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26 Jahre lang alles offen gelegt

Beispiel. Die Steuererklärung des Bundestagsabgeordneten Peter Conradi (SPD) konnte jeder sehen.

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Von Peter Heimann,Berlin

Peter Conradi (SPD) war seiner Zeit voraus. „Ich war 26 Jahre im Bundestag und habe meine Einkommenssteuererklärung offen gelegt.“ Die hatte der 1998 ausgeschiedene Politiker und Architekt auch im heimischen SPD-Büro in Stuttgart hinterlegt. „Es ist mehrfach passiert, dass Leute gekommen sind und gesagt haben, sie glauben das nicht und wollen nachschauen“, sagt Conradi. „Honorare und so was“ habe er „treu und brav“ aufgeschrieben: „Das hat mir nie jemand vorgehalten. Im Gegenteil.“

Ein wesentliches Argument der Gegner einer generellen Veröffentlichung von Nebentätigkeiten von Abgeordneten wie ihrer Höhe ist heute, damit würden schützenswerte Interessen insbesondere von Freiberuflern tangiert. Conradi erinnert sich nur an anderen Ärger: „Die Probleme lagen in meiner und bei den anderen Fraktionen. Man macht sich natürlich extrem unbeliebt, wenn man in solchen Fragen Offenheit verlangt und selbst praktiziert.“ Es gebe einige, für die sei die Abgeordnetentätigkeit die Nebentätigkeit: „Das war immer so.“

„Der Umfang der Berufs- und Nebentätigkeit von Abgeordneten und die Angemessenheit des Entgelts muss offen gelegt werden“, fordert Conradi. Wo das aus berechtigten schützenswerten Interessen Dritter nicht möglich ist, sollte ein Ehrenrat aus ehemaligen Abgeordneten oder Verfassungsrichtern sicherstellen, dass keine unsachgemäße Einflussnahme vorliege. 1995, in der Opposition, hätten SPD und Grüne einen Entwurf zur weitgehenden Offenlegung eingebracht: „Jetzt sollen sie doch verdammt noch mal das machen, was wir damals beschlossen haben.“