine der bedeutendsten Malerinnen der Oberlausitz des 20. Jahrhunderts gilt. In den 1950er- und 1960er-Jahren lädt die Malerin die Bautzener Künstler zu Tee und angeregten Gesprächen in ihren Garten unter hohen Bäumen und gut durchdachten Blumen- und Staudenbeeten ein. Dieses Umfeld beflügelt die künstlerischen Träume der jungen Frau, sie will Kunst studieren. Doch in ihrem Jahrgang werden nun fünf Neulinge an der Kunstakademie in Dresden aufgenommen und das sollen Arbeiter- und Bauernkinder sein.

Ingerose Jänichen-Kucharska muss einen Umweg zum Ziel nehmen. Sie studiert nach einer Maurerlehre ab 1960 Architektur an der TU Dresden. Auch Isa Brützke lernt einen handfesten Beruf, bevor sie an der Burg Giebichenstein das Studium der Gebrauchsgrafik aufnehmen kann. Die heute 56-Jährige wird Schriftsetzerin. „Dabei bekommt man ein ganz anderes Gefühl für Proportionen, Schriftgrößen und Buchstaben“, sagt die gebürtige Weimarerin. Sie macht ihre ersten Skizzen mit dem Bleistift gemeinsam in den Ferien mit dem Großvater.

Er ist Kunstschmied in Neuhaus im Thüringer Wald und sagt irgendwann zu seiner Enkelin: „Mädel, Du hast Talent“. So landet sie in der sechsten Klasse zuerst in der Weimarer Malschule. Eines ihrer häufigsten Motive seinerzeit ist Goethes Gartenhaus. Den ersten Schritten in der Heimat folgt die Förderklasse an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig.

Wie auch Ingerose Jänichen-Kucharska erhält Isa Brützke durch gestandene Künstler eine fundierte Grundlagenausbildung und besucht während der Berufsausbildung noch die Abendschule der Hochschule für Bildende Künste in Dresden. Eigentlich will sie nach Berlin an die Kunsthochschule in Berlin-Weißensee. Nach mehreren vergeblichen Anläufen probiert sie ihr Glück an der Burg Giebichenstein in Halle/Saale. 1985 beginnt die Wahl-Oberlausitzerin an der dortigen Kunsthochschule ihr Studium zu Gebrauchsgrafikerin. „Ich wäre in der freien Kunst nicht gut aufgehoben gewesen“, sagt die Gestalterin des Domowina-Verlags.

Leidenschaft für grüne Oasen

Ingerose Jänichen-Kucharska lebt zu diesem Zeitpunkt schon in Warschau. Sie beginnt Mitte der 1960er-Jahre ihre freie künstlerische Tätigkeit. Der Einmarsch der Truppen des Warschauer Pakts am 21. August 1968 in die damalige CSSR beendet ihre Universitätskarriere an der TU Dresden. Die Die SED versuchte, die Zustimmung zur Niederschlagung des „Prager Frühlings“ durch Unterschriften-Aktionen in Betrieben und staatlichen Einrichtungen zu erzwingen. Diese Unterschrift verweigerte die freie wissenschaftliche Mitarbeiterin.

Bei einem Winterurlaub in Zakopane lernt sie schließlich ihren späteren Mann, Stanislaw Kucharski, bei einer Vernissage kennen. Die Zwei kommen miteinander ins Gespräch, er fragt sie, ob sie seinen Garten neu konzipieren könnte. Die Gestaltung grüner Oasen ist ihre Leidenschaft, unzählige Gärten tragen inzwischen ihre Handschrift. „Bei mir kommt alles aus der Natur heraus, ist durch den Zen beeinflusst“, sagt die Künstlerin. Ein klassischer japanischer Zen-Garten ist ein Steingarten, bei dem Rasen-, Grün- und Wasserflächen durch Kies ersetzt werden und die Natur in gewisser Weise symbolisch nachgebildet wird.

Ihren eigenen Garten pflegt Ingerose Jänichen-Kucharska heute in Carlsberg, wo sie wie einst Marianne Britzke gern zum angeregten Plaudern oder gemeinsamen Musizieren einlädt. Seit Mitte der 1990er-Jahre lebt sie wieder in ihrer alten Heimat. Isa Brützke fand hier 1991 ihr neues Zuhause. Ihre Aquarelle führen den Betrachter an Orte direkt vor der Haustür genauso wie auf Reisen nach Afrika. „Der Aquarellblock und die Farben passen auch ins Reisegepäck. Beim Malen bist du eins mit der Natur“, sagt die Kubschützerin. Dieses Miteinanderverschmelzen mit der Natur verbindet die beiden Künstlerinnen auch über die Generationen hinweg, wie die Ausstellung in der Galerie Budissin zeigt.

Galerie Budissin, Schloßstraße 19 in Bautzen, 
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonnabend von 14  bis 18 Uhr