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35 Müllsäcke in der Wohnung

Eine Frau vermüllt ihre Wohnung, vernachlässigt Tiere, zahlt keine Miete. Jetzt widerruft sie auch noch ihr Geständnis.

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© privat

Von Jürgen Müller

Meißen. Ist das wirklich die Angeklagte oder sitzt hier eine andere auf der Anklagebank? Es ist doch die 47-jährige Riesaerin. Im Gegensatz zum ersten Verhandlungstag hat sie aber ihr Aussehen stark verändert. Statt blonder Schüttelfrisur kommt sie jetzt mit schwarz gefärbten Haaren, Kurzhaarfrisur und Brille zur Verhandlung. Doch auch etwas anderes hat sich verändert. Diesmal hat sie keinen Verteidiger, obwohl davon sogar zwei avisiert sind. Doch die gelernte Kinderkrankenschwester hatte ihnen das Mandat entzogen.

Angeklagt ist die Frau wegen Sachbeschädigung und Unterschlagung. Sie soll ihre Wohnung in Coswig total vermüllt haben. Den Müll, vor allem Katzenstreu, füllte sie in 35 Säcke, die sie wochenlang stehen ließ. Die Säcke liefen aus, sodass das Laminat ausgewechselt werden musste. Bei ihrem Hals-über-Kopf-Auszug bei Nacht und Nebel soll sie auch einen beleuchteten Spiegel geklaut haben.

Nachbarn hatten den Vermieter darüber informiert, dass es aus der Wohnung bestialisch stinkt. „Als wir die Wohnung dann öffneten, konnten wir nur mit Atemschutz rein, sagt die Frau des Vermieters als Zeugin vor dem Meißner Amtsgericht. Die Wohnung sei völlig verwahrlost gewesen. Man haben einen Container bestellt und alles reingekippt. „Als wir die Wohnung sahen, kamen mir die Tränen. Wir haben viel Geld und Arbeit reingesteckt, und dann wird das alles in wenigen Wochen zunichte gemacht“, sagt sie und kämpft erneut mit den Tränen.

Dann habe man auch bemerkt, dass der Spiegel weg sei. Die Angeklagte habe nicht auf Anrufe reagiert oder diese weggedrückt. Zu einer Wohnungsübergabe sei sie nicht bereit gewesen. Auch die Miete und die Kaution habe die Riesaerin nicht oder nur teilweise bezahlt. Es läuft noch ein Zivilverfahren. Der Vermieter hat die noch ausstehende Miete von 700 Euro eingeklagt.

Außerdem will er 4500 Euro haben. Dies habe es gekostet, die Wohnung wieder in einen ordentlichen Zustand zu versetzen. Es ist nicht das erste Mal, dass die Angeklagte eine Wohnung vermüllt verlässt. Sie soll schon rund 15 Mal umgezogen sein. So etwas nennt man Mietnomaden. In Lommatzsch ließ sie Tiere verhungern und verdursten. Das Amtsgericht Riesa verurteilte sie wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz, sprach ein Tierhaltungsverbot aus, an das sie sich aber nicht hielt.

Geändert hat sich auch das Aussageverhalten der Angeklagten. Am ersten Verhandlungstag hatte sie die Sachbeschädigung eingeräumt. Nur den Spiegel will sie nicht gestohlen haben. Doch inzwischen hat sie ihr Geständnis widerrufen. Sie sei dazu genötigt und bedroht worden, hatte sie dem Gericht schriftlich mitgeteilt. Ursprünglich hatte sie einen Strafbefehl über 750 Euro erhalten. Doch sie will das Geld nicht bezahlen, fühlt sich unschuldig. Richterin und Staatsanwältin machen der Angeklagten deutlich, dass es für sie im Falle einer Verurteilung wohl noch deutlich teurer wird. Doch die Frau legt kein Geständnis ab, nimmt den Einspruch gegen den Strafbefehl nicht zurück.

So wird es nun einen dritten Termin in dieser Sache geben, zu dem weitere Zeugen gehört werden. Offen ist, ob die Staatsanwaltschaft auch Anklage wegen Betruges erhebt. Die Frau hatte eine Wohnung gemietet, obwohl sie wusste, dass sie die Miete nicht bezahlen kann.