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Tauscha will Brettmühlenteich privatisieren

Die Gemeinde sucht nach einem Pächter für das defizitäre Naherholungszentrum. Auch ein Verkauf ist möglich.

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Von Manfred Müller

Wolfgang Hausdorf stand am Dienstagabend im Tauschaer Gemeinderat mit seiner Meinung allein auf weiter Flur. Die Gemeinde solle doch noch einmal überlegen, ob sie das Zschornaer Naherholungszentrum nicht doch irgendwie in die schwarzen Zahlen hieven kann, forderte der Bauunternehmer aus dem Ortsteil Dobra. Damit erntete er bei den anderen Gemeinderäten Kopfschütteln und genervte Augenaufschläge.

Das Gremium hatte gerade eine Analyse des Kommunalberaters Harald Sontopski zur Kenntnis nehmen müssen, nach der das Erholungszentrum seit langer Zeit in den Miesen wirtschaftet. Pro Jahr fällt ein Defizit von 12 000 Euro an, das aus der Gemeindekasse bezahlt wird. Bis 2020, so Sontopski, werde der jährliche Fehlbetrag auf 33 000 Euro anwachsen. Hinzu kommt ein Investitionsbedarf von etwa 160 000 Euro. Die größten Posten dabei: der immer wieder zurückgestellte Abwasseranschluss und die überfällige Sanierung der Sanitäreinrichtungen. Wie könne ein erfolgreicher Unternehmer die Zahlen nur derart blauäugig interpretieren, grummelte es aus dem Gemeinderat in Richtung Hausdorf. Mit etwa 230 dauerbelegten Stellplätzen auf dem Campingareal ist das Naherholungszentrum (NEZ) am Zschornaer Brettmühlenteich das größte seiner Art im Landkreis Meißen. Vor allem Dresdner haben hier ihre Wagen aufgebaut und teilweise schon in feste Hütten verwandelt. Die Pachtgebühr beträgt 300 Euro im Jahr. Die Gemeinde betreibt auch das Waldbad und kassiert dafür von Erwachsenen zwei Euro Eintritt; Kinder zahlen die Hälfte. Um kostendeckend zu arbeiten, müssten mindestens drei Euro eingenommen werden. Aber dadurch würden die Besucherzahlen sinken und die zusätzlichen Einnahmen wären dahin. Auch ein ausgesprochen verregneter Sommer würde der Gemeinde schwer ins Kontor schlagen. Deshalb, so das Fazit der Sontopski-Studie, sollte ein privater Pächter oder Käufer für das NEZ gefunden werden.

Zusätzlich kompliziert wird die Situation dadurch, dass im Zschornaer Naherholungskomplex ziemlich verworrene Eigentumsverhältnisse herrschen. Die Flächen sind nach 1990 von der Treuhandanstalt an unterschiedliche Interessenten verkauft worden. Der Brettmühlenteich selbst gehört dem Anglerverband, die Gaststätte einem Privatbetreiber, auch die benachbarte Bungalowsiedlung hat mit der Kommune nichts zu tun. In deren Eigentum befinden sich nur Campingareal, Parkplatz und Strand. Da die Gemeinde Eintrittsgelder verlangt, müsste Letzterer eigentlich noch von einem Rettungsschwimmer überwacht werden. Das brächte Tauscha noch tiefer in die roten Zahlen. Deshalb empfiehlt die Studie, dass sich die Gemeinde ganz aus dem Badegeschäft zurückzieht. Sie könnte stattdessen als reiner Parkplatzbetreiber fungieren und statt Eintrittsgeld Parkgebühren kassieren. Das Baden im Brettmühlenteich geschähe dann auf eigene Gefahr.

Bei dieser Variante bleibt allerdings ungeklärt, wie Tauscha den Investitionsstau auf dem Campingplatz beseitigen soll. Die Kommune weiß derzeit nicht einmal, wie sie für das kommende Jahr einen ausgeglichenen Haushalt auf die Beine stellen soll. Die Verschuldung liegt zwar relativ niedrig, aber auch die Steuereinnahmen sind gering. Bereits in diesem Jahr musste ein Konsolidierungskonzept aufgestellt werden, und die Zukunftsprognosen sind düster. „Bis zum Sommer nächsten Jahres muss eine Lösung auf dem Tisch liegen“, sagt Bürgermeister Hans-Ullrich Scheibe.

Ab 2016 soll sich dann möglichst schon ein neuer Betreiber ums NEZ kümmern. Eine Schlüsselrolle wird dabei sicher die Gaststätte spielen. Die steht derzeit ohnehin zum Verkauf und könnte von einem privaten Interessenten mit erworben werden. Den Wert des kommunalen NEZ-Teils schätzt Harald Sontopski auf etwa 300 000 Euro. Angesichts der verworrenen Verhältnisse wäre es erstaunlich, wenn die Gemeinde bei einem Verkauf diesen Preis tatsächlich erzielen könnte. Immerhin fasste der Gemeinderat am Dienstagabend nahezu einhellig einen Grundsatzbeschluss, der den Weg für die Privatisierung freimacht. Wolfgang Hausdorf, der in Tauscha lange Zeit als stellvertretender Bürgermeister fungierte, enthielt sich als einziges Ratsmitglied der Stimme.