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Altenpflege soll ab 2019 mehr kosten

Im Kampf um gutes Personal müssen die Dresdner Pflegeheime die Beiträge der Bewohner erhöhen.

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Ähnlich wie in der Gastronomie oder im Bäckerhandwerk herrscht in der Altenpflege ein Mangel an ausgebildeten Fachkräften.
Ähnlich wie in der Gastronomie oder im Bäckerhandwerk herrscht in der Altenpflege ein Mangel an ausgebildeten Fachkräften. © Oliver Berg/dpa

Irgendwann ging es zu Hause einfach nicht mehr. Fünf Jahre pflegte Annelie Schulz ihre Mutter in den eigenen vier Wänden. Doch als diese an Demenz erkrankte, musste die Mutter in einem Pflegeheim betreut werden. Seit anderthalb Jahren nun lebt die Mutter Elisabeth Horwoka in der Einrichtung der Volkssolidarität am Altgorbitzer Ring. „Wir sind sehr zufrieden hier, und alle kümmern sich gut um meine Mutter“, sagt sie. Doch nun lag vor wenigen Wochen ein Brief im Briefkasten, der eine Erhöhung des monatlichen Beitrages ankündigte. Statt bisher 164 Euro soll Elisabeth Horwoka nun jeden Monat 485 Euro zahlen. Das ist der Eigenteil für die Bewohnerin, den Rest übernimmt die Pflegekasse. So stand es in der Mitteilung, die aber vor Abschluss der Verhandlungen zwischen Trägern und Pflegekassen rausgeschickt wurde. „Mir geht es überhaupt nicht darum, das Heim oder den Träger anzugreifen, oder darum, dass ich dem Personal keine höheren Löhne gönne. Es geht mir nur darum, dass die Kostensteigerung nicht allein zulasten der Bewohner gehen kann“, so Tochter Annelie Schulz, die selbst jahrelang die Volkssolidarität leitete. Ihre Mutter hätte die entsprechende Rente, um das zu zahlen. Aber wie sieht es bei den anderen Bewohnern aus, fragt sie.


Mit dem Heim ist sie sehr zufrieden, sagt Annelie Schulz. Sie versteht nur nicht, warum ihre Mutter nun mehr Beitrag im Monat zahlen muss.
Mit dem Heim ist sie sehr zufrieden, sagt Annelie Schulz. Sie versteht nur nicht, warum ihre Mutter nun mehr Beitrag im Monat zahlen muss. © René Meinig

Clemens Burschyk, Geschäftsführer der Dresdner Volkssoldarität, kann ein wenig Entwarnung geben. Die Mutter von Annelie Schulz müsse ab dem 1. Januar 329 Euro zahlen. Das sei das endgültige Ergebnis der Verhandlungen mit der Kasse. „Davon gehen 321 Euro nur an die Pflege, also der größte Teil“, so Burschyk. Auch alle anderen Bewohner müssen je nach Pflegegrad und Betreuung mehr zahlen. Die höheren Lohnkosten für die Altenpfleger seien der Hauptgrund, warum die Sätze angehoben werden. Nicht nur bei der Volkssolidarität, sondern auch von vielen weiteren Trägern.

Burschyk musste in den letzten Jahren die Gehälter erhöhen, um in Zeiten des allgemeinen Fachkräftemangels an Pflegekräften noch Leute zu finden. „Seit den letzten Pflegesatzverhandlungen 2015 hat die Volkssolidarität die Löhne ihrer Pflegefachkräfte um durchschnittlich sechs Prozent pro Jahr erhöht“, so der Geschäftsführer. Das seien in Summe der letzten vier Jahre 24 Prozent. Konkrete Stundenlöhne will er mit dem Hinweis auf den Wettbewerb nicht verraten. Auch bei den Altenpflegern herrscht Fachkräftemangel. Absolvierten 2017 rund 4 538 künftige sächsische Altenpfleger eine Ausbildung oder Umschulung, waren es im Schuljahr 2010 /2011 nur noch 5 160.

Auch das Deutsche Rote Kreuz (DRK) in Dresden wird die Preise für die Pflege im Januar erhöhen. Um wie viel konkret, kann Sprecherin Ulrike Peter noch nicht sagen. Man sei noch in Verhandlungen. „90 Prozent der erhöhten Beiträge gehen in die Lohnsteigerungen, resultierend aus dem neuen Rahmentarifvertrag mit Verdi, fünf Prozent in zusätzliche Stellen und fünf Prozent in Sachkostensteigerung“, so Peter. Ebenso eine Erhöhung wird es im Januar in den Heimen der Arbeiterwohlfahrt (AWO) geben. Um wie viel Prozent, kann das Unternehmen noch nicht sagen. Als Gründe nennt Sprecherin Ulrike Nowy die höheren Löhne für die Mitarbeiter, im kleineren Maßstab auch die Erhöhung der Kosten beispielsweise bei teureren Lebensmitteln. Die Mehreinnahmen aus den höhen Beiträgen würden auf die Löhne umgelegt.

Die Träger hätten keine andere Wahl, als ihre Leute angemessen zu bezahlen, betont Marliese Biederbeck, Geschäftsführerin des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe. „Bei dem Fachpersonenmangel in der Pflege und einem zunehmenden Wettbewerb um die besten Fachpersonen, wird es den Einrichtungen bereits heute und auch in Zukunft kaum möglich sein, beim Gehalt der Pflegefachpersonen zu sparen.“ Noch immer seien aber die Unterschiede zwischen Ost- und West-Gehältern sehr hoch. „Das mittlere Bruttoentgelt der Fachkräfte liegt in Ostdeutschland mit 2 211 Euro knapp 20 Prozent unter dem in Westdeutschland mit 2 737 Euro.“