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Ärger um die kleinen Steine

Autofahrer beschweren sich, Motorradfahrer leben gefährlich: Rollsplitt steht in der Kritik. Was nützt er wirklich?

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© Matthias Weber

Von Constanze Junghanß

Überall Rollsplitt: Auf der Äußeren ZIttauer Straße quer durch Löbau genauso wie am Neumarkt oder auf der Rumburger Straße. Und der Splitt bewegte sich nicht nur auf der Fahrbahn, sondern auch die Gemüter vieler Verkehrsteilnehmer. Denn längst nicht alle scharfkantigen Steinchen haften nach der Ausbringung am Untergrund fest. Etliche machen sich quasi selbstständig – sehr zum Ärger der Betroffenen. Joachim Herrmann beispielsweise bezweifelt den Sinn der Aktion: „Nichts gegen eine vernünftige Instandsetzung“, erklärt er, „aber was hier jedes Jahr aufs Neue geschieht, ist brachialer Unfug und Verschleudern von Steuergeldern.“ Außerdem weist Herrmann auf die Gefahren hin. Unfälle und Fahrzeugbeschädigungen, wie zerborstene Scheiben oder demolierter Lack wären die Folge. Zudem habe „Chaos bei der Ausbringung“ des Rollsplitts geherrscht und die so geschundenen Straßen ähnelten schlechteren Rumpelpisten.

Löbau ist nicht die einzige Stadt, in der dieser Tage der Rollsplitt verteilt wird. Das merken auch die Reparaturbetriebe. Bei der Autowerkstatt A.T.U. in Zittau spielen Reparaturarbeiten, verursacht durch Steinschläge von Rollsplitt, eine immer größere Rolle. Das bestätigt Service-Mitarbeiter Torsten Halang. Mittlerweile seien das pro Monat bis zu zehn solcher Reparaturen, sagt er. Vor allem Lack-Abplatzer an Türen und Stoßstangen fallen auf, die von der Werkstatt ausgebessert werden müssen.

Auch dem Bauamt der Stadt Löbau ist das Problem bekannt. Der Splitt sei eher unplanmäßig und sprunghaft von der Straßenmeisterei Lawalde aufgebracht worden, heißt es von dort. Das habe für Ärger gesorgt. Doch nicht die Stadt ist dafür verantwortlich gewesen, sondern der Landkreis. Bauamtsleiter Dieter Peschel teilt mit, dass dabei die sogenannte Patchtechnologie angewendet wurde. „Das ist ein technisch anerkanntes Verfahren und garantiert eine hohe Qualität“, informiert er. Peschel erklärt, was das ganze überhaupt soll: Mit dem Einmann-Patcher könnten Abplatzungen der Asphalt-Deckschicht, Schlaglöcher, Risse und Absetzungen effektiv saniert werden, da Splitt zum Einsatz komme, der von Bindemittel umhüllt sei. Der werde in einem Arbeitsgang in die Schadstellen eingebracht und der Bereich mit Druckluft gereinigt. Dadurch liege weniger Rollsplitt auf der Straße. Die Reste macht dann nach drei bis fünf Tagen die Kehrmaschine weg. Zu den Risiken und der Frage, warum die Fahrbahnschäden in dieser Weise geflickt werden, statt mit länger haltbaren Varianten zu reparieren, äußerte sich der Landkreis auf Anfrage nicht. Üblicherweise wird Splitt verwendet, um zu verhindern, dass größere Schäden überhaupt entstehen – die dann wieder größere und teurere Reparaturen nach sich ziehen.

Autofahrer wiederum hatten den Eindruck, dass speziell in Löbau sehr viel loser Splitt über Tage auf den Straßen lag. Und der frisch aufgebrachte Rollsplitt erwies sich prompt als gefährlich. Einem 22-jährigen Motorradfahrer wurde das Material vor einigen Tagen offenbar zum Verhängnis. Wie Polizeisprecher Tobias Sprunk mitteilte, war der Mann auf der Straße von Lawalde in Richtung Löbau unterwegs, als er in einer Rechtskurve, kurz hinter dem Lawalder Ortsausgang, auf dem rutschigen Untergrund die Kontrolle über sein Motorrad verlor und stürzte. Auch bei Kamenz gab es kürzlich einen solchen Unfall. Ein Mopedfahrer verlor ebenfalls die Kontrolle über sein Fahrzeug auf einer frisch gesplitteten Straße. Mit dem Rettungshubschrauber wurde der Mann ins Krankenhaus gebracht.

Häufen sich durch Rollsplitt verursachte Unfälle? Falk Forhoff vom ADAC Sachsen erklärt, dass es dazu beim Automobilclub keine Statistik gibt. Er bestätigt aber, dass tatsächlich Schäden und Unfälle durch Rollsplitt verursacht werden können. „Nämlich dann, wenn Fahrzeuge bei losem Splitt zu schnell fahren“, sagt der ADAC-Sprecher. Einerseits sei dabei mit einem längeren Bremsweg zu rechnen. Und bei zu dichtem Auffahren könnten nachfolgende Fahrzeuge von den Steinen getroffen werden. Auch Fußgänger und Radfahrer sind bei zu schneller Fahrweise über Rollsplitt gefährdet, wenn dieser dann bis auf den Geh- oder Radweg fliegt. Werden alle Regeln eingehalten, sieht der ADAC Sachsen jedoch keine Gefahr. Vor allem dann nicht, wenn der Splitt sich direkt im Asphalt befindet. Ansonsten sei Rollsplitt eher im Frühjahr ein Thema, da dieser oft nach entstandenen Winterschäden auf die Straßen gebracht werde.