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Abschied vom Kretscham

In Ebersbach hat der Abriss begonnen. Ein historisches Papier erinnert an die Eröffnung.

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© Rafael Sampedro

Von Romy Kühr

Ebersbach. Von dem Jahrestag weiß Gustav Adolf Kästner freilich nichts. Am Freitag vor genau 149 Jahren – am 1. Juli 1867 – eröffnete er als Pächter den Kretscham an der Hauptstraße. Dafür warb er in einer Anzeige im Ebersbacher Wochenblatt, der damaligen Zeitung im Ort. Ein Ebersbacher hat solche historischen Druck-Erzeugnisse gesammelt, auch die Anzeige zur Kretscham-Eröffnung. Mit „neuer Einrichtung und viel Geschäftsroutine“ warb der Pächter in dem Blatt dafür, sein Lokal zu besuchen. Den Kretscham selbst gab es da schon mehrere Jahrhunderte: 1537 wurde er erstmals erwähnt.

Zurzeit wird entkernt, der Schutt in Container verladen.
Zurzeit wird entkernt, der Schutt in Container verladen. © Rafael Sampedro
Durch die fehlenden Fenster kann man ins Treppenhaus sehen.
Durch die fehlenden Fenster kann man ins Treppenhaus sehen. © Kühr
Auch allerhand Müll haben die Arbeiter aus dem Gebäude geschafft.
Auch allerhand Müll haben die Arbeiter aus dem Gebäude geschafft. © Kühr
In einer Anzeige warb der Pächter für die Eröffnung am 1.Juli 1867.
In einer Anzeige warb der Pächter für die Eröffnung am 1.Juli 1867. © privat

Zu essen gibt es in dem maroden Gebäude schon lange nichts mehr. Sein Zustand bot viele Jahre Anlass zur Kritik. Nun lässt die Stadt den Kretscham abreißen, nachdem sie ihn aus einer Zwangsversteigerung erworben hat. Der Schornstein ist schon weg. In Schieflage geraten war er bereits vor Jahren und irgendwann eingefallen. Die Stadt sicherte die losen Teile und sperrte das Gelände ab. Mittlerweile ist auch das Dach in großen Teilen eingebrochen. Derzeit sind Arbeiter dabei, das Gebäude zu entkernen. Alle Inneneinbauten und auch die Fenster müssen raus. Erst dann kann der Abrissbagger kommen. Ganz unkompliziert ist der Abriss jedoch nicht. Denn der Saalanbau stützt mit einer Mauer den Oberen Kirchweg, wie Bernd Noack von der Stadtverwaltung Ebersbach-Neugersdorf erklärt. „Wir müssen sehr sorgfältig vorgehen, damit das Umfeld keinen Schaden nimmt.“ Der Kretscham war einst ein beliebtes Veranstaltungshaus. Vielen ist er von Familienfeiern in guter Erinnerung. Zu DDR-Zeiten fanden zum Beispiel regelmäßig Jugendweihe-Feiern statt. Auch die Tanzabende im Kretscham waren berüchtigt, und die Männergesangsgruppe Edelroller probte hier.

Der Abriss ist mit rund 200 000 Euro eingeplant. Während dem Kretscham jetzt der Abriss bevorsteht, wird die benachbarte Barockkirche saniert. In diesem Jahr stehen als erster Schritt das Tor und die Eingangstreppe zum Kirchengelände auf dem Plan. Ist der Kretscham verschwunden, wird das von der Straße aus deutlicher zu sehen sein als bisher. So wird sich in naher Zukunft ein ganz neues Bild an der Ebersbacher Hauptstraße ergeben.