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Am gefährlichsten ist Bunker drei

Bis zu zehn Tonnen TNT lagern in der Zeithainer Kampfmittel-Anlage. Jetzt gibt es einen Notfallplan für Störfälle.

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© [M] szo/Sebastian Schulz

Von Antje Steglich

Zeithain. Man sollte nie nie sagen, findet der Sprecher des sächsischen Kampfmittel-beseitigungsdienstes Jürgen Scherf. Deshalb wurde jetzt ein Notfallplan für die Kampfmittel-zerlegeinrichtung auf der Craushaarstraße in Zeithain erarbeitet – „auch wenn es dort bisher noch keinen Störfall gegeben hat und nach menschlichem Ermessen auch nichts passieren dürfte.“ Ein Restrisiko aber bleibt, wenn in zehn Weltkriegs-Bunkern jeweils drei bis zehn Tonnen TNT lagern.

Das Amt für Brand- und Katastrophenschutz des Landkreises hat dafür den sogenannten Worst Case, also den am schlimmsten anzunehmenden Fall, skizziert: eine Explosion in Bunker drei, einem Munitionslagerhaus für bis zu 10 000 Kilogramm Sprengstoff.

Etwa die Hälfte der Sprengwirkung würde zwar durch das Aufbrechen des Bunkers verloren gehen, vermuten die Experten. Trotzdem würde es vermutlich noch einen etwa 30 Meter hohen Feuerball geben. Mittels der Software Disaster Management (Disma) wurde zudem errechnet, wie weit die Gefahrenzone bei einem solchen Störfall reichen würde.

Für Personen werde es demnach in einem Radius von bis zu knapp 460 Metern um den Bunker drei gefährlich, so weit könnten durch die Explosion Wurfstücke geschleudert werden. Einwohner gibt es in diesem Bereich zwar nicht, heißt es vom Katastrophenschutzamt. Allerdings seien die Mitarbeiter – in der Zerlegeinrichtung sind zurzeit 21 Frauen und Männer beschäftigt – besonders gefährdet.

Schwere Schäden an Lunge und Trommelfell oder sogar tödliche Verletzungen seien so nah am Explosionsort wahrscheinlich. Auch die Schäden an Gebäuden und Anlagen rings um die Einrichtung könnten enorm sein. Auswirkungen seien sogar bis zu einem Radius von knapp 1 300 Metern zu erwarten. Die Wahrscheinlichkeit, dass in dieser Entfernung durch die große Druckwelle Fensterscheiben zerstört werden, betrage laut Disma noch zehn Prozent. In diesem Bereich liegen nicht nur diverse Firmen wie das Baustoffunternehmen Holcim, ein Teil des Bundeswehrstandortes, die Bahnstrecke oder das Alte Lager. Betroffen wäre dann auch das Gebiet rings ums Zeithainer Rathaus und damit etliche Wohnhäuser.

Evakuierungen oder Straßensperrungen sind bei einem solchen Szenario trotzdem nicht geplant, da die schlimmsten Schäden in einem Bereich erwartet werden, der nicht bewohnt wird.

Im Katastrophenschutzamt geht man zudem davon aus, dass der Radius für Schäden im Ernstfall wohl nicht ganz so groß wäre, sondern viel von den dicken Wänden der Bunker nach oben abgelenkt würde. „Aber wie genau die reagieren, weiß man nicht“, sagt Sachgebietsleiter Ronald Voigt. Grundsätzlich sind die Bunker, die im Zweiten Weltkrieg für die Munitionsfabrik gebaut wurden, aber sogar für bis zu 60 Tonnen Sprengstoff ausgelegt.

Der neue Notfallplan, der noch bis zum 24. Februar im Landratsamt zur Einsicht ausliegt, skizziert aber nicht nur diesen extremen Störfall. Vielmehr ist dort detailliert aufgeführt, welche Mechanismen bei welcher der vier Alarmstufen in Gang gesetzt werden. In Zusammenarbeit mit dem Polizeiverwaltungsamt und der Zeithainer Gemeindefeuerwehr wurde beispielsweise festgelegt, wie viele Feuerwehr- und Rettungsfahrzeuge ausrücken müssen, wann der Erkunder zum Einsatz kommt oder der Zeithainer Bürgermeister informiert werden muss.

Auch wurden alle relevanten Telefonnummern – von der Notfallseelsorge bis zum Radiosender – in dem Plan aufgelistet. Und sogar die Risiken und Sofortmaßnahmen, die bei einer Vergiftung mit Trinitrotoluol (TNT) oder Dieselkraftstoff auftreten können.

Den Plan wird es in Papierform allerdings nur im Landratsamt geben, sagt Ronald Voigt. Alle wichtigen Daten seien zudem im System der Rettungsleitstelle eingepflegt. „Da weiß jeder, was zu tun ist“, so der Sachgebietsleiter.

Ähnliche Notfallpläne gibt es im Landkreis Meißen übrigens sonst nur für Großbetriebe, wie beispielsweise die Wacker Chemie AG in Nünchritz oder Kronospan in Lampertswalde.