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100 Tonnen schwere Brücke in Riesa eingehoben

Die neue Brücke an der Paul-Greifzu-Straße sitzt. Wie die Beteiligten sich vorbereiteten und warum sie viel Spaß hatten.

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Von Kevin Schwarzbach

In den Morgenstunden des vergangenen Samstages stand ein gewagtes Unterfangen auf dem Plan der Bauarbeiter an der Paul-Greifzu-Straße: Nachdem die alte Brücke am Vorabend abgerissen wurde, sollte nun die neue Brücke eingehoben werden. Die SZ war vor Ort und hat den Beteiligten genau auf die Finger gesehen. Warum Gelassenheit und Spaß bei diesen gewaltigen Aufgaben so wichtig sind. Ein Protokoll.

5.49 Der Schwerlasttransporter, der die neue Brücke über Nacht von Zwickau nach Riesa gebracht hat, steht bereits auf der Paul-Greifzu-Straße – und wartet darauf, entladen zu werden. Doch noch ist es nicht so weit. Die riesigen Betonpfeiler links und rechts von der Paul-Greifzu-Straße stehen schon mustergültig in Position. Doch zwischen den Betonklötzen – die in Zeithain gefertigt wurden – herrscht noch reichlich Betrieb. Vier Bagger fahren unaufhörlich Beton zum Brückenfundament. „Die Brücke kann erst aufgesetzt werden, wenn die Arbeiten zwischen den Betonpfeilern abgeschlossen sind. Ein bisschen Geduld brauchen wir noch“, erklärt Holger Eulitz, Gleisbau-Verantwortlicher bei TS Bau.

6.04 Während Holger Eulitz quer über die Baustelle läuft und sich über die aktuellen Zwischenstände informiert, macht sich das fünfköpfige Kranfahrer-Team aus Pirna auf, um die 100 Tonnen schwere Brücke zu inspizieren. Nach einer Runde um den über zehn Meter langen Koloss steht fest: Der Kran muss umgerüstet werden. Es nützt nichts. Ein dreimal so starkes Hubstück wird an das Hubseil montiert. „Jetzt hat die Brücke keine Chance mehr“, sagt Kranführer Erwin Menze lachend. Für ihn sei der Spaß pure Entspannung. Bei der Arbeit ist er in seinem Element.

6.34 Auch wenn noch immer nicht an das Einheben der Brücke zu denken ist, läuft auf der Baustelle alles reibungslos. Davon ist auch Peter Gruhle begeistert. „Diese logistische Leistung ist faszinierend. Es wird ja oft über Baustellen gelästert, aber was hier in kürzester Zeit geleistet wird, ist beachtlich“, sagt er. Denn erst am Freitagabend wurden die Bahngleise für den Brückenwechsel gesperrt und bereits am Montagmorgen sollen sie wieder freigegeben werden. „Dafür sind wir 24 Stunden im Einsatz. Natürlich mit wechselnden Schichten“, erklärt Holger Eulitz.

6.57 Erwin Menze sitzt wieder hinter dem Steuer seines Krans und bringt ihn in Position. „Ich bin bereit, her mit dem Teil“, ruft er herausfordernd über die Baustelle. Geht es los? „Noch nicht. Trotzdem liegen wir gut im Zeitplan“, sagt Eulitz. Auch er ist bester Laune und erlaubt sich den ein oder anderen Scherz mit seinen Kollegen von der Sächsischen Bau GmbH. „So entspannt bin ich nicht immer“, verrät er mit verschmitztem Lächeln.

7.26 Plötzlich erstrahlen die Scheinwerfer des Schwerlasttransporters. Die Brücke rollt langsam in Richtung Paul-Greifzu-Straße. Doch die größte Aufgabe steht den Männern noch bevor: Das über zehn Meter lange Gefährt muss auf der Kreuzung wenden. Angespannt beobachten die Bauarbeiter und mittlerweile zahlreiche Schaulustige das Wendemanöver. Nur wenige Zentimeter schrammt der Lkw an Baustellenabsperrungen, Mauern und Ampeln vorbei – erstklassige Maßarbeit. „Jetzt aber ran mit dem Gehänge“, tönt es aus dem Führerhäuschen des riesigen Krans.

7.53 Während unzählige Arbeiter die Sicherheitsgurte lösen, die die Brücke aktuell noch auf dem Lkw fixieren, montiert das Kranfahrer-Team die vier Gehänge an der neuen Brücke. Gleich wird die Brücke durch die Lüfte fliegen. „Von der Größenordnung her ist das schon ein gewaltiges Projekt“, meint Holger Eulitz. Er ist zufrieden mit der Arbeit.

7.58 Die Brücke hebt von der Ladefläche ab – und steigt immer höher. Aus allen Ecken ist jetzt das Klicken von Fotoapparaten zu hören. Doch auch die Anspannung ist spürbar, sowohl bei den Arbeitern als auch bei den Zuschauern. Lediglich Erwin Menze scheint die Ruhe selbst zu sein. Mit übereinandergeschlagenen Beinen und der linken Hand am Joystick sitzt er auf seinem Stuhl im Kranführerhäuschen. Dabei hat er die wichtigste Aufgabe – er lenkt den Kran, der die Brücke unbeschadet an ihren Platz bringen soll. Offenbar ist es aber genau diese Ruhe, mit der er die Brücke Zentimeter für Zentimeter an allen Hindernissen vorbeilenkt. „Als Kranfahrer braucht man wohl diese Ruhe“, meint Peter Gruhle.

8.23 Es ist geschafft. Nachdem die Brücke minutenlang durch die Lüfte schwebte, wurde sie eingepasst und liegt an ihrem neuen Platz. Holger Eulitz atmet durch, zückt sein Handy und schießt ein Erinnerungsfoto. Auftrag erfüllt. „Yeah“, tönt es aus dem Kranführerhäuschen.