Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland
Dippoldiswalde
Merken

Neuer alter Pflegedienst in Altenberg

Antje Baor führt ihren Pflegedienst Salus Domi wieder selbstständig. Ihre Erfahrungen mit Personal, Patienten und Papierkram will sie auch weitergeben.

Von Siiri Klose
 5 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
"Schwester Nicole" ist das Maskottchen von Salus Domi. Antje Baor leitet den Altenberger Pflegedienst wieder selbstständig.
"Schwester Nicole" ist das Maskottchen von Salus Domi. Antje Baor leitet den Altenberger Pflegedienst wieder selbstständig. © Siiri Klose

Der Papierkram - das ist meistens die erste größte Bürde, die pflegende Angehörige zu meistern haben. "Wenn wir einen Patienten übernehmen", sagt Antje Baor, "dann schauen wir beim ersten Besuch, wie wir sie entlasten können." Den Dschungel aus Anträgen, Pflegeeinstufungen, Pflegebett-Bestellungen und Formularen für Kostenerstattungen lichtet sie als Erstes.

Antje Baor leitet den Pflegedienst Salus Domi. Ein bekannter Name in Altenberg, denn eigentlich gab es ihn schon mal von 2006 bis 2017. Dann war das Haus der Advita-Pflege fertig, und Baor ließ sich mit ihren Mitarbeiterinnen dort eintakten: "Mir gefiel das Konzept mit dem betreuten Wohnen und der Tagespflege", sagt sie. Doch eines hatte sie unterschätzt: "Nach elf Jahren Selbstständigkeit fiel es mir schwer zu akzeptieren, dass ich meine Ideen nicht mehr so einfach durchsetzen konnte."

Neues Büro im Europark

Im September letzten Jahres wagte sie den Schritt zurück zum eigenen Pflegedienst, mietete ein Büro im Europark und suchte nach Personal. "Meine alten Mitarbeiterinnen haben sich wieder bei mir beworben, da war ich gerührt", sagt sie. Zwölf sind sie inzwischen wieder. Das Pflegeterritorium erstreckt sich von Zinnwald bis Schmiedeberg und von Gottgetreu bis Rehefeld. "Mein Job ist vor allem die Tourenplanung", sagt Baor.

Oft ziehen Menschen nicht gern in ein Heim. Das ist oft das eigene Haus, dass sich viele hart erarbeitet haben und nie im Leben verlassen würden. Doch manchmal sei ein Heim tatsächlich die bessere Wahl, meint Baor: "Wenn Leute noch fit genug sind, um Kontakte zu knüpfen und sich aktiv einzuleben, kann es ihnen sehr guttun, wieder in Gesellschaft zu kommen." Auch die Last, sich um alles alleine kümmern zu müssen - Einkaufen, Schnee schieben, Mülltonnen rausbringen - fällt dann ab.

Häusliche Pflege erhält die vertraute Umgebung

Dann gibt es noch die Menschen, die sich zu Hause selbst gefährden würden: "Wenn jemand mit einer Demenz nachts nicht mehr schläft, desorientiert draußen herumgeistern und dafür nicht genügend anhat in den Frostnächten hier", sagt sie. Dann ist ein Heim einfach sicherer.

Gerade bei dementen Patienten ist eine häusliche Pflege oft der bessere Weg: "Für sie ist es ja besonders wichtig, dass sie ihre altvertraute Umgebung um sich haben. Alles Neue empfinden sie als puren Stress."

Erst mal den Alltag zum Laufen bringen

"Ruhe reinbringen. Einen Alltag zum Laufen bringen, der funktioniert." Das sind die ersten Schritte, wenn sie eine Pflege übernehmen. Salus Domi ist lateinisch und heißt übersetzt "Wohlbefinden zu Hause".

Das sollte schon beim Personal anfangen, findet Baor. Deshalb steckt in der Tourenplanung sehr viel mehr, als den Pflegerinnen sinnvolle Strecken zusammenzustellen: "Da gehen zum einen die Erfahrungswerte ein, wie lange beispielsweise das Duschen bei einem Patienten dauert."

