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Alarmanlage von der Stange nutzlos

Professionelle Autodiebe kennen die Standard-Sicherheitssysteme ganz genau – und brauchen nur Sekunden, um sie auszuschalten.

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© Klaus-Dieter Brühl

Von Manfred Müller

Sacka. Die Zahl der Autodiebstähle ist in Sachsen voriges Jahr zwar leicht zurückgegangen – von 2580 im Jahr 2014 auf 2286. Aber die Kriminalstatistik täuscht ein wenig. So hat sich die Lage in den Großstädten etwas entspannt, dafür nahmen die Fälle im grenznahen Raum wieder zu. Da der Freistaat mit Brandenburg, Berlin und Hamburg im Deutschland-Vergleich seit Jahren an der Spitze liegt, kann von Entwarnung keine Rede sein. Auch deshalb, weil die Zahl der Einbrüche in Autos sogar leicht angestiegen ist. Sie lag 2015 im Landkreis Meißen bei genau 700.

Die Aufklärungsquote fällt bei diesem Delikt hingegen erschreckend mager aus. Es sind nur etwa 14 Prozent. Vor diesem Hintergrund wirken die Tipps der Polizei, wieder auf die gute alte Lenkradkralle oder eine mechanische Blockierung der Gangschaltung zurückzugreifen, etwas hilflos.

„Ich musste ein bisschen lächeln, als ich das in der Zeitung las“, sagt Ronald Bewilogua. „Was hilft die Kralle, wenn der Dieb auf das teure Navigationssystem, die Musikanlage oder auf die Scheinwerfer scharf ist.“ Die moderne LED-Beleuchtung der teureren Automarken rufe zunehmend Ganoven auf den Plan.

Der Sackaer hat sich mit seiner Firma Car-Elektronik auf den nachträglichen Einbau von Sicherheitssystemen spezialisiert. Die vom Hersteller installierten Alarmanlagen seien keine wirkliche Option mehr, ist sich Bewilogua sicher. Die Autoschieber-Banden aus Osteuropa verfügten mittlerweile über ausgewiesene Elektronikexperten, die die Sicherheitstechnik bei jedem Typ genau kennen. „Sie brauchen keine drei Minuten, um selbst eine hochwertige Anlage außer Gefecht zu setzen“, sagt er. Zumal die beim Kauf mitgelieferten Alarmanlagen immer an derselben Stelle eingebaut werden. Da helfe es manchmal schon, wenn die Diebe nicht wissen, wo genau welches System installiert ist. Denn die Banden sind zwar hochmodern ausgerüstet, über eins aber verfügen sie nicht: Zeit.

Ein versierter Fachmann hat viele Möglichkeiten, die Alarmanlage im Auto zu installieren – hinterm Handschuhfach, unterm Lenkrad oder im Kofferraum. Es gibt Sensortechnik, die sich schon meldet, wenn jemand nur ums Auto herumschleicht, um den besten Weg ins Innere zu erkunden. Und man kann die Alarmanlage heute auch mit dem Mobiltelefon koppeln und bei Diebstahls-Gefahr angeklingelt werden. Entsprechende Apps sind längst auf dem Markt.

„Es gibt eine Vielzahl von Lösungen, die kein Dieb alle kennen kann“, sagt Ronald Bewilogua. Ein neuralgischer Punkt sei beispielsweise die so genannte OBD-Schnittstelle, an der die Autowerkstätten ihre Diagnosegeräte anschließen. Über diese könne ein krimineller Profi die Wegfahrsperre entriegeln. Sicherheits-Spezialisten halten gegen, indem sie eine Möglichkeit schaffen, die Schnittstelle zeitweilig zu deaktivieren. Die beste Variante, sowohl dem Autoklau als auch Einbrüchen vorzubeugen, so Bewilogua, sei letztlich eine Kombination von Alarmanlage und Ortungssystem.

Einen hundertprozentigen Schutz bietet aber auch die ausgefeilteste Elektronik nicht. Hinter der Grenze verschwinden die Autos nicht selten in Containern, in denen sie nicht mehr geortet werden können. Oder sie werden in Einzelteile zerlegt und irgendwo in der Ukraine wieder zusammengebaut. Professionelle Autoknackerbanden haben es vor allem auf Oberklasse-Wagen abgesehen. Beliebtestes Diebesgut sind die teuren Modelle von Audi und BMW, aber auch der Toyota Lexus und Land Cruiser sowie der Range Rover.

Die neueste Masche der Autodiebe ist übrigens das Überbrücken der so genannten Keyless-Go-Schließsysteme, die deutlich anfälliger sind als herkömmliche Autoschlüssel. Nicht jede technische Weiterentwicklung am Fahrzeug bringt automatisch ein Plus an Sicherheit. In der Elbe-Röder-Region stehen der Golf III bis V und der Skoda Oktavia ganz oben auf der Diebstahlliste. Das liegt zumeist an der Nachfrage nach Ersatzteilen, denn oft werden die Fahrzeuge später ausgeschlachtet. Hier sind eher Kleinkriminelle am Werk, weniger professionell organisierte Banden. Der ADAC rät deshalb, auch die einfacheren Sicherungsmöglichkeiten nicht gering zu schätzen.