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Die Altenberger Rehaklinik im Energiesparmodus

Fixkosten steigen, Corona-Zuschläge fallen weg. Um weiter wirtschaftlich arbeiten zu können, gibt es im Raupennest erste Einschnitte - mit Auswirkungen für Badegäste.

Von Anja Ehrhartsmann
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Geschäftsführerin Anke Gundel am Außenbecken: Ab Mitte September wird dieser Bereich auf unbestimmte Zeit geschlossen.
Geschäftsführerin Anke Gundel am Außenbecken: Ab Mitte September wird dieser Bereich auf unbestimmte Zeit geschlossen. © Daniel Schäfer

Es ist Mittagszeit. In der Bäderlandschaft der Rehaklinik herrscht mäßiger Betrieb. Im Außenbecken tummeln sich einige Gäste, genießen das warme Wasser und lassen sich dabei von den Sonnenstrahlen kitzeln. Noch ist der Außenbereich täglich geöffnet, für Reha-Patienten und Besucher der Bäderlandschaft. Doch ab September wird sich das ändern.

Denn die Klinikleitung hat sich schweren Herzens dazu entschlossen, den Außenbereich zunächst nur noch verkürzt zu öffnen und ab Mitte des Monats auf unbestimmte Zeit ganz zu schließen. Der Grund ist simpel. Die Wassertemperatur im Außenbecken über den Winter hoch zu heizen und auf Badetemperatur zu halten, kostet zu viel Energie, erklärt Anke Gundel, Geschäftsführerin der Rehaklinik Raupennest in Altenberg.

Die Sparmaßnahmen wirken sich auch auf den Innenbereich aus. In den Becken wurde die Temperatur zwischenzeitlich um zwei Grad abgesenkt. Damit ist das Wasser jetzt zwischen 26 und 34 Grad warm. Die Sauna, die schon zwei Jahre keine Besucher mehr gesehen hat, soll weiter geschlossen bleiben. "Unser Ziel ist es, die Bäderlandschaft weiterhin offen zu halten", versichert Anke Gundel. Schwimmkurse und Schulschwimmen sollen also weiter stattfinden können. Auch für Nicht-Patienten bleibt geöffnet. Für die orthopädische Rehabilitation bräuchte es ohnehin ein Becken, also kann auch gleich ganz aufgemacht werden.

Auf der Suche nach Stromfressern

Die Frage, wie Energie gespart und Kosten für Strom und Gas gesenkt werden können, stellt sich für Anke Gundel dieser Tage verstärkt. Vor allem, da die Energieversorgung im Raupennest schon vor Jahren auf hocheffiziente Blockheizkraftwerke umgestellt wurde. Nur noch in den Spitzen wird das öffentliche Stromnetz angezapft. Der Energieverbrauch ging seither auch stetig runter. Nun ist aber ein Punkt erreicht, an dem nicht mehr in dem Maße eingespart werden kann, erklärt Anke Gundel. Stattdessen wird aber der Preis für Gas steigen, das gebraucht wird, um die Blockheizkraftwerke zu betreiben.

Steffen Schreiter, Bereichsleiter Technik im Raupennest, ist für die Blockheizkraftwerke der Klinik verantwortlich.
Steffen Schreiter, Bereichsleiter Technik im Raupennest, ist für die Blockheizkraftwerke der Klinik verantwortlich. © Daniel Schäfer

Der Fixkostenanteil von Gas und Strom liege im Raupennest bei knapp drei Prozent. "Aktuell sieht es so aus, dass der Kostenanteil im nächsten Jahr auf 21 Prozent wächst. Das ist für uns wirtschaftlich nicht mehr darstellbar, das muss man ganz klar sagen", macht Anke Gundel deutlich.

Enormer Personalaufwand durch Corona-Auflagen

Nicht nur die steigenden Energiekosten treiben die Geschäftsführerin um. Auch mit den Auswirkungen der Pandemie hat sie nach wie vor täglich zu kämpfen. "Wir müssen immer noch verschärfte Regeln einhalten, Masken tragen, Abstand halten. Unsere Gäste essen immer noch in Schichten statt in offenen Essensgruppen." In der Konsequenz heißt das, alle Mahlzeiten werden dreimal angeboten und damit steigt der Personalaufwand.

Damit Abstände besser eingehalten werden können, wird im Speisesaal im Raupennest jede Mahlzeit im Drei-Schicht-System eingenommen. Das bedeutet für die Mitarbeiter zusätzlichen Aufwand.
Damit Abstände besser eingehalten werden können, wird im Speisesaal im Raupennest jede Mahlzeit im Drei-Schicht-System eingenommen. Das bedeutet für die Mitarbeiter zusätzlichen Aufwand. © Daniel Schäfer

Dass nun diskutiert wird, die einrichtungsbezogene Impfpflicht zu verlängern, dafür fehlt Anke Gundel jedes Verständnis. Denn schon jetzt verstärkt die Impfpflicht den Hilfs- und Fachkräftemangel. Für Mitarbeiter, die sich nicht impfen lassen wollen, wäre es ein Leichtes, in andere Branchen abzuwandern, die keine Impfpflicht haben. "Als die einrichtungsbezogene Impfpflicht beschlossen wurde, mag das richtig gewesen sein. Man wollte die vulnerablen Gruppen vor der Delta-Variante mit einem schweren Verlauf schützen. Aber jetzt muss das zurückgenommen werden", fordert Anke Gundel.

"Wir haben nach wie vor die kompletten Auflagen, ohne dass wir die notwendigen 90 Prozent Auslastung erreichen können", gibt sie zu bedenken. "Wir brauchen aber die hohe Auslastung, um wirtschaftlich arbeiten zu können." Erschwerend komme vielmehr nun hinzu, dass zum Beispiel der Hygienezuschlag zum 1. Juli ausgelaufen ist. Für medizinische Masken, den erhöhten Reinigungsaufwand und Personal, das zum Testen bereitgestellt werden muss, gibt es damit keine finanzielle Unterstützung mehr.

Brandbriefe an Politiker verschickt

"Die extreme Preissteigerung trifft uns maximal", sagt Anke Gundel. Aber im Gegensatz zu anderen Betrieben bleibt die Rehaklinik auf diesen Mehrkosten sitzen. Denn die Verträge mit Kranken- und Rentenversicherungen laufen über ein Jahr oder länger, dazwischen kann nicht nachverhandelt werden. Ohnehin habe nur eine Beteiligung an den gestiegenen Personalkosten Aussicht auf Erfolg, nicht aber an den Sachkosten. Die Kassen sehen hier den Staat in der Pflicht, der den Schwarzen Peter aber wieder zurückschiebt, sagt Anke Gundel. Geholfen ist der Reha-Branche damit nicht.

Um auf die Misere aufmerksam zu machen, haben sich nun alle Kliniken der Johannesbad Holding an die Politik gewandt. Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) hat Post von Dr. Johannes Zwick, dem Aufsichtsratsvorsitzenden der Johannesbad Gruppe, zu der auch das Raupennest gehört, bekommen, ebenso Vertreter aller großen demokratischen Parteien. Niemand will Ängste schüren, aber frühzeitig auf die missliche Lage aufmerksam machen, sagt Anke Gundel. "Die Reha-Branche ist ein wichtiger Versorger und auch ein großer Arbeitgeber."