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29 Euro für den Kostenvoranschlag

Jürgen Gnauck aus Bischofswerda sollte für einen defekten Drucker zahlen, obwohl er beim selben Händler schon einen neuen gekauft hat.

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© Steffen Unger

Von Ingolf Reinsch

Bischofswerda. Nach drei Jahren hatte der Drucker von Jürgen Gnauck, ein Markengerät, den Geist aufgegeben. Er brachte ihn zur Reparatur – fünf Tage, nachdem die Garantiezeit abgelaufen war. Der Bischofswerdaer, der bis zum Ruhestand viele Jahre ein Autohaus besaß und für den Kulanz zu den Geschäftsprinzipien gehörte, hoffte auf ein Entgegenkommen des Herstellers. Doch der lehnte ab. Nicht schön, doch geschenkt, sagt Jürgen Gnauck.

Sein Drucker war da noch in der Werkstatt des Bautzener Expert-Marktes. „Ich fragte den Werkstattmitarbeiter nach einem guten, neuen Drucker. Der empfahl mir die Marken Canon und HP. Am 9. Februar kaufte ich dann einen HP-Drucker in der Bischofswerdaer Expert-Filiale“, berichtet Jürgen Gnauck. Etwa eine Woche später erhielt er einen Anruf aus der Werkstatt. Die Reparatur seines alten Druckers würde 164 Euro kosten, hieß es. Jürgen Gnauck verzichtete; er hatte ja auf Anraten eines Werkstattmitarbeiters inzwischen ein neues Gerät gekauft. Er bat, den alten Drucker nach Bischofswerda zu schicken, damit er ihn entsorgen kann. „Als ich ein paar Tage später den kaputten Drucker abholen wollte, traf mich der Schlag. Ich sollte 29 Euro Gebühren bezahlen. Ich verstand die Welt nicht mehr“, berichtet der Bischofswerdaer. Seinen neuen Drucker hatte er, wie gesagt am 9. Februar gekauft. Die ihm ausgehändigte „Reparaturkostenermittlung“, eine kostenpflichtige Leistung, ist dagegen vom 22. Februar datiert.

Kostenvoranschlag immer gratis?

Darf ein Unternehmen das Erstellen eines Kostenvoranschlages – und um einen solchen handelt es sich ja bei einer Reparaturkostenermittlung – dem Kunden überhaupt in Rechnung stellen? Dirk Mittrach von der Bautzener Beratungsstelle der Verbraucherzentrale wägt ab: „In der Regel sind Kostenvorschläge für den Kunden kostenfrei“, sagt er. Doch es gebe auch Betriebe, die sich ihre Aufwendungen beispielsweise für Fehlersuche oder Aufmaße vergüten lassen. Insbesondere dann, wenn sie den Auftrag nicht bekommen. In diesem Fall aber müssen es Dienstleister/Handwerker und Kunde vorher vereinbaren, dass auch für den Kostenvoranschlag Geld verlangt wird. „Man regelt so etwas am besten schriftlich“, rät Dirk Mittrach. Gibt es eine solche Vereinbarung nicht, braucht der Kunde für den Voranschlag nichts zu bezahlen. Auch nicht, wenn die kostenpflichtige Leistung beispielsweise nur auf der Rückseite des Vertrages versteckt ist und der Kunde im Beratungsgespräch nicht darauf hingewiesen wurde. In einem solchen Fall greift die überraschende Klausel.

In dieser Hinsicht ist der Elektronikfachmarkt auf der rechtssicheren Seite. Der von Jürgen Gnauck unterschriebene Service-Auftrag schreibt gut sichtbar fest: „Überprüfungen, Fehlersuche und Kostenermittlung sind kostenpflichtige Leistungen.“ Jürgen Gnauck akzeptiert diese Regelung und zahlte schließlich die 29 Euro. Doch sie wären nicht nötig gewesen, hätte der Elektronikfachmarkt nach dem Kauf des neuen Druckers gar nicht erst die Reparaturkosten für das Altgerät ermittelt. „Hier hat die rechte Hand nicht gewusst, was die linke macht“, vermutet Jürgen Gnauck. Seit rund 20 Jahren ist er Kunde bei Expert und kaufte in dieser Zeit Geräte im Wert von mehreren tausend Euro.

Der Fachmarkt, von der SZ am Mittwoch auf den Fall angesprochen, reagierte umgehend. „Leider wurde das Kundenschreiben durch einen Übermittlungsfehler an die Filiale bis heute nicht beantwortet. Dies ist nicht unser Anspruch, da wir Kundenservice und Kundenzufriedenheit in unserem Unternehmen entsprechend pflegen“, sagte Marktleiter René Kutschke. Nur wenige Stunden, nachdem die SZ-Anfrage versandt worden war, nahm ein Mitarbeiter des Bischofswerdaer Expert-Marktes Kontakt zu Jürgen Gnauck auf und vereinbarte mit ihm eine gütliche Lösung. „Herr Gnauck wird in den nächsten Tagen die entsprechende Summe ausgezahlt bekommen und eine zusätzliche Kulanzlösung für die fehlende Antwort auf seinen Brief erhalten“, erklärte René Kutschke. Kurz zuvor hatte sich Jürgen Gnauck in der Redaktion gemeldet: „Ich bekomme die 29 Euro zurück“, sagte er. Es gehe ihm weniger ums Geld, mehr ums Prinzip. Manchmal ist der Kunde eben doch König.