Bischofswerda
Merken

Zwischen Streithähnen vermitteln

Yvonne Natterer ist künftig in Rammenau als Friedenrichterin unterwegs. Dabei hat die 65-Jährige eigentlich genug zu tun. Auch mit ihren großen Vierbeinern.

Von Manuela Paul
Teilen
Folgen
Hundenärrin Yvonne Natterer wohnt seit 2015 in Rammenau. Als neue Friedensrichterin möchte sie den Menschen unterstützend und beratend zur Seite stehen sowie helfen, Probleme zu lösen. Ihre fünf Vierbeiner – hier im Bild Deckrüde Thore und seine Tochter H
Hundenärrin Yvonne Natterer wohnt seit 2015 in Rammenau. Als neue Friedensrichterin möchte sie den Menschen unterstützend und beratend zur Seite stehen sowie helfen, Probleme zu lösen. Ihre fünf Vierbeiner – hier im Bild Deckrüde Thore und seine Tochter H © Steffen Unger

Rammenau. Ohne ihre bullig-kraftvollen Leonberger-Hunde ist Yvonne Natterer nicht komplett. Mit insgesamt fünf dieser Vierbeiner lebt die sympathisch wirkende Seniorin, die jede Menge Ruhe und Ausgeglichenheit ausstrahlt, unter einem Dach. Die 65-Jährige ist eine Frau, der man schnell Vertrauen schenkt. Eine Eigenschaft, die sie in ihrem Ehrenamt unbedingt braucht. Denn die gebürtige Freisingerin ist die neue Friedensrichterin von Rammenau. Sie übernahm jetzt den Staffelstab von Udo Mangelsdorf, mit dem sie sich auch schon über ihre neue Aufgabe ausgetauscht hat.

Yvonne Natterer zog vor vier Jahren aus Bayern nach Sachsen. Damals, nach dem Tod ihres Mannes, brauchte sie einen Tapetenwechsel. Sie reiste öfter nach Dresden, fand Gefallen an der Gegend hier und suchte schließlich nach einem Haus mit großzügigem Garten. Schließlich brauchten ihre Hunde auch Platz. In Rammenau wurde sie fündig. Dort stand ein verwaistes Häuschen mitten im Grünen zum Verkauf. Genau so eines, wie sie es sich gewünscht hatte. „Das war ein Glücksgriff“, sagt sie. Auch, wegen der vielen tollen Nachbarn, die es in der Siedlung gibt.

Doch die 65-Jährige will in Rammenau nicht nur wohnen. Sie möchte sich auch einbringen. Denn zum alten Eisen fühlt sich die agile Seniorin noch lange nicht zugehörig. Auch wenn sie nicht mehr im Erwerbsleben steht. „Ich habe Zeit und Erfahrungen. Beides kann ich doch weitergeben.“ Deshalb war sie auf der Suche nach neuen Herausforderungen und kandidierte beispielsweise auch für den Rammenauer Gemeinderat. Den Einzug ins dörfliche Parlament schaffte sie nicht. Aber ihr Engagement fiel auf. Kein Wunder also, dass Bürgermeister Andreas Langhammer sie ansprach, ob sie sich nicht als Friedensrichterin zur Wahl stellen wolle. Die Wahl-Rammenauerin wollte. „Schließlich hab ich früher auch beruflich mit Menschen und rechtlichen Dingen zu tun gehabt, erzählt die Hundenärrin. Yvonne Natterer arbeitete 33 Jahre im Marketingbereich einer mittelgroßen Sparkasse in Freising, gehörte dort auch zum Personalrat. Im Job habe sie sich die nötigen kommunikativen Fähigkeiten angeeignet und im Umgang mit vielen verschiedenen Menschen einen großen Erfahrungsschatz gewonnen. Zudem war sie in ihrer Freizeit zwölf Jahre im Vorstand eines 2 000 Mitglieder zählenden Vereins aktiv – im Deutschen Club für Leonberger Hunde. Da stand Vermitteln zwischen verschiedensten Befindlichkeiten auch ganz oft im Fokus. „All diese Erfahrungen will ich gern nutzen, um hier vor Ort den sozialen Frieden und das gute Miteinander zu bewahren. Ich freue mich auf die spannende neue Aufgabe.“

Bei Hundeschauen dabei

Der Begriff Friedensrichterin sei allerdings ein wenig irreführend. Denn sie richte nicht, fälle auch keine Urteile. Sie muss versuchen, zwischen den Streitparteien zu schlichten. Gelinge das nicht, haben die Betreffenden immer noch die Möglichkeit, vor Gericht zu ziehen. Zum Zankapfel kann eigentlich vieles werden. Zum Beispiel wenn Laub fremder Bäume das eigene Grundstück bedeckt oder der Nachbar Sonntagmittag seine Musikanlage aufdreht. Angst vor Auseinandersetzungen habe sie keine, so die 65-Jährige. „Ich hab’ auch schon im Scherz gesagt, dass ich ja meine Hunde mitnehmen kann, wenn ich mal ganz schwierige Streitparteien habe.“ Eine spezielle Schulung, welche sie demnächst absolvieren wird, bringt sicher weitere Souveränität.

Über mangelnde Aufgaben kann Yvonne Natterer eigentlich nicht klagen. Zwar gab sie die Vorstandsarbeit im Leonberger-Club jüngst ab, aber Hunde bestimmen nach wie vor ihren Alltag. Und zwar nicht nur die eigenen. Die 65-Jährige hat nach wie vor den Hut für die vierteljährlich erscheinende Vereinszeitung „LeoZeit“ auf, ist im Hundesportverein Dresden aktiv und züchtet selbst Leonberger. „Allerdings in ganz kleinem Rahmen“, wehrt sie bescheiden ab. Aller zwei Jahre gebe es in ihrem Zwinger „Löwe von Walhall“ einen Wurf. Und auch bei Hundeschau-Wettbewerben trifft man sie immer wieder an. Meist aber ohne vierbeinige Begleitung. Denn die Wahl-Rammenauerin arbeitet auch als Zuchtrichterin, bewertet zum Beispiel, welche Tiere zur Zucht zugelassen werden.

Ihr selbst haben es die Großen angetan. Deshalb entschied sie sich seinerzeit für Leonberger. Bis zu 80 Zentimeter Schulterhöhe können es Prachtexemplare dieser Rasse bringen. Trotz bulligen Aussehens, seien sie dank ihrer souveränen Gelassenheit perfekte Familienhunde. Die sanften Riesen mit dem üppigen Fell haben ein tolles, freundliches Wesen, verrät die gebürtige Bayerin. Wenn sie mit ihren Vierbeinern unterwegs ist – in Hohnstein, im Polenztal, auf dem Butterberg, in der Sächsischen Schweiz – werde sie immer wieder angesprochen und nach der Rasse gefragt. Kein Wunder: „Leonberger sind recht selten. Die trifft man hierzulande nicht so oft an.“