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Als die Tücher zum Trocknen am Turm hingen

Die Lausitzer Textilveredlung brachte das bekannte Hayner Blau und Grün hervor.

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Textilveredelung in der Lautex im Jahre 1991.
Textilveredelung in der Lautex im Jahre 1991. © Archiv: Klaus-Dieter Brühl

Großenhain. Als Kattun- und Zitzmanufaktur 1763 von der Kurfürstin Maria-Antonia von Sachsen gegründet, gilt die spätere Lausitzer Textilveredlung als der älteste Großbetrieb der Stadt. Die Manufaktur wurde im damals selbstständigen Naundorf angesiedelt, weil das Röderwasser sich vorzüglich für die Bleiche von Textilien eignete.

Kattun (Baumwolle) und Zitz (feiner, besonders glatter Stoff) kamen aus Indien und wurden in Sachsen mit staatlicher Förderung verarbeitet. Das Bleichen der Rohkattune erfolgte noch nicht chemisch oder maschinell. Die Tücher wurden auf Naundorfer und Folberner Wiesen zum Bleichen ausgelegt oder am Turm zum Trocknen aufgehängt. 

Hofkommissar Christian Barth war der erste Leiter der Manufaktur. Er ist der Erfinder des Hayner Blaus und des Hayner Grüns als Farbstoffe. 1775 ging der Betrieb in den Besitz des Leipziger Kammerrates Frege über. Dieser hatte Privilegien wie das Obergericht über seine Angestellten als erste Instanz, die Befreiung seiner Arbeiter vom Militärdienst und einen Bannkreis von 30 Kilometern, innerhalb dessen keine andere Kattunmanufaktur errichtet werden durfte.

Schon reichlich zehn Jahre später übernahm Jakob Bodemer die Manufaktur. Bodemer ließ umfangreich mechanisieren und 1834 die erste Dampfmaschine der Gegend in Betrieb nehmen. Auch führte er die Frauenarbeit ein. Ab 1910 hieß der Betrieb Blaudruckfabrik Gebrüder Jentzsch und wurde wiederum umgebaut. 

Der Blaudruck verkaufte sich bis nach Skandinavien, Südamerika, Afrika und Australien. 1950 ging die Stoffdruckerei in Volkseigentum über und entwickelte sich zum größten Textilveredlungswerk der DDR. 

1989 gab es noch über 1.000 Mitarbeiter. 1992 übernahm die Treuhand die Abwicklung der Textilveredlung. Ein Jahr später wurde das Unternehmen an den Frankfurter Marketing-Experten und Jentzsch-Erbenvertreter Gernot Göschel zurückgegeben, der die Restitutionsansprüche der Familie Jentsch übernommen hatte. Im Jahr 1998 musste er schließlich Insolvenz anmelden.

Die Stadt hat die Zwangsversteigerung 2004 beantragt, weil sie Schulden in Höhe von 160.000 Euro für ausstehende Abwassergebühren und Grundsteuern einziehen wollte. Ihm gehörten das historische Hauptgebäude und der Verwaltungstrakt. Andere Grundstücke waren bereits an Firmen verkauft. 

Als Göschel nun die Großenhainer aufforderte, sich an der Lautex zu beteiligen, weil er sich das Grundstück nicht wegnehmen lassen wollte, hatten die nur noch ein müdes Lächeln. Denn Gernot Göschel hatte seinerseits den letzten Beschäftigten der Lautex einiges an Lohn vorenthalten.