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Altenbergs Gemeindewehrleiter: "Unser Nachteil ist gleichzeitig unsere Stärke"

Neue Fahrzeuge, neue Bekleidung, neuer Plan: Jan Püschel erklärt, warum es bei der Altenberger Feuerwehr trotzdem nie reicht - und was daran der Vorteil ist.

Von Siiri Klose
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Gemeindewehrleiter Jan Püschel über die Stärke der Altenberger Feuerwehr.
Gemeindewehrleiter Jan Püschel über die Stärke der Altenberger Feuerwehr. © Egbert Kamprath

Herr Püschel, ein kurzer Rückblick auf die jüngsten Entwicklungen bei der Altenberger Gesamtfeuerwehr: Die Anschaffung des TLF 4000 war mit 365.000 Euro fahrzeugtechnisch die teuerste Anschaffung in den letzten Jahren. Wie kam es dazu?

Eine Risikoanalyse des Landkreises ergab, dass Altenberg eigentlich zwei solcher Fahrzeuge braucht, die auch überörtlich zum Einsatz kommen sollen. Zudem ergab die Löschwasserverfügbarkeit in einigen Bereichen der Gemeinde diese Notwendigkeit. Für die Anschaffung des TLF 4000 gab es eine Förderung, und wir konnten es nach zweijähriger Bestellzeit im August 2023 am Standort Geising in den Dienst stellen. Es fasst 6.000 Liter Wasser und 500 Liter Schaum - schon damit ist es besonders gut für Bereiche mit schlechter Löschwasserversorgung oder den Einsatz bei Waldbränden geeignet. Wir haben hier zudem eine automatisierte Schaummittelpumpe verbauen lassen, die Wasser und Schaum computergesteuert für den jeweiligen Einsatzzweck passend mischt.

Wozu wird der Schaum gebraucht?

Schaum kommt besonders beim Löschen von Benzin und Mineralöl zum Einsatz. Einen Schwerpunkt bilden unter anderem die zahlreichen ölgeführten Maschinen der feinmechanischen Industrie im Müglitztal. Außerdem kann der Schaumbildner als Netzmittel für Wasser hochverdünnt zugemischt werden: Wenn man etwas davon beimischt, setzt es die Oberflächenspannung herab. Das Wasser perlt nicht einfach ab, sondern dringt tiefer in das Brandgut oder den Boden ein, beispielsweise bei Waldbränden. So hat man mit weniger Wasser einen größeren Löscherfolg. Das spart Zeit und natürlich auch wertvolles Löschwasser.

Auch die Summe von 140.000 Euro für neue Schutzjacken und -hosen ist ordentlich. Die Stadt Altenberg hat sie schon bestellt. Sind die Feuerwehrleute bestens ausgerüstet, wenn sie eintreffen?

Altenbergs Gesamtfeuerwehr hat 300 Mitglieder. Mit 104 Sätzen deckt die neue Einsatzbekleidung grade mal ein Drittel von dem ab, was wir eigentlich brauchen. Die neuen Sachen stellen wir den Atemschutzträgern zur Verfügung, weil sie im Brandeinsatz der größten Gefährdung ausgesetzt sind. Sie brauchen den höchsten Schutz vor Hitzestrahlung und zum Beispiel bei Verpuffungen.

Wie lange hält denn so eine Schutzkleidung?

Je nach Einsatznutzung ist sie einsetzbar, bis sie beschädigt ist. In der Regel gehen wir von circa zehn bis 15 Jahren aus. Wir haben hier noch Kleidung, die weit über 20 Jahre alt ist und bei weitem keinen adäquaten Schutz mehr bietet. Doch Fördermittel für die Einsatzbekleidung gibt es in unserem Landkreis leider nicht, und als Flächengemeinde hat Altenberg ohnehin höhere Kosten für eine einsatzbereite Feuerwehr als andere.

Warum leistet sich Altenberg dann derzeit noch einen aufwändigen Brandschutzbedarfsplan?

Wir brauchen diesen Plan, weil dieser zu einem gesetzlich gefordert wird und wir zum anderen damit jeden Fördergeldantrag deutlich besser begründen können und damit letztendlich mehr Aussicht auf Erfolg haben. Aus ihm geht hervor, wie viele Einwohner in der vorgegebenen Zeit erreichbar sind. Schwerpunkte werden herausgearbeitet, beispielsweise die Rehaklinik, Altenheime, die Industriebetriebe, Waldgebiete, Schulen, Kindergärten oder auch das Schloss Lauenstein. Zudem wird eine Löschwasseranalyse vorgenommen.

