Bischofswerda
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90-Jähriger schreibt einen Antikriegsroman

Fast acht Jahre verbrachte ein Strumpfwirker in einem Panzer der Wehrmacht. Die Geschichte einer verlorenen Jugend schreibt ein Demitzer auf.

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Siegfried Schlegel ist auch im hohen Alter sehr produktiv. Im vergangenen Jahr veröffentlichte er seinen Roman „Der Name der Lilie“.
Siegfried Schlegel ist auch im hohen Alter sehr produktiv. Im vergangenen Jahr veröffentlichte er seinen Roman „Der Name der Lilie“. © Steffen Unger

Demitz-Thumitz. Die Geschichte ist belegt. Dr. Siegfried Schlegel aus Demitz-Thumitz, inzwischen 90 Jahre alt, hat sie in seinem jüngsten Buch „Der Name der Lilie“ aufgeschrieben. Die Handlung beginnt im Erzgebirge, in Thalheim, bekannt für seine Strumpfindustrie. Dort wird der Strumpfwirker Fritz Helbig im Sommer 1937 zur Wehrmacht eingezogen. „Helbig“, schnarrte der Stabsarzt, „Sie als Fußballer strotzen vor Gesundheit, und einen Führerschein besitzen Sie auch schon, damit wären Sie der geborene Panzerfahrer.“ Und Fritz Helbig steigt in den Panzer, zunächst für zwei Jahre. Als er nach Haus entlassen werden soll, bricht Hitler-Deutschland mit dem Überfall auf Polen den Zweiten Weltkrieg vom Zaun. Fritz Helbig muss bei der Armee – und im Panzer – bis zum Kriegsende 1945 bleiben. Wie durch ein Wunder übersteht er unverletzt den Krieg, jedoch kommen ihm zunehmend Zweifel an dessen Sinn. Im Angesicht der mörderischen Gewalt wird seine Menschlichkeit auf eine harte Probe gestellt. Eine auf den Tiger-Panzer gemalte Lilie bestärkt ihn in seiner Hoffnung auf Frieden, Heimkehr und Familie.

Siegfried Schlegel schreibt über die eigene Verwandtschaft. Fritz Helbig war der Ehemann seiner Cousine. Er hinterließ mehrere Tagebücher. Sie waren eine wichtige Grundlage für diesen Antikriegsroman. Siegfried Schlegel durfte die Tagebücher lesen und auswerten.

Ein bewegtes Leben

Der Autor, geboren 1928 und aufgewachsen im Westerzgebirge, blickt auf ein bewegtes Leben zurück. Er fuhr zur See, studierte Pädagogik, unterrichtete als Lehrer ab 1957 in Seifhennersdorf, später in Lohsa. Er promovierte auf dem Gebiet der Geografie. Seit 1978 lebt er in Demitz-Thumitz. Dort unterrichtete er bis 1983 an der Steinmetzschule. Als Christ und Mitglied der DDR-CDU weigerte er sich, die vormilitärische Ausbildung der Lehrlinge in der Gesellschaft für Sport und Technik (GST) zu unterstützen. Danach war er Erzieher in einem Kinderheim. In der Wendezeit engagierte sich Siegfried Schlegel im Neuen Forum. Seit Beginn der 1990er-Jahre bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand 1993 war er Dezernent für Bildung und Kultur im Landratsamt Bischofswerda.

Der geistig agile Senior gilt als profunder Kenner der Oberlausitz, und er kann auf zahlreiche Veröffentlichungen verweisen, darunter seine kleine Landeskunde „Die Oberlausitz. Ein liebenswertes Stück Deutschland“. Hinzu kommen mehrere Romane. Seine Erlebnisse als Seemann verarbeitete Siegfried Schlegel vor mehreren Jahren im Buch „Jan Id und die anderen Seeleute“. Vor zwei Jahren erschien von ihm im Notschriften-Verlag Radebeul der Roman „Der Dehmel-Bauer“. Der Notschriften-Verlag gab 2018 auch das jüngste Buch des Demitzers „Der Name der Lilie“ heraus. In der Bischofswerdaer Buchhandlung Heinrich ist es noch zu haben. (SZ/ir)