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Adieu, Schober-Bäcker

Die Weinhübler Bäckersleute verabschieden sich Ostern in den Ruhestand. Doch sie haben einen Nachfolger gefunden.

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© Pawel Sosnowski/80studio.net

Von Ingo Kramer

Görlitz. Eines steht für Horst Schober fest: Im Ruhestand wird er nichts mehr backen. „Bei uns zu Hause gibt es gar keine Vesper, wir essen lieber herzhaft“, sagt der Weinhübler Bäckermeister. Streuselkuchen etwa habe er noch nie gegessen, den Buttergeruch mag er einfach nicht. Seine Frau Ute muss lachen: „Er hat in seinem Leben ganze Fußballfelder gestreuselt, aber verkosten musste ich.“ Auch Brot und Semmeln wird ihr Mann im heimischen Ofen nicht backen. „Die kaufe ich künftig bei meinem Nachfolger“, sagt der 65-Jährige.

So fing 1981 alles an: Horst Schober mit den Roggen-Vollkornbroten am Backofen, Ute Schober (rechts außen) am Ladentisch. Beide waren um die 30 Jahre alt.
So fing 1981 alles an: Horst Schober mit den Roggen-Vollkornbroten am Backofen, Ute Schober (rechts außen) am Ladentisch. Beide waren um die 30 Jahre alt. © privat
So fing 1981 alles an: Horst Schober mit den Roggen-Vollkornbroten am Backofen, Ute Schober (rechts außen) am Ladentisch. Beide waren um die 30 Jahre alt.
So fing 1981 alles an: Horst Schober mit den Roggen-Vollkornbroten am Backofen, Ute Schober (rechts außen) am Ladentisch. Beide waren um die 30 Jahre alt. © privat

Ostersonnabend ist für Horst und Ute Schober der letzte Arbeitstag vor ihrem Ruhestand. Dann geben sie ihre Traditionsbäckerei an der Zittauer-/Ecke Seidenberger Straße an ihren Nachfolger weiter. „Wir gehen mit einem lachenden und einem weinenden Auge“, sagt die Ehefrau, die sich schon darauf freut, künftig mehr Zeit für Sport, Kurzreisen und das Familienleben zu haben. Bei ihrem Mann ist es mehr das weinende Auge: „Ich habe mein Leben lang nichts anderes gemacht, habe mit 14 Jahren meine Lehre in der Bäckerei meines Vaters in der Heilige-Grab-Straße begonnen.“ Seit 1981 hat er mit seiner Frau die 1896 eröffnete Bäckerei in dem Weinhübler Eckhaus geführt. Vierunddreißigeinhalb Jahre sind es am Ende geworden: „So lange wie wir war noch keiner hier.“ Da kann er jetzt nicht einfach ohne Emotionen loslassen.

Doch die Schobers sind glücklich, dass sie nach jahrelanger Suche doch noch einen Nachfolger gefunden haben. Zu guter Letzt hat sich mit Lars Pätzold ein Geselle aus den eigenen Reihen dazu durchgerungen, das Unternehmen fortzuführen. Die Bäckerei bleibt nur eine Woche geschlossen und öffnet am 5. April unter dem neuen Namen „Bäckerei Pätzold“ wieder.

Der 37-Jährige stammt aus Görlitz, hat in der Bäckerei Tschirch gelernt und arbeitet seit 2002 bei Schobers. Er hat keinen Meisterbrief, wird aber wegen seiner Berufsjahre von der Handwerkskammer anerkannt: Er darf die Bäckerei führen, allerdings nicht ausbilden. Was die Kundschaft am meisten freuen dürfte: Er will die Bäckerei mit der bewährten Rezeptur weiterführen. Auch beim Personal gibt es kaum Änderungen: Nur eine Verkäuferin verlässt die Bäckerei zusammen mit den Schobers. Anders gesagt: Vier Leute in der Backstube und drei im Verkauf bleiben. Das Team sei sehr gut, lobt Ute Schober: „Der Krankenstand war sehr niedrig.“

Die Kundenzahl hingegen war stets hoch: Unter der Woche über 300 am Tag, freitags sogar rund 500 und am Sonnabend zwischen 250 und 280. Diese Zahlen seien seit vielen Jahren konstant, trotz der wachsenden Konkurrenz durch die Supermärkte mit ihren eigenen Backstationen und Bäckerfilialen in den Eingangsbereichen. Zu den Schobers kommen nicht nur die alten Weinhübler, sondern auch viele junge Leute aus Altweinhübel sowie Kunden aus anderen Stadtteilen und von umliegenden Dörfern. „Darunter sind auch viele ehemalige Weinhübler“, sagt Ute Schober.

In all den Jahren seit 1981 hat sie auch viele Anekdoten erlebt. Gleich im ersten Jahr habe ihr Mann den mit Streusel belegten Stollen anbrennen lassen, den eine Kundin zum Abbacken vorbeigebracht hatte. Sie hat natürlich Ersatz bekommen und ist der Bäckerei treu geblieben – bis heute: „Zu ihrem 90. Geburtstag haben wir ihr als Überraschung einen Streuselkuchen gebacken.“ Unvergessen ist auch der Kunde, der einen vermeintlichen Beutel zur Befüllung über den Ladentisch reichte – und aus Versehen einen BH seiner Frau übergab.

Die Schobers können über solche Geschichten noch heute herzlich lachen. Zum Abschied aber wollen sie vor allem eines: allen Mitarbeitern und Kunden Danke sagen für die lange Treue. Den Umgang mit all diesen Menschen werden die Schobers vermissen. Aber ab und an werden sie sich blicken lassen, denn sie ziehen jetzt zwar nach Holtendorf, aber das Bäckereihaus bleibt in ihrem Besitz. Der Nachfolger will nur das Inventar kaufen. So werden sie im Haus immer mal nach dem Rechten sehen. Und Ute Schober wird es sich auch nicht nehmen lassen, die Ware zu prüfen und ein paar Ratschläge zu geben. Zu Kuchenessern wollen sie aber auch im Ruhestand nicht werden. Wobei Horst Schober da nicht ganz so konsequent ist wie seine Frau: „Manchmal habe ich mir still und heimlich ein Stück Kuchen genommen“, verrät er. Nur keinen Streuselkuchen.