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70 Arbeitsplätze in der Manufaktur Meissen gerettet

Geschäftsführer ChristianKurtzke einigt sich mit der Gewerkschaft. Es müssen nur 180 Mitarbeiter anstatt 250 gehen. Die übrigen erhalten eine Jobgarantie.

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Von Ulf Mallek

Der Krisengipfel im Dresdner Gewerkschaftshaus dauerte sechs Stunden. Und er wurde ein Erfolg. Die 70 zusätzlich bedrohten Arbeitsplätze in der Staatlichen Porzellanmanufaktur sind gerettet. Das teilten Manufaktur und Industriegewerkschaft Bergbau, Energie, Chemie (IG BCE) gestern Abend gemeinsam mit. So werden ab August 180 Mitarbeiter entlassen und nicht 250, wie zuvor befürchtet.

Beteiligung am Erfolg

Beide Seiten vereinbarten einen Sanierungstarifvertrag. Er hat eine Laufzeit von fünf Jahren bis einschließlich 2014. Dieser Vertrag sieht eine befristete Kopplung der Sonderzahlungen (Urlaubs- und Weihnachtsgeld) an die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens ab 2012 vor. In diesem und nächsten Jahr wird es für die verbleibenden rund 600 Mitarbeiter aber keine Sonderzahlung geben.

Damit soll die Rettung der 70 Arbeitsplätze finanziert werden. Ab 2012 greift ein Stufenmodell, bei dem die Mitarbeiter am unternehmerischen Erfolg beteiligt werden. Bis zu 150 Prozent der Sonderzahlungen können ausgeschüttet werden. Zusätzlich wurde – gekoppelt an eine positive Geschäftsentwicklung – eine Beschäftigungssicherung für die verbleibenden Mitarbeiter vereinbart.

„Ich bin froh, dass es uns gemeinsam gelungen ist, diesen Sanierungstarifvertrag zu vereinbaren. Jetzt können wir uns voll auf das vor uns liegende Weihnachtsgeschäft und die anstehenden Restrukturierungen konzentrieren“, sagte Christian Kurtzke, Vorsitzender der Geschäftsführung der Porzellanmanufaktur Meissen.

Es war für die Arbeitnehmerseite nicht leicht, weitere Zugeständnisse zu machen, sagte Gewerkschaftsbezirksleiter Gerald Voigt: „Ich gehe aber davon aus, dass die gefundene Einigung ein wichtiger Schritt zur Sanierung des Unternehmens und zur Sicherung der verbleibenden Arbeitsplätze darstellt.“

Über die Ursachen der schweren Krise der Manufaktur wollte Kurtzke nicht reden. „Wenn ich als Rettungssanitäter an einen Unfallort komme, kann ich natürlich erst einmal fragen. Wie ist denn der Unfall passiert?“ Aber das macht er nicht. Kurtzke: „Ich kümmere mich um die Verletzten.“

Nach Expertenmeinung dürften die wirtschaftlichen Probleme der Manufaktur sowohl im Missmanagement der vergangenen Jahre als auch in der allgemeinen Krise der Luxusgüterindustrie begründet liegen. Bei den namhaften Manufakturen mit hochpreisigem Angebot sah es zuletzt ebenfalls wenig erfreulich aus. Im Januar 2009 meldete Rosenthal Insolvenz an und wurde vom italienischen Besteckhaus Sambonet übernommen. Drei Jahre zuvor musste ein Berliner Bankier die Königliche Porzellanmanufaktur Berlin (KPM) retten.

Auch andere haben es schwer

Auch 2010 haben es die Manufakturen schwer. Die Produktion der rund 30 keramischen Manufakturen und Hersteller ging von Januar bis Mai um knapp 40 Prozent zurück. Der Inlandsumsatz sank um 22 Prozent. Für Kurtzke ein klares Zeichen: Die Hersteller verkaufen ihre Lager leer. In Meißen gibt es einen Lichtblick: Der Inlandsumsatz stieg im ersten Halbjahr gegen den Trend um 25 Prozent.

Kurtzke hofft jetzt auf ein ähnlich gutes Weihnachtsgeschäft. Im nächsten Jahr möchte er wieder 35,5 Millionen Euro umsetzen. 2009 waren es 31,5 Millionen, bisheriger Tiefpunkt eines zehnjährigen Abwärtstrends. Kurtzke rechnet im nächsten Jahr noch mit einem Minus im Ergebnis. Schwarze Zahlen sind erst 2012 wieder in Sicht. Vom Aufgeben hält er nichts: „Ich bin 2008 gekommen, um zu bleiben.“ In zehn Jahren soll sich der Umsatz des Unternehmens verdoppelt haben.