Alles wird mit dem Personalstand und der Einsatzbereitschaft abgeglichen und schließlich ein Konzept für die kommenden Jahre erstellt. Dieses beinhaltet zum Beispiel auch die Ersatzbeschaffung von Fahrzeugen und stellt die Vorgaben zu finanziellen Investitionen in den kommenden Jahren dar.

Apropos Investitionen: In Liebenau und in Geising wollte die Stadt testen, ob sich faltbare Löschwasserkissen als Alternative zu unterirdisch verbauten Wasserspeichern eignen. Was ist daraus geworden?

Die Stadt konnte das Vorhaben letztes Jahr leider nicht umsetzen. Die Fördermittel kamen relativ spät. Danach erwies sich noch das geplante Grundstück in Geising bei den Baukosten teurer als ursprünglich geplant. Eine Alternative musste gefunden werden. In Liebenau plante Altenberg zwar mit einem eigenen Grundstück in Höhe der Kirche, aber weil es nicht eben ist, lagen die Baukosten hier ebenfalls weit über der Konzeptionierung. Für beide Varianten gibt es jetzt Alternativen. Die Vorbereitungen für die Aufstellungen sind also in der Endphase und die zwei Projekte werden hoffentlich im Sommer endlich umgesetzt.

In Falkenhain, Fürstenwalde, Löwenhain und Zinnwald-Georgenfeld wurden im letzten Stadtrat die Wehrleiter berufen. Zeichnet sich da ein Generationswechsel ab?

Einen Personalwechsel gab es lediglich in Falkenhain. Michael Nix war hier über 30 Jahre lang als Stellvertreter die rechte Hand des Wehrleiters und beendet in der neuen Legislaturperiode seine aktive Dienstzeit. Daher trat er nicht nochmals für das Amt an. Für seine ehrenamtliche Arbeit möchte ich ihm noch einmal ganz herzlichen Dank und Anerkennung aussprechen. Seinen Posten teilen sich nun Benjamin Schramm und Daniel Krumpolt.

Geising will zum ersten Juni eine Jugendfeuerwehr gründen. Das ist natürlich beste Nachwuchsarbeit. Es muss sich eben immer jemand finden, der die Gruppen leitet. Besonders tagsüber ist das Personalproblem im ländlichen Raum allgegenwärtig: Die Menschen arbeiten nicht immer am Standort der Feuerwehr, doch im Fall eines Einsatzes sollten sie in etwa fünf Minuten am Gerätehaus sein.

Im Vergleich zu anderen Kommunen hat Altenberg besonders viele Ortsteilfeuerwehren.

Es sind 15, um genau zu sein. Doch ein HLF 20, die eierlegende Wollmilchsau unter den Löschfahrzeugen, kostet seit dem Ukrainekrieg nicht mehr 450.000 Euro, sondern jetzt 700.000 Euro. Die Fördermittelsummen sind aber gleich geblieben. In Bärenstein haben wir deshalb ein gebrauchtes Löschfahrzeug gekauft, und die Kameraden rüsten so manche Verbesserung in Eigenleistung nach – beispielsweise die LED-Beleuchtung.

Warum reichen die Förderungen in Altenberg nie aus?

Von vielen Förderungen profitieren wir leider etwas weniger als andere. Jede Kommune bekommt beispielsweise pro Jahr eine Unterstützung von 1.000 Euro für zwei Führerscheine - das kleine Hermsdorf im Erzgebirge mit zwei Ortsfeuerwehren genauso wie Altenberg mit 15. Oder auch: Fahrzeuganschaffungen werden billiger, wenn man sich mit anderen Kommunen aus dem Landkreis für Sammelbeschaffungen zusammenschließt. Dafür müssen die Fahrzeuge jedoch baugleich sein, aber nur wir arbeiten in bergigem Gelände mit langen Wintern und sind damit die Einzigen, die für jedes Einsatzfahrzeug Allradantrieb brauchen. Hoffnung besteht auf eine zukünftige zentrale Beschaffung für ganz Sachsen, welche jetzt das Innenministerium organisiert und wo sich die Gemeinden beteiligen können.

Gibt es etwas, was die Nachteile ausgleicht?

Unser Nachteil der vielen Ortsfeuerwehren ist gleichzeitig unser Vorteil: Wir haben hier 300 gut ausgebildete und motivierte Feuerwehrleute, zwar zum Teil mit älterer, aber mit gut funktionierender Technik. Wenn ein Einsatz länger dauert, wie beispielsweise beim Waldbrand in der Sächsischen Schweiz 2022, dann braucht es personalstarke Feuerwehren, die sowohl ihren eigenen Risikobereich abdecken können als auch überregionale Einsätze unterstützen können. Bei uns lassen sich im Notfall leicht mal 40 Feuerwehrleute in die Nachbarregion abordnen.