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Günstig wohnen im Osterzgebirge

Die Wohnungsgenossenschaft Geising-Altenberg beschreitet eigene Wege. Der geringe Leerstand zeigt, dass die Entscheidung richtig ist.

Von Egbert Kamprath
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Der 87-jährige Manfred Zimmermann gehört zu den ersten Mietern an der Karl-Sieber-Straße in Geising. Seit 1961 lebt er hier in einer Genossenschaftswohnung und hat beim Bau der Häuser 750 freiwillige Aufbaustunden geleistet.
Der 87-jährige Manfred Zimmermann gehört zu den ersten Mietern an der Karl-Sieber-Straße in Geising. Seit 1961 lebt er hier in einer Genossenschaftswohnung und hat beim Bau der Häuser 750 freiwillige Aufbaustunden geleistet. © Egbert Kamprath

Explodierende Mieten in Dresden sowie dem näheren Umfeld und Knappheit bei bezahlbarem Wohnraum, das sind im oberen Osterzgebirge Probleme, mit denen sich die Leute bislang eher weniger beschäftigen müssen. Und gerade in Corona-Zeiten war manch einer froh, nicht in der Großstadt mit vielen spürbaren Einschränkungen zu leben. Gerade in Altenberg, das in den vergangenen Jahren immer wieder mit Abwanderung und damit auch Wohnungsleerstand zu kämpfen hatte, sehen Vermieter die Entwicklung der neueren Zeit jedoch mit einer gewissen Hoffnung.

Bewohner mähen selbst den Rasen

Im Vergleich zu den Ballungszentren ist der Markt im oberen Osterzgebirge lange nicht so angespannt. Dadurch bewegen sich auch die Mieten auf einem Niveau, das man sich andernorts schon lange nicht mehr vorstellen kann. Bei Neuvermietungen belaufen sich diese bei der Wohnungsgenossenschaft Glück Auf Geising-Altenberg beispielsweise zwischen vier und fünf Euro. Leere Wohnungen werden dabei vor der Neuvermietung grundlegend renoviert, erhalten, falls noch nicht vorhanden, auch neue Fußbodenbeläge.

Viele Bewohner fühlen sich hier für ihr Umfeld mit verantwortlich und greifen noch selbst zum Rasenmäher, um auf den Wäscheplätzen das Gras zu stutzen. Mittlerweile wird das von der Genossenschaft mit dem Mindestlohn vergolten, bringt aber immer noch einen schönen Nebeneffekt für die Gemeinschaft - zwei Drittel Ersparnis zu einer Firma. „Doch wir müssen künftig damit klar kommen, dass sich das Wohnverhalten verändert hat. Vor allem arbeitsbedingt ziehen die Mieter deutlich schneller wieder aus, als das früher mal war. Das macht sich im Umfeld bemerkbar und erzeugt natürlich immer wieder zusätzliche Kosten, die aus den laufenden Einnahmen bestritten werden müssen“, sagt Geschäftsführer Frank Rehn.

Neben der kommunalen Wohnungsbau- und Verwaltungsgesellschaft Altenberg ist die Wohnungsgenossenschaft Glück Auf Geising-Altenberg die zweite, etwas kleinere Vermieterin in der Bergstadt. Sie hat 170 Wohnungen an fünf Standorten in Altenberg, so an der Walter-Richter-Straße, der Goethestraße, der Dresdner Straße sowie an der Dippoldiswalder Straße und in Geising an der Karl-Sieber-Straße im Bestand.

Um dort wohnen zu können, ist es nach wie vor üblich, Mitglied der Genossenschaft zu sein. Die jeweiligen Anteile werden entsprechend der Wohnungsgröße berechnet. Fünf Anteile von je 153 Euro sind der Beitrag für eine Zweiraumwohnung, sechs Anteile werden für die Dreiraumwohnung fällig. Sogenannte Aufbaustunden, wo man selbst anpacken muss, wie das früher Bedingung war, müssen die Mitglieder heutzutage nicht mehr leisten. Bewohner von Genossenschaftswohnungen sind sicher vor Eigenbedarfskündigungen. Rehn ist dort langjähriger Geschäftsführer, dem als einzige hauptamtliche Mitarbeiterin Pia Rudolph im Sekretariat zur Seite steht.