Zum anderen muss Antje Baor Krankschreibungen oder neuen Betreuungsbedarf ausgleichen. Schließlich ermöglicht ihr Pflegedienst auch Verhinderungspflege - wenn beispielsweise pflegende Angehörige in den Urlaub fahren oder Menschen mit Pflegebedarf im Raum Altenberg Urlaub machen.

Entspanntere Dienste dank Digitalisierung

Doch weder die Patienten noch die Pflegerinnen sollen sich auf einen ständigen Wechsel in der Betreuung einstellen müssen. "Deshalb gibt es bei mir eine Sechs-Tage-Woche", sagt Baor. Hört sich deutlich unpopulärer an als eine Fünf-Tage-Woche, "aber weil ich nicht ständig Wochenenddienste ausgleichen muss, kann ich viel besser für Kontinuität sorgen."

Für entspanntere Dienste sorgt auch die Digitalisierung: "Alle Mitarbeiterinnen haben ein iPad, auf dem die gesamte Pflegedokumentation gespeichert ist, außerdem das Übergabebuch und die Touren." So können sich alle besser vorbereiten oder bei Antje Baor an anrufen, wenn etwas nicht funktioniert. Die Pflegedokumentation - eine ständige Aufgabe der Pflegerinnen - können sie damit zeit- und ortsunabhängig ausfüllen. "Wir haben auch ein Portal für Ärzte, in dem sie die Vitalwerte der Patienten einsehen können. Das alles lässt uns entspannter arbeiten."

Beratung für Pflegebedürftige und Pflegeunternehmer

Antje Baor hat Sozialpädagogik studiert und Altenpflegerin gelernt. Das digitale Know-how für ihren Pflegedienst hat sie sich selbst erarbeitet, jede Branchensoftware auf Tauglichkeit getestet. Die Erfahrungen, die sie mit der Organisation eines ruhigen Pflegealltags gesammelt hat, gibt sie auch in Coachings für andere Pflegeunternehmer weiter.

Auch Pflegebedürftige und Angehörige können sich bei ihr zu den Möglichkeiten von Hilfen beraten lassen. "Wir erklären auch, welche Anträge nötig sind und helfen, die Formulare zu verstehen."

Hilfsbereitschaft in den Dörfern ist groß

Ganz unbürokratisch ist meist Hilfe aus der Nachbarschaft zu bekommen: "Ich rate immer, die vorhandenen Netzwerke zu pflegen, auf die Nachbarn zugehen, die Lage zu erklären, um Hilfe bitten." Auf den Dörfern gäbe es eine große Hilfsbereitschaft, für alte Nachbarn mit Schnee zu schippen oder Einkäufe zu übernehmen.

Hilfreich wäre auch ein Supermarkt, der anbietet, Einkäufe nach Hause zu bringen. "Der würde bejubelt", sagt Baor. Doch ihr bester Tipp für einen entspannten Lebensabend: "Sich frühzeitig über die Pflege Gedanken machen."

Gemeinsam gegen Alterseinsamkeit

Ein häufiges Thema für Betroffene wie auch ihre pflegenden Angehörigen ist Demenz. Hierzu hat die DDV Mediengruppe den Experten Markus Donix befragt, Professor für Gerontopsychiatrie am Dresdner Universitätsklinikum Carl Gustav Carus.

"Gemeinsam gegen Alterseinsamkeit" ist das Thema eines geselligen Nachmittags bei Kaffee und Kuchen mit dem Moderator Bernhard Holfeld. Dazu läuft der Videovortrag zum Thema "Demenz und Alterseinsamkeit" von Professor Markus Dönix.

  • 10. März 2022, 15.30 Uhr (Einlass 15 Uhr), Ahorn Hotel Altenberg, OT Schellerhau, Hauptstraße 83
  • 7. April 2022, 15.30 Uhr (Einlass 15 Uhr), Berghotel Bastei, 01847 Lohmen
  • Tickets: 8,90 Euro in allen DDV Lokalen und unter Telefon 0351 48 64 20 02; DDV Lokal Dippoldiswalde: Mo–Mi 10–14, Do 11–16, Fr 10–14 Uhr; Freital Mo–Fr 10–17, Sa 9–14 Uhr, Pirna Mo–Fr 10–17, Sa 10–14 Uhr, ddv-lokal.de