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Menschen im Osterzgebirge geraten durch ÖPNV-Streik enorm unter Druck

Der Streik trifft alle besonders hart, die nicht Auto fahren können - Kinder, Alte und Kranke, beschwert sich ein Altenberger Stadtrat.

Von Siiri Klose
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Kein Bus, nirgends. Am Donnerstag und Freitag gibt es kaum eine Verbindung von Rehefeld nach Altenberg.
Kein Bus, nirgends. Am Donnerstag und Freitag gibt es kaum eine Verbindung von Rehefeld nach Altenberg. © Egbert Kamprath

Dietmar Hofmann hing den halben Tag am Telefon, um herauszubekommen, wie am Donnerstag, dem 29. Februar, und Freitag, dem 1. März, die Busse in seiner Gegend fahren. Der Altenberger Stadtrat (parteilos) wohnt in Neuhermsdorf und möchte wie immer vor dem Wochenende seinen Großeinkauf erledigen. "Aber beim RVSOE war kaum herauszukriegen, welche Busse an den beiden Tagen noch fahren."

Der RVSOE streikt von Donnerstag bis Sonnabend - mit dieser Nachricht empfängt der Verkehrsverband Oberelbe (VVO) jeden auf seiner Webseite, der nach einer Verbindung sucht. Leider geht es nach dieser Nachricht nicht weiter - Notfallfahrpläne? Verbindungsalternativen? Sind auch auf der RVSOE-Seite Fehlanzeige. Schließlich soll ein Streik ja unbequem sein und zu Not auch weh tun. Eigentlich dem Arbeitgeber.

Selbst Brot kaufen geht nur per Bus

Doch im Osterzgebirge schmerzt es vor allem diejenigen unter den Einwohnern, die nicht aufs Auto zurückgreifen können. "Ich kann aus gesundheitlichen Gründen nicht fahren", sagt Hofmann. Um auch nur ein Brot zu kaufen, ist er auf den Bus angewiesen. Mit viel Mühen gelang es ihm, zwei Zeiten zu erfahren: 12.54 Uhr würde die Buslinie 373 von Neuhermsdorf Richtung Altenberg fahren. 15.15 Uhr dann von Altenberg zurück. Zwei knappe Stunden also für Dietmar Hofmann, in denen er seine Besorgungen in Altenberg erledigen kann.

"Doch was ist mit Arztbesuchen? Die Leute müssen nach Altenberg, um ihre Bankgeschäfte zu erledigen, wenn sie Arzneimittel in der Apotheke abholen wollen oder zur Ergotherapie", sagt Hofmann, "hier haben wir nichts von alledem." Dazu käme die unwirtliche Wartesituation in Altenberg: "Es gibt am Altenberger Busbahnhof nichts, wo man sich im Warmen, Trockenen unterstellen kann." Dabei ist es oft kalt, nass und windig, "und betroffen sind ja die, die nicht Auto fahren können - also Alte, Kranke und Kinder."

Mitfahrangebote über Freitaler Facebook-Gruppe

Mit seiner Verzweiflung ist er nicht allein. "Na super. Da fragt keiner, wie man auf die Arbeit hin und zurück kommt", lautet ein Kommentar auf Facebook unter dem Streik-Beitrag von sächsische.de. Ein anderer fragt: "Wie erreichen Pflegekräfte, Krankenschwestern, systemrelevante Berufsgruppen ihren Arbeitsplatz, wer übernimmt Folgeschäden im Ernstfall?"

Unterdessen stellt eine Frau auf der Facebook-Gruppe "Freitaler Stadtfreunde" ein erstes Mitfahrangebot von Freital nach Dresden zur Uniklinik ein. Eine weitere Frau bietet am Donnerstagmorgen eine Mitfahrgelegenheit von Pesterwitz über Freital nach Tharandt an. "Mir haben meine Nachbarn auch schon oft geholfen", sagt Dietmar Hofmann. "Aber ich will sie ja nicht ständig um einen Gefallen bitten."