Die Wohnungsgenossenschaft Geising-Altenberg vermietet Wohnungen an fünf Standorten. Dazu gehört auch dieser Block im Neubaugebiet an der Altenberger Walter-Richter-Straße.
Die Wohnungsgenossenschaft Geising-Altenberg vermietet Wohnungen an fünf Standorten. Dazu gehört auch dieser Block im Neubaugebiet an der Altenberger Walter-Richter-Straße. © Egbert Kamprath

Der Großteil der Wohnungen entstand zwischen den 60er- und 80er-Jahren und wurde nach der Wende Stück für Stück saniert. „Was wir uns erwirtschaften, das kann auch wieder ausgegeben werden“, schildert Rehn die Herangehensweise. „Deshalb haben wir bislang nicht in Neubauten investiert, sondern in die laufende Instandhaltung und Modernisierung. Das bedeutet natürlich, dass Prioritäten gesetzt und Abstriche gemacht werden.“ So verzichtete man zum Beispiel auf den Anbau von Balkonen und setzte ausschließlich auf die Wärmedämmung der Häuser, die inzwischen fast abgeschlossen ist. Auch alle Dächer sind neu gedeckt.

Gerade in den 1990er-Jahren wurde viel geschaffen. An Wohnungsabriss wegen Leerstand kam die Genossenschaft in Altenberg trotzdem nicht vorbei. „Deshalb sehen wir uns jetzt recht gut aufgestellt. Es gibt zwar noch Altkredite, aber mittlerweile haben wir 75 Prozent der Verbindlichkeiten abgezahlt und sind voraussichtlich in acht Jahren schuldenfrei“, schildert der Geschäftsführer die aktuelle Situation der Genossenschaft. Auch Leerstand sei gegenwärtig kein großes Thema. Sicher stehe mal immer wieder eine Wohnung frei, aber das nicht sehr lange.

Kleine Wohnungen für Azubis

Nicht mehr das große Problem sind für den 62-jährigen Geschäftsführer die oft leer stehenden Einraumwohnungen im Block an der Altenberger Walter-Richter-Straße. Doch wegen der geringen Größe sind sie für kleine Budgets bezahlbar und so werden sie zunehmend von Azubis, aber auch von Busfahrern oder Tschechen genutzt, die in Deutschland eine Arbeit haben und eine preiswerte Zweitübernachtungsmöglichkeit suchen.

Die anfallenden hohen Investitionskosten sind auch ein Grund, warum die großen 80-Liter-Warmwasserboiler weiterhin Bestandteil in den Wohnungen an der Walter-Richter-Straße sind. „Diese haben sich als relativ preiswerte Möglichkeit bewährt und wurden mittlerweile durch moderne, gut isolierte Geräte ersetzt. Für platzsparende Alternativen, wie elektrische Durchlauferhitzer, müssten im ganzen Haus die Zuleitungen komplett für eine höhere Leistungsaufnahme neu gelegt werden“, schildert Rehn die Beweggründe.

Er verweist auf dringendere Vorhaben, die für die Mieter nicht so sichtbar sind. So muss demnächst die marode Abwassertrasse mit ihren 60 Jahre alten Ton-Rohren in der Karl-Sieber-Straße erneuert werden. Und es werden weitere Aufgaben kommen wie Umweltschutz, CO2-Ausstoß und Energieverbrauch, die auch am Thema Wohnen nicht mehr länger vorbei gehen würden.

So müssen Mieter mit erhöhten Kosten durch die Umlage aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) rechnen. Rehn schätzt fünf bis sieben Euro mehr im Monat. Durch Anschluss an die zentrale Gasversorgung sei seit einigen Jahren des Heizen aber relativ günstig. In absehbarer Zukunft werde es wohl auch keine umsetzbare Alternative geben. Ein Problem wird allerdings sehr bald auf der Tagesordnung stehen: Wie und wo können Mieter Fahrzeuge mit Elektroantrieb aufladen? Doch mit diesem Thema muss sich nicht nur die Wohnungsgenossenschaft beschäftigen, denn mit neuen Ladesäulen am Haus allein ist es lange nicht getan. Auch die Zuleitung durch den Energieanbieter muss die benötigte Kapazität haben.