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Am eigenen Motor friemeln

Erstmals präsentierten sich über 450 Aussteller auf der Messe Karriere-Start. Es gab viel zu sehen, zu hören und zu tun.

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© Sven Ellger

Von Lars Kühl

Von irgendwoher hämmert es, um die Ecke zischt es leise bei einem Experiment wie im Chemieunterricht, bei Meissener Porzellan gleitet feinste Keramik durch Hände und wird in Form gebracht. Dicht an dicht sind die Stände von 459 Ausstellern aufgebaut – so viele wie noch nie. Sie alle präsentierten sich von Freitag bis Sonntag bei der Berufsorientierungs- und Jobmesse Karriere-Start, der größten ihrer Art in Sachsen, auf 20 000 Quadratmetern in vier Hallen im Messegelände.

Die Gerüche wechseln mit jedem Laufmeter. Löt-Zinn folgt auf Brot, dazwischen Parfümduft und unangenehme Schweißwolken. Es sind aber auch wirklich viele Besucher gekommen, am abschließenden Sonntag. Sie drängeln sich durch die Gänge, Vati hat Töchterchen an der Hand, Omi und Opi begleiten ihre Enkel, Geschwister probieren sich an einer der zahlreichen Mitmach-Stationen aus, während Mutti mit dem Herrn im Anzug über Ausbildungschancen spricht. Kaum ein Gast, der nicht einen gut gefüllten Beutel mit Infomaterial, Kulis und allen möglichen kleinen Geschenken in der Hand hält.

Keine halbe Stunde noch, dann wird Benjamin Protze einen richtigen Motor sein eigen nennen. Der 13-Jährige sitzt am Tisch vom VEM Sachsenwerk und ist unter den wachsamen Augen und Anweisungen von Elektrotechnik-Ausbilder Mathias Teichmann in seine feinmechanische Friemelei vertieft. Das Dresdner Traditionsunternehmen stellt vor allem Mittel- und Hochspannungsmaschinen sowie Antriebe her. Dieses Jahr werden wieder acht Azubis in vier verschiedenen Berufsgruppen ihre Lehre beginnen.

Aber die sind gar nicht die vordergründige Zielgruppe, erklärt Ausbildungsleiter Thomas Riemer. Man schaue schon auf die Schüler, die 2017 anfangen. Da jetzt die geburtenschwachen Jahrgänge im entsprechenden Alter sind, seien Messeauftritte besonders wichtig. „Es gibt immer weniger Jugendliche, die Interesse an handwerklichen Berufen haben“, sagt Riemer.

Benjamin Protze hat es. Mit Akribie biegt der 13-Jährige Ösen aus feinem Draht. Ausbilder Teichmann achtet vor allem auf den Arbeitsschutz. Verbrennungen und Gefahr durch ätzende Dämpfe drohen sonst. Benjamin hat aber alles geschickt im Griff. Beim Sägen, Kleben und Löten. „Das macht Spaß, liegt mir aber auch“, erzählt er. „Ich will später schon in die technische Richtung gehen.“ Bevor er zu den Sachsenwerkern gekommen ist, hat sich der Schüler bei den Elbe Flugzeugwerken umgeschaut, sich bei Theegarten zeigen lassen, wie Verpackungsmaschinen für Bonbons funktionieren, und er war bei der Bundeswehr. Vorerst nur zum Informieren, „aber ich kann mir gut vorstellen, später Berufssoldat zu werden“.

Jetzt bastelt Benjamin aber erst einmal beim Sachsenwerk-Stand weiter an seinem Mini-Elektromotor. Alle Arbeitsschritte dafür werden ausgeführt, „damit die Besucher das Grundprinzip verstehen“, erklärt Riemer. Mit dem festen Stator und dem beweglichen Rotor. Batteriebetrieben wird mit Strom ein Magnetfeld erzeugt – und die Sache läuft im Wortsinn. Einfachster Anschauungsunterricht für die Messegäste.

Mit der Resonanz ist Riemer durchaus zufrieden. Am Freitag waren viele Schulklassen vor Ort. Am Nachmittag ließ der Andrang nach, was wohl an dem Bombenfund an der Yenidze gelegen hat. Deshalb mussten die Zufahrtstraßen zur Messe gesperrt werden. Dafür kamen am Wochenende umso mehr Familien. So zeigte sich Roland Zwerenz, Geschäftsführer des Veranstalters Ortec, dann auch mit dem Andrang zufrieden. Über 30 000 Menschen informierten sich zu Lehrstellen, Studium, Jobs und Existenzgründung.