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„200 Euro pro Flasche wären berechtigt“

Hobby-Winzer Ralph Scharf setzt sich seit mehr als 40 Jahren für den sächsischen Weinbau ein. Bis heute keine leichte Arbeit.

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© Klaus-Dieter Brühl

Von Uta Büttner

Nünchritz. Stolz zeigt Ralph Scharf auf seine Traubensorte „Blauer Zweigelt“. Er ist einer von vier Winzern in Sachsen, der die Rebsorte auf seinem Grundstück in Leckwitz, einem Ortsteil von Nünchritz, anbaut. „Dieser ist nicht so anfällig gegen Pilzkrankheiten“, sagt das Urgestein der Weinbaugemeinschaft Diesbar-Seußlitz.

Ralph Scharf lebt für den Wein. Dabei ist nicht der Wein selbst der Grund, sondern seine Intention ist eine ganz andere: „Die Erhaltung der Kulturlandschaft in Sachsen“, sagt der Hobbywinzer. 1972 trat er in die Weinbaugemeinschaft ein. Bis heute kämpft Ralph Scharf vor allem für die Erhaltung des Terrassenweinbaus. „Je größer die Steillage ist, desto besser ist der Wein“, erklärt er. Aber für ihn ist das Wichtigste: Diese Landschaft gehört zu Sachsens Kulturschätzen, deshalb sei sie auch denkmalgeschützt. Doch seiner Meinung nach werde zu wenig für die Erhaltung getan.

Als Vorsitzender der Weinbaugemeinschaft von 2000 bis 2005 habe er angeregt, dass sich die Elbweindörfer mit Steillagen zusammenschließen. Diese Stärkung hätte vielleicht zu einer Verbesserung des Fremdenverkehrs geführt. „Doch leider waren nicht alle privaten Winzer interessiert“, sagt Scharf. Auch setzte sich Scharf für ein gesondertes Keltern der Weinsorten aus Steillagen ein, weil dieser Wein eine viel höhere Qualität habe. „Eine Flasche eines solchen Weins würde aber dann etwa 200 Euro kosten“, sagt er. Zu viel, meinen viele Winzer. „Doch der Preis wäre berechtigt“, hält Scharf dagegen. Für die Bewirtschaftung eines Hektars Terrassenlage benötige man 1 700 Arbeitsstunden im Jahr. Für gerade Flächen lediglich 70. Aus diesen Gründen sei der Terrassenweinanbau heute wirtschaftlich unrentabel, sagt Scharf.

Ganz im Gegensatz zu DDR-Zeiten. Der sächsische Wein war eine Nobelmarke und wurde fast ausschließlich in das westliche Ausland exportiert. Als kleiner privater Winzer lohnte sich der Anbau. „Außerdem war es der Türöffner zum Erhalten vieler Dinge, die man in der DDR normalerweise nicht bekam“, erzählt Scharf. Er konnte sich so über Umwege eine Eichentreppe für sein Haus erhandeln.

Nach der Wende hatten die Winzer mit viel Bürokratie zu kämpfen. So wurde gesetzlich festgelegt, welche Sorten gepflanzt werden durften. „Ich half Winzern, auch andere Sorten anzubauen“, erzählt Scharf. Und als Diesbar-Seußlitz zu Nünchritz eingemeindet wurde, setzte er sich im Gemeinderat für die Elbweindörfer ein. „Nünchritz hatte ja keine Beziehung zum Weinbau.“ Unermüdlich kämpft der Rentner für die Winzer. Er bedauert, dass ihm die Spätfolgen einer Kinderlähmung sehr zu schaffen machen. Aber seinen Teil zum nächste Woche anstehenden 80. Jubiläum der Weinbaugemeinschaft leistete er trotzdem. „Ich habe viele historische Dokumente zusammengetragen, zum Beispiel die Gründungsurkunde“, erzählt er.

Der gelernte BMSR-Montagemeister widmete einen Großteil seiner Freizeit dem Wein. Auf den Geschmack war der gebürtige Heidenauer 1966 gekommen, als er in das Haus seiner späteren Frau in Leckwitz zog. Auf dem Grundstück standen drei Zeilen Weinstöcke. Später pachtete er einen Weinberg. „Fünf Jahre hat es gedauert, bis ich alles begriffen hatte.“

Ralph Scharf sorgt sich um die Erhaltung des letzten Stücks Weinanbaus, das noch in seiner ursprünglichen Form existiert. Viele junge Leute zögen weg oder interessieren sich nicht für den Weinbau. Und dann kommt auch noch der Ärger um Pflanzenschutzmittel im Wein dazu, unter dem unbeteiligte Winzer leiden. So freut sich Scharf, dass sich seine beiden Söhne für den Weinbau interessieren. Und er hofft, dass die Steillagen erhalten bleiben.