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Als Kirchgänger ihre Stühle noch mitbrachten

Die Kirche in Marbach hat einige Besonderheiten aufzuweisen. Eine ist eine kleine Sammlung alter Bauernstühle. Die ist für Frieder Lomtscher bezeichnend.

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© André Braun

Von Heike Heisig

Striegistal/Marbach. Stühlerücken – das ist in der Kirche in Marbach im wahrsten Wortsinn jederzeit möglich. Denn auf den Emporen, die in den meisten Kirchen noch mit Bänken ausgestattet sind, stehen Stühle. Darunter sind einige, denen man ihr Alter ansieht. Zum einen, weil sie schon wurmstichig sind. Zum anderen, weil sie einfach gearbeitet, aber trotzdem noch mit dezentem Schmuck ausgestattet sind. Eine Schnitzerei in der Stuhllehne da, herzförmige Aussparungen in der Lehne dort. Die Stühle gehören zu einer historischen Bauernstuhlsammlung.

Frieder Lomtscher, langjähriges Mitglied im Kirchenvorstand und Kenner der Kirche samt Inventar, datiert die Holzstühle auf die Zeit um 1780. Damit seien sie so alt wie das Kirchenschiff und die Kirche Marbach in der heutigen Form. Das Datum ist ein wichtiges für die Kirchgemeinde. Damals reichte die ursprüngliche Kapelle aus dem 13. Jahrhundert und damit aus der Zisterzienserzeit nicht mehr aus. Die Gemeinde wuchs ständig. Dem trugen die Verantwortlichen damals mit einem neuen Kirchenschiff Rechnung. Allerdings: Für Kirchenbänken auf den drei Emporen reichte das Geld nicht mehr. „Da haben die Leute ihre Stühle halt von Zuhause mitgebracht“, erklärt Frieder Lomtscher. Die meisten seien einfach in der Herstellung und damals sicher von jedem Stellmacher oder Handwerker ähnlicher Zunft anzufertigen gewesen.

Die ältesten Modelle der Sammlung stehen unter Denkmalschutz. Später hinzugekommene sind weniger interessant. Aber für Lomtscher sprechen sie dennoch Bände. Er zeigt auf Stühle, die mit hoher Lehne denen an Festtafeln gleichen. Manche sind mit einem Sitzpolster ausgestattet. „Wer es sich leisten konnte, wollte später nicht mehr auf dem harten Holz sitzen“, begründet er mit schelmischem Lächeln. Damit liefert er auch den Beweis, dass die Marbacher bequem waren. In den Balustraden der Emporen finden sich Schließfächer. „So mussten die Leute zum Gottesdienst ihre Bibeln nicht jedes Mal mitbringen“, begründet Lomtscher. Genutzt werden die Stühle auf den Emporen heute kaum noch, die Emporen allerdings schon. Zum Weihnachtsgottesdienst drängen sich häufig 500 Besucher ins Gotteshaus. Mit der Schwesternkirche in Greifendorf gehören zur Gemeinde Marbach, Etzdorf und Gleisberg gegenwärtig rund 1300 Christen.

Viele davon zahlen nicht nur ihre Kirchensteuer, sondern beteiligen sich aktiv am Gemeindeleben. Lomtschers Sohn Lukas zum Beispiel wird mit seinem Ensemble „Nobiles“ am 17. September in der Kirche in Etzdorf ein Konzert zugunsten der Kirchensanierung Marbach geben. Im vergangenen Jahr beteiligte sich die Dorfgemeinschaft am MDR-Gewinnspiel, bei dem Marbach 200 000 Euro für die Sanierungsarbeiten gewonnen hat. „Dieser Einsatz ist für mich bezeichnend für die Marbacher. Sie lamentieren nicht über Mängel wie die fehlenden Kirchenbänke, sondern packen an, dass sich etwas ändert“, so Lomtscher.