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Ameisen legen Ampeln lahm

In den Schaltschränken der 31 Bautzener Ampelanlagen verbirgt sich sensible Technik. Die ist nicht nur durch Vandalismus oder Blitzeinschläge gefährdet.

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Von Christoph Scharf

Rot, gelb und grün: Genau wie ihre großen Pendants an der Kreuzung wechseln auch die winzigen Leuchtdioden im Schaltschrank an der Paul-Neck-Straße ihre Farben. In dem grauen Kasten neben einer Hecke steckt die Steuerungstechnik der benachbarten Ampel. Dutzende Kabel in verschiedenen Farben, ein Stapel von grünen Platinenplatten, ein matt leuchtendes Display. Ein Sicherungskasten gehört zur Ausstattung und ein eigener Stromzähler.

Sogar Lektüre verbirgt sich hinter der quadratischen Tür, die mit mehreren Schlössern gesichert ist. Langsam blättert Frank Heiber in dem großen schwarzen Aktenordner, der alle technischen Daten zur Ampelanlage an der Kreuzung Allendestraße enthält. Dabei ist auch eine Tabelle, in der Techniker Störungen eintragen. Obwohl die Anlage erst einige Monate alt ist, sind bereits mehrere Zeilen gefüllt. „Jemand hat den Taster für die Fußgänger abgetreten“, sagt der Mitarbeiter des kreiseigenen Straßen- und Tiefbauamts. Erst folgte eine notdürftige Reparatur, weil das Ersatzteil nicht parat war, dann die komplette Instandsetzung.

Vandalismus ist nur eines der Probleme, mit dem die 31 Bautzener Lichtsignalanlagen, wie sie im Amtsdeutsch heißen, zu kämpfen haben. Am Husarenhof oder am Kornmarktcenter etwa wurden immer wieder die Leuchten für die Radfahrer abgetreten. Mancher scheint sich einen Sport daraus zu machen, die Technik zu zerstören.Andere kriegen die Register genannten Lampen-Kästen kaputt, ohne es zu merken. „Wenn ein Lastzug zu eng um die Kurve biegt, kann der Hänger die Technik abscheren“, sagt der Verkehrstechniker aus dem Oberland.

Viel häufiger ist die Ursache für den Laien allerdings gar nicht zu sehen, warum die Ampel mitten im Berufsverkehr plötzlich aus ist oder nur noch gelb blinkt. Denn regelmäßig kommen Blitzeinschläge oder ganz klassische Glühlampen-Defekte vor. „Wenn die Rot-Lampe ausfällt, schaltet die Anlage komplett ab“, sagt Frank Heiber. Bei kaputten Gelb- oder Grün-Birnen dagegen bleibt sie in Betrieb. Schließlich gibt es meist mehr als ein so genanntes Register pro Richtung.

Dabei werden sämtliche Glühlampen turnusmäßig alle paar Monate gewechselt, damit so etwas nicht auftritt – allerdings hilft das nicht immer. Moderne Anlagen wie die an der Paul-Neck-Straße sind deshalb mit LED-Technik ausgestattet. Die verbraucht nicht nur weniger Strom, sondern halten deutlich länger als die konventionellen Lampen. Bei manchen Störungs-Ursachen ist allerdings auch diese Technik hilflos. So kommt es beispielsweise vor, dass Schnecken durch Lüftungs-Öffnungen in die Schaltschränke und quer über die Platinenplatten kriechen. „Der Schleimfilm ist elektrisch leitfähig – und schon gibt es einen Kurzschluss“, sagt Frank Heiber. Allein dadurch kann die Ampel ausfallen.

Die Schnecke bekommt davon nichts mehr mit, denn sie liegt verkohlt am Boden. Ähnlich ging es auch schon einer Maus, für die 40 Volt ebenfalls zu viel waren. Selbst Ameisen legen Ampeln lahm, wenn ihre dicht begangenen Ameisenstraßen über elektrische Leitungen führen. Deshalb fallen auch modernste Lichtsignalanlagen immer wieder aus – und werden im Regelfall binnen Stunden von Wartungsfirmen repariert.