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Löbau
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Gutachter im "Giftauto"-Prozess bestellt

Gerlind Nitzsche aus Neusalza verklagt ein Löbauer Autohaus auf Schadenersatz. Der Unternehmer wehrt sich und hat Zweifel an der Seriosität eines Arztes.

Von Markus van Appeldorn
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Gerlind Nitzsche und ihre söhne Robin (l.) und Henrik behaupten, durch Abgase ihres Fiat Qubo vergiftet worden zu sein.
Gerlind Nitzsche und ihre söhne Robin (l.) und Henrik behaupten, durch Abgase ihres Fiat Qubo vergiftet worden zu sein. © Markus van Appeldorn

Die Vorwürfe der Neusalza-Sprembergerin Gerlind Nitzsche gegen das Löbauer Autohaus Scholz wiegen schwer. Die Zeitungsbotin hatte im Sommer 2015 einen Fiat-Minivan bei dem Händler erworben. Nur Wochen später seien bei ihr und ihren Kindern rätselhafte Symptome aufgetreten, etwa Schwächeanfälle und Nasenbluten. Nach einer Ärzte-Odyssee diagnostizierte ein Dresdner Mediziner im Mai 2017 bei ihrem Sohn Henrik schließlich eine lebensbedrohliche chronische Vergiftung mit Autoabgasen. Auch den Grund dafür stellte der Arzt fest: "defekte Auspuffanlage mit Abgaseinleitung", heißt es in der Diagnose. Gerlinde Nitzsche hat das Autohaus am Görlitzer Landgericht auf 27.000 Euro Schmerzensgeld verklagt und verlangt eine Rückabwicklung des Autokaufs.

Das Gericht hat nun einen Kfz-Gutachter mit der Prüfung beauftragt, ob der Abgasstrang des fraglichen Autos defekt ist und ob Abgase in den Fahrgastraum gelangen. Der beklagte Autohändler begrüßt die gerichtliche Anordnung eines Gutachtens. "Endlich wird das mal sachgerecht festgestellt", sagt Michael Scholz auf SZ-Anfrage. Er bestreitet den Vorwurf von Gerlind Nitzsche und hat den Weg des Autos dokumentiert. Das Auto sei mit neuem TÜV und neuer Abgasuntersuchung ausgeliefert worden. Zweimal sei das Fahrzeug nach dem Kauf in seiner Werkstatt gewesen. Einmal im April 2016 nach 30.000 gefahrenen Kilometern zum Ölwechsel, ein zweites Mal nach rund 50.000 gefahrenen Kilometern im November 2016 wegen einer Turbolader-Reparatur. "Die Reparatur für über 2.000 Euro habe ich aus Kulanz übernommen", sagt Scholz. Von einer Abgasvergiftung, die ja schon kurz nach dem Kauf aufgetreten sein soll, habe die Kundin nie etwas gesagt. Diesen Vorwurf habe sie erst einige Monate später erhoben - ausgerechnet einige Tage, nachdem er eine Bewerbung von Gerlind Nitzsche als Auto-Aufbereiterin abgelehnt habe. "Ich hatte keine Stelle zu vergeben", sagt er. Michael Scholz zweifelt auch an der Diagnose des Dresdner Arztes. Nicht an der Vergiftungs-Feststellung an sich, sondern daran, dass der Arzt als Grund eine defekte Auspuffanlage angibt. "Der ist Arzt und Kfz-Sachverständiger in einem", sagt Scholz. "Ich finde es bemerkenswert, mit welcher Sicherheit ein beruflicher Laie Aussagen zu technischen, physikalischen und chemischen Verfahren im Kfz-Handwerk abgeben kann."